Risikominimierung und Fremdfinanzierung
BWV-Agrarkredittagung mit hochkarätigen Referenten
Einbruch der Rohstoffmärkte
Einführend wies der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e. V., Norbert Schindler, auf die aktuelle Lage der Finanzmärkte hin. Viele internationale Großbanken seien durch die aktuelle Situation in eine Schieflage geraten. Für die heimische Landwirtschaft sei der Einbruch der Rohstoffmärkte besonders problematisch, da vor allem die Getreidepreise innerhalb weniger Monate stark zurückgingen. Gleichzeitig seien die Preise vieler Betriebsmittel, wie Dünger, derart stark angestiegen, dass landwirtschaftliche Betriebe bei der anstehenden Frühjahrsdüngung in Liquiditätsprobleme geraten könnten. Hier müsse dringend gegengesteuert werden. Die Kreditkrise könne zusätzlich zu einer Verschärfung der Situation führen. In diesem Zusammenhang sei es unter anderem wichtig, dass die Landwirte und Winzer gute Geschäftsbeziehungen zu ihren Hausbanken pflegen und ratsam, besonders für anstehende Zukunftsinvestitionen die Sonderkreditprogamme der Landwirtschaftlichen Rentenbank zu nutzen.
Auch die Vorsitzende des BWV-Fachausschusses Unternehmerinnen, Ilse Wambsganß, wies in Ihrem Grußwort auf die aktuelle Situation hin. Die Resonanz auf die Agrarkredittagung zeige, dass Thema Finanzierung aktueller sei denn je. Gerade in Zeiten einer Kreditkrise sei es wichtig, verlässliche Partner an der Seite zu haben, um nötige Investitionen umsetzen zu können, so die Vorsitzende des BWV-Fachausschusses Unternehmerinnen.
Dr. Wulf Dietmar Storm von der Deutschen Kreditbank AG (DKB) ging in seinen Ausführungen zum Thema „Risikomanagement in Landwirtschaft und Weinbau“ auf die volkswirtschaftliche Betrachtung des Agrarsektors ein. Dieser sei nicht nur stark von politischen Rahmenbedingungen, sondern mehr und mehr auch durch starke Marktschwankungen bei Angebot und Nachfrage geprägt. Es sei daher wichtig, den Betrieb finanziell stabil aufzustellen, um Risikofaktoren im Krisenfall entsprechend minimieren zu können. Jeder Betriebsleiter müsse die finanzielle Situation seines Unternehmens daher ständig analysieren. Erkennen könne man finanzielle Risiken eines Betriebes unter anderem an einer fehlenden Rücklagenbildung, einem Anstieg des Fremdkapitals ohne entsprechende Investitionstätigkeit, einer Zunahme von Lieferanten- und Händlerfinanzierungen bei ausgeschöpfter Kreditlinie, einer fehlenden Inanspruchnahme von Skonto und der vollständig fremdfinanzierten Ersatzinvestition von Maschinen. In vielen typischen Gemischtbetrieben seien häufig zum Ende des Kalenderjahres Liquiditätslücken vorhanden. Um diese zu vermeiden, sei es vor allem wichtig, das Risikomanagement eines Betriebes zu optimieren. Hierfür müssten Vorräte, Bestände, Zahlungsziele und Zahlungsweise sowie das Mahnwesen des Betriebes genau analysiert werden. Ein effizientes Kostenmanagement sei überaus wichtig für die erfolgreiche Unternehmensführung eines landwirtschaftlichen Betriebes, erläuterte Dr. Storm.
Im Rahmend der Investitionsplanung sei es ebenfalls wichtig, die Rentabilität und den Finanzmitteleinsatz zu optimieren. Die Überprüfung von Fördermöglichkeiten sei dabei ebenso wichtig, wie eine solide Finanzierungsplanung. Als Ursachen von Fehlinvestitionen nannte Storm vor allem eine falsche Einschätzung des Produktionsverlaufs, Technikverliebtheit, einen falschen Zeitpunkt der Investitionsentscheidung sowie ein falsches Kostenmanagement während der Investitionsphase. Um langfristig ein Unternehmen erfolgreich führen zu können sei es erforderlich, in regelmäßigen Abständen Standortfaktoren zu überprüfen, eine standortangepasste Produktionstechnik einzusetzen, eine regelmäßige Rentabilitätskontrolle durchzuführen sowie die ständige Optimierung der Liquidität. Wichtig sei hierbei natürlich auch eine fristenkongruente Finanzierung des Vermögens. Auch die Umsetzung kooperativer Investitionen mehrerer Betriebe sei eine Möglichkeit, die Investitionskosten und das Risiko zu minimieren.
Maßvolles und geplantes Wachstum
Abschließend stellte Dr. Storm fest, ein gutes Risikomanagement zeichne sich aus durch maßvolle, geplante Wachstumsschritte, durch ein funktionierendes Liquiditätsmanagement, angepasste Planungsinstrumente, die unbedingte Einhaltung von Finanzierungsregeln sowie eine offene, vertrauensvolle Kommunikation mit den Banken.
Langfristig positive Entwicklung
Im Anschluss an das Referat von Dr. Storm erläuterte Christian Pohl von der Landwirtschaftlichen Rentenbank in Frankfurt die Finanzierungsmöglichkeiten für Landwirte und Winzer mit Hilfe der Landwirtschaftlichen Rentenbank. Die Hochpreisphase der Agrarmärkte sei auch durch die Auswirkungen der Kreditkrise abrupt gestoppt worden. Zudem hätten die weltweit zufriedenstellenden Ernteergebnisse des vergangenen Jahres mit zu einer Reduzierung der Getreidepreise beigetragen, so Pohl. Die Finanzkrise habe den Trend volatiler Märkte weiter verstärkt. Langfristig gingen Experten jedoch von einer positiven Entwicklung der Agrarmärkte aus. Die Kreditsituation der Landwirtschaft wertete Pohl deutlich positiver als in vielen Bereichen der gewerblichen Wirtschaft, da Landwirte und Winzer in der Regel über eine vergleichsweise hohe Eigenkapitalquote verfügen. Als besonders wichtig bezeichnete auch Pohl eine vertrauensvolle Zusammenarbeit des Betriebsleiters mit seiner Hausbank.
Die Förderstruktur der Landwirtschaftlichen Rentenbank sei mit überarbeiteten Förderschwerpunkten und Prorammen neu ausgerichtet worden. Bedingt durch das EU-Beihilferecht musste diese Reform der Kreditprogramme umgesetzt werden. Die Abwicklung der Kredite werde auch weiterhin durch die Hausbanken erfolgen, so Pohl in seinen Ausführungen. Wie bisher gebe es auch künftig die Konditionen „LR – Basis“ und „LR – Top“ und Junglandwirte bis zu einem Alter von 40 Jahren könnten auch weiterhin vergünstigte Junglandwirtekonditionen erhalten.
Programme zur Liquiditätssicherung
Unter dem Ãœberbegriff „Landwirtschaft“ werden die Programme Wachstum, Nachhaltigkeit, Produktionssicherung und Liquiditätssicherung zusammengefasst. Das Programm Wachstum könne für den Bau von Wirtschaftsgebäuden, für Landankauf oder auch für die Neuinvestition in Maschinen genutzt werden, so Pohl. Mit dem Programm „Nachhaltigkeit“ könne in die Bereiche Tiergesundheit, Qualitätssicherung oder Umweltschutz investiert werden. Das Programm „Produktionssicherung“ diene unter anderem der Finanzierung von Betriebsmitteln. Mit dem Programm „Liquiditätssicherung“ könnten unerwartete Liquiditätsengpässe, die durch Tierseuchen oder Naturkatastrophen entstehen, finanziert werden.
Programme, unter dem Oberbegriff „Agrar- und Ernährungswirtschaft“, könnten von kleinen und mittelständischen Unternehmen der Agrar- und Ernährungswirtschaft und der Forstwirtschaft genutzt werden, so der Referent der Landwirtschaftlichen Rentenbank. Mit dem Programm „Wachstum und Wettbewerb“ könnten wie auch im Programm Landwirtschaft Wirtschaftsgebäude, Grundstückserwerb oder Maschineninvestitionen finanziert werden. Das Programm „Umwelt- und Verbraucherschutz“ diene der Finanzierung von Investitionen, die dem Klima, dem Umweltschutz oder dem Verbraucherschutz zu Gute kommen. Mit dem Programm „Betriebsmittel“ könnten Betriebsmittel sowie Personal- und Beratungskosten finanziert werden. Auch eine Investition in Erneuerbare Energien könne mit Hilfe der Landwirtschaftlichen Rentenbank finanziert werden. Mit dem Programm „Energie vom Land“ bestehe die Möglichkeit, günstige Kredite für den Bau zum Beispiel einer Biogasanlage, eines Biomasseheizkraftwerkes, einer Fotovoltaikanlage oder auch von Wind- und Wasserkraftanlagen zu erhalten, erläuterte der Fachmann von der Landwirtschaftlichen Rentenbank.
Verlässliche Partner der Banken
Im Rahmen der anschließenden Diskussion wurde eingehend über die Auswirkungen der Finanzkrise und die Möglichkeiten der Finanzierung von Investitionen diskutiert. Die Referenten des Tages, Dr. Strom und Christian Pohl zeigten sich überzeugt, dass Landwirte und Winzer wie bisher auch künftig verlässliche Partner der Banken sein werden. Die aktuellen Konditionen sämtlicher Kreditprogramme der Landwirtschaftlichen Rentenbank können unter www.rentenbank.de heruntergeladen oder in der Hauptgeschäftsstelle des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e. V. in Mainz, Tel. 06131/6205-55 angefordert werden. Andrea Adams, BWV