Infostände, Kundgebungen und Mahnfeuer in ganz Hessen

Informieren statt demonstrieren in Korbach

Nicht nur in Berlin, auch in vielen hessischen Städten und Gemeinden zeigten am Freitag vergangener Woche erneut Landwirte in vielerlei Aktionen Flagge, machten auf die Situation ihrer Betriebe aufmerksam und luden zu Gesprächen ein.

Strategisch geschickt am Rande der B 83 bei Ahlheim hatten sich Bauern mit Schleppern und Transparenten postiert, um Autofahrer im Vorbeifahren auf ihre Situation aufmerksam zu machen.

Foto: Osthessen-News

Eine Protest-Stadtrundfahrt gab es in Gießen. Rund 250 Schlepper aus den Kreisen Gießen, Vogelsberg, Wetterau und Lahn-Dill bewegten sich in einem Zug von rund 900 Metern Länge vom Europaviertel aus zum Berliner Platz, passierten Stadttheater und Kongreßhalle und zogen weiter über den Anlagenring durch die Innenstadt und wieder zurück zum Ausgangsort. „Wir denken in Generationen – nicht in Kampagnen“ war das Motto der Protestaktion, mit der die Landwirte ihre Zukunfts- und Existenzängste zum Ausdruck brachten. Im Anschluss wurden Mahnfeuer in Watzenborn-Steinberg und Hungen entzündet.

In Korbach gingen die Bauern am Samstag auf die Straße. Sie wollten weniger demonstrieren, dafür über ihre Arbeit informieren. Im „Loch“ verteilten sie Tragetaschen mit kleinen Geschenken: eine Primel und eine Tüte Naturdünger.

Ein kleiner Streichelzoo war auch dabei: Zwei Kühe sorgten für die entsprechenden Hingucker und konnten sogar angefasst werden. Kinder nutzten die Gelegenheit, die Tiere hautnah zu erleben und diese genossen es offenbar. Die Bäuerinnen und Bauern hoben sich in ihren grünen Westen vom Rest der Menschen ab und informierten in Gesprächen über ihre Arbeit, ihre Anliegen und Probleme. Preisverfall, Düngeverordnung, Umweltauflagen waren die aktuellen Themen. Und es wurde auch durchaus kontrovers, aber friedlich diskutiert. Dazu gab es die Einladung des KBV, landwirtschaftliche Betriebe zu besichtigen: „Kommen Sie ruhig mal näher“, heißt es in dem entsprechenden Flyer. Interessierte könnten sich über modernes Agrarmanagement, „nachhaltigen Ackerbau und fürsorgliche Tierhaltung“ informieren. Auf Anfragen freut sich der Kreisbauernverband: info@kbv-waldeck.de, so das Faltblatt. Am Rande der Aktion gab es noch die Einladung zur Typisierung für einen an Leukämie erkrankten Landwirt. In Diemelsee trafen sich gut 60 Bauern und Interessierte aus der Umgebung zu einem „Mahnfeuer“ im Feld, Kommunalpolitiker waren eingeladen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Carsten Becker, von „Land schafft Verbindung“ machte deutlich, dass die Landwirte nicht mehr billige Rohstofflieferanten der Lebensmittelindustrie sein möchten. Dr. Beate Schultze, CDU, stellvertretende Parlamentsvorsitzende in Diemelsee: „Wir leben in einer von der Landwirtschaft geprägten Region, sie ist wichtig für alle, und viele andere Betriebe hängen daran.“ Auch Horst Wilke, FWG, sieht in der Landwirtschaft im Einklang mit dem Tourismus ein Rückgrat der Gemeinde.

Bei der Demo am Freitagnachmittag bei Ahlheim an der B 83 hatten sich Landwirte mit ihren rund 25 Traktoren versammelt, um an der viel befahrenen Bundesstraße die Verkehrsteilnehmer auf ihre Probleme aufmerksam zu machen. Viele Autofahrer zeigten im Vorbeifahren ihre Solidarität mit den Landwirten. „Wenn wir mit den vielen Demos, die in der Vergangenheit schon stattgefunden haben, nichts erreichen, müssen wir eine härtere Gangart gegenüber der Politik einschlagen“, so die einhellige Meinung der Demonstrationsteilnehmer.

In Balhorn zündeten Landwirte ein Mahnfeuer an und luden die Verbraucher zum Dialog.

In Friedberg-Ockstadt hatte es der Obst- und Gartenbauverein, in dem die weit über die Region hinaus bekannten Kirschenanbauer organisiert sind, übernommen, auf dem ehemaligen Flugplatz der Amerikaner ein Mahnfeuer zu entfachen und zum Dialog zu laden.

LW – LW 4/2020