Landjugend beim Knigge-Dinner der Landfrauen

Achtsam bleiben, Wertschätzung und Respekt leben

Der Landfrauen Kreisverband Kaiserslautern hat am Hotel Rosenhof in Ramstein für die Landjugend ein Dinner mit der lizenzierten Knigge-Trainerin Gerlind Hartwig organisiert. Der Zuspruch war groß, der Spaß riesig. Hat Höflichkeit noch Konjunktur? Ein Knigge-Dinner? Was ist das? Auch die Landjugendlichen aus den Kreisen Kaiserslautern und Kusel konnten nichts mit dem Begriff anfangen und ließen sich überraschen.

Wie wird der Tisch richtig gedeckt? Es gibt da so viele Möglichkeiten, doch nur eine ist die wirklich richtige nach dem Knigge.

Foto: Landfrauen

Spontan waren sie dabei, als es hieß, mit festlicher Kleidung zum Drei-Gänge-Menü in Ramstein zu erscheinen. Die jungen Männer meist im Jackett, Jeansträger sind auch dabei, die Damen schick im kurzen Kleid oder in eleganter Hose. Es ist sichtbar, die Landjugend kennt die Kleidungsetikette, verbiegt oder „verkleidet“ sich aber nicht. Jeder kommt, wie er oder sie es für sich als passend empfindet.

Nur nicht übertreiben mit der Etikette

Was kommt da wohl auf sie zu? Was ist Etikette, was ist Höflichkeit? Es ist definitiv nicht dasselbe! So viel wird schnell klar. Während Etikette ein Verhalten nach gelernten Normen darstellt, ist Höflichkeit lebendig, ist immer der Situation angemessen.

Dazu zählt beispielsweise auch das Hochdeutsch auszupacken und den breiten Dialekt doch ein wenig einzuschränken, wenn der Gegenüber grad so gar nicht aus der Region kommt. Das nehmen die Landjugendlichen mit. Gelächter inklusive.

Wirklich viel Neues gibt es nach Auskunft der jungen Leute aber gar nicht zu hören. „Das meiste ist bekannt“, urteilen etwa Maike und Sean O´Loughlin von der Landjugend Ortsgruppe Ramstein. Aber es sei ja nicht schlecht, wenn die Dinge ab und zu ins Bewusstsein gerufen werden. Wenn sie im Alltag auf der Suche nach den Feinheiten des Miteinanders sind, dann gehen sie im Internet auf die Suche nach Antworten, so Sean O´Loughlin.

Umgangsformen sind also keineswegs aus der Mode, auch wenn die überbordenden Pöbeleien im Straßenverkehr, an der Kasse im Supermarkt oder auf Facebook, Twitter und Co. den Eindruck erwecken. Jonas Winterhoff, Landjugend Ortsgruppe Konken, kann bei solchen Gedanken eh nur mit der Schulter zucken. Auf alle Fragen des Abends kennt er eine perfekte und praktikable Antwort, nimmt aber nicht wirklich alles so wichtig. Wen interessiert schon, wie genau die Messer beim Eindecken des Tisches ausgerichtet sein müssen? Es gibt entscheidendere Fragen! Da sind sich alle einig, auch darüber, dass sich so ein Seminar trotzdem mal lohnt. Findet jedenfalls Franziska Braun. „Macht Spaß“, sagt auch Florian Feick, obwohl er, wie er lachend gesteht, von dem Rest der Gruppe einfach zur Teilnahme „verpflichtet“ wurde.

Gute Umgangsformen geben Sicherheit

Wer betritt wie das Restaurant, wie die Servicekraft rufen, wie sich am Buffet verhalten, wie geht eigentlich Small Talk, wie wird richtig Wein bestellt, was ist mit der Reklamation, dem Trinkgeld? Die Landjugend ist definitiv um keine Antwort verlegen. Nicht immer sind ihre Ansichten im Sinne von Gerlind Hartwig, der lizenzierten Knigge-Trainerin und Referentin des vergnüglichen Abends. Aber hat sie nicht zu Anfang gleich gesagt, der Respekt den anderen gegenüber, steht im Vordergrund und dass man sich einfach mal was trauen soll? Hat sie.

„Gute Umgangsformen geben Sicherheit“, geht es der Referentin gar nicht so sehr darum, dass niedergeschriebene Etiketten eins zu eins umgesetzt werden. „Wichtig ist, dass keiner wie die Axt im Walde haust“, gibt sie den amüsierten Teilnehmern gleich zu Beginn mit auf den „Dinner-Weg“. Zwischen den Gängen geht es heiter und mit viel Spaß zur „Knigge“-Sache. Einfach hingenommen wird von der Landjugend allerdings nicht alles. Unter anderem steigen sie ein in eine Emanzipationsdiskussion, wollen ergründen und sich begründen lassen, wieso der Herr der Dame die Tür aufzuhalten hat.

„Das hier ist wirklich eine entspannte Atmosphäre“, fühlt sich die Referentin bei der Westpfälzer Landjugend trotz all der Diskussion wohl. Bedauerlich findet die Image Coacherin Gerlind Hartwig allerdings, dass in der Pfalz, im Gegenteil zu anderen Regionen Deutschlands, solche Benimmseminare, überhaupt nicht nachgefragt seien. Den Teilnehmern in Ramstein gibt sie folgendes mit auf den Weg: „Jeder nimmt verschiedene Rollen auf seiner Lebensbühne ein. Wir haben Erwartungen an uns und unsere Mitmenschen. Wir sollten mit offenen Augen und gesundem Menschenverstand durchs Leben gehen, achtsam bleiben und Wertschätzung und Respekt leben.“

Es waren die Landfrauen, die den „Knigge“-Abend in Ramstein, organisierten. Else Albrecht, die stellvertretende Kreisvorsitzende der Landfrauen Kaiserslautern, hatte die Idee, fand bei Ingrid Stach, der Vorsitzenden offene Ohren und schon stand das „Knigge-Dinner“ im Landfrauenprogramm.

„Werbung mussten wir keine machen, es war sofort ausgebucht. Im Gegenteil, wir hatten viel mehr Anfragen als Plätze“, zeigt sich Ingrid Stach von der Teilnahme der Landjugend aus Kaiserslautern und Kusel begeistert. Die Landfrauen hatten für das Seminar Zuschüsse im Rahmen des EU-Förderprogramms LEADER beantragt. Diese wurden über die zuständige Lokale Arbeitsgruppe (LAG) Westrich-Glantal bewilligt.

Doris Theato – LW 12/2018