Landwirte wehren sich gegen immer mehr Neubaugebiete
Tagung der Ortslandwirte im Wetteraukreis
Wertvoller Ackerboden geht durch immer mehr Häuser und Gewerbegebiete verloren. „Stoppt den Landfraß“ heißt eine Kampagne des Bauernverbandes. Ãœber Möglichkeiten, neue Bauwerke auf der grünen Wiese, auf Ackerland, zu begrenzen, sprach Barbara Bacher vom Amt für BodenÂmanagement in Büdingen.
Foto: Ines Dauernheim
Verbände und Behörden müssen zusammenarbeiten
Um diese Ziele zu erreichen sei eine Zusammenarbeit von Dorf- und Regionalentwicklern, dem Amt für Bodenmanagement, den Kommunen und den Kreisbauernverbänden nötig. „Wir können auf die Daten der Einwohnermeldeämter zurückgreifen, verfügen über Liegenschaftskarten, können zukünftige Leerstände darstellen“, zählte Bacher auf. Die Daten des Amtes für Bodenmanagement seien sehr genau und einfacher zu ermitteln als eine die Leerstände per Hand zu erfassen. „Unsere Trefferquote liegt bei 80 Prozent.“
Ãœber das Amt für Bodenmanagement könne ein Frühwarnsystem für Leerstände geschaffen werden. Seien Gemeinden und Eigentümer zu einer Flurneuordnung bereit, biete dies Chancen für den Zuschnitt von Grundstücken, auf denen neue Häuser im Ortskern entstehen könnten. „Viel Leerstand wirkt sich immer negativ auf die WohnÂqualität aus“, erklärte die Bodenmanagerin. Es lohne sich Flurbereinigungen in Siedlungsgebieten anzustoßen. Dazu sei aber der Wille der Eigentümer, der Kommunen nötig. Es sei sinnvoll für diese Prozesse, Förderungsmöglichkeiten zu schaffen. „Wenn Bund und Land Städtebau fördern, führt das auch immer zu Leerstand im ländlichen Raum“, erklärte Dr. Matthias Mehl, Kreislandwirt in Frankfurt. „Wir haben das Problem, dass wir um unser Ackerland kämpfen müssen, weil unser Oberbürgermeister vor hatte weitere Satellitenstädte bauen zu wollen.“ Für Landwirte müsse es immer darum gehen: Bauen im Ort sei dem auf Ackerland vorzuziehen. Vor den Ortslandwirten präsentierte sich Landrat Joachim Arnold als Partner der Landwirtschaft. Der Kreis unterstütze, stoße Initiativen an, beispielsweise die Kooperationen von Landwirten mit Schulen beim Projekt „Bauernhof als Klassenzimmer“, helfe Fördergelder für die Wetterau zu generieren. Er sprach sich für den Bau der Zuckerrüben-Biogasanlage zwischen FlorÂstadt und Dorn-Assenheim aus. „Durch Biogas helfen wir landwirtschaftliche Einkommen zu stabilisieren.“ Arnold sagte, dass der Kreis keineswegs plane, die im Kreisetat vorgesehenen 1 250 Euro für die Ausbildungsförderung von jungen Landwirten zu streichen und sagte „Das ist ein böses Gerücht.“

Foto: Ines Dauernheim
Zuckerrübenernte ist in diesem Jahr erschwert
Die Nässe haÂbe den ZuckerrüÂbenbauern zugesetzt und erschwere derzeit den Abtransport der süßen Früchte. Raps sei die zweitwichtigste Kultur in der Wetterau, auf fast 5 000 ha wachsen die Hülsenfrüchte. Biodiesel aus Raps müsse als Beimischung im Sprit erhalten bleiben, Rapskuchen sei ein ideales Eiweißfuttermittel, das Soja ersetzen könne. Nicht so ertragreich sei die Maisernte gewesen. Hermann Götz, Leiter des Fachdienstes Landwirtschaft des Wetteraukreises, erklärte, dass über den Kreis 15,5 Mio. Euro an Fördermitteln an die Wetterauer Landwirte weitergeleitet werden. Die Summe verringere sich kontinuierlich. Er appellierte an die Landwirte, alle Auflagen einzuhalten, damit die Gelder in voller Höhe ausgezahlt werden könnten.
Regelmäßige Fortbildungen für Landwirte
Einen Pflanzenschutz-Ausweis gibt es künftig für alle Landwirte. Das Dokument im Scheckkartenformat wird Mitte kommenden Jahres verteilt. Ab November 2015 sei der Ausweis verpflichtend nötig. Nur mit dieser Karte wird es zukünftig möglich sein Pflanzenschutzmittel zu kaufen und anzuwenden. Einmal in drei Jahren muss jeder Landwirt an einer vierstündigen Fortbildung teilnehmen. Der Ausweis, den das Land Hessen ausgibt, kostet 30 Euro, die Schulungen je 15 Euro.
„Der Ausweis ist lebenslang gültig, die Fortbildungen sind verpflichtend“, erklärte Michael Lenz vom Pflanzenschutzdienst Hessen beim Regierungspräsidium Gießen. Derzeit bereite man sich darauf vor, Schulungen zu organisieren, hessenweit müssten 40 000 Landwirte an den Fortbildungen teilnehmen. Jeder Mensch, der Pflanzenschutzmittel anwenden, der über ihren Gebrauch berät, die Mittel verkauft und der Auszubildende unterweist, müsse den Ausweis besitzen.
Ausgenommen seien leÂdiglich Hausbesitzer und Kleingärtner. „Pflanzenschutz ist vielfach negativ belegt, nur wer Informationen zum Umgang mit den Mitteln hat darf sie verwenden“, erklärte Lenz. Schulen lassen müssten sich auch Verkäufer vom Baumarkt bis zum Landhandel, ebenso Gärtner und Bauhofmitarbeiter der Kommunen. Lenz rät den Landwirten, online den Ausweis zu beantragen. Die Fortbildungen müssten vom Pflanzenschutzdienst und vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen anerkannt sein, beide Institutionen planen gemeinsame Schulungen. Pflanzenschutzmittel würden in den Medien kritisch betrachtet, so Lenz.
Daher sei es wichtig, nicht nur die Anwender über die Chancen der Mittel aufzuklären, sondern auch Lehrer. „Pflanzenschutzmittel müssen auch aus Sicht der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit betrachtet werden.“
Wilfried RupÂpel vom Fachdienst Landwirtschaft des Wetteraukreises lud zu einem letzten Sachkundelehrgang Pflanzenschutz nach dem bisherigen Modell ein, der im Januar startet. Er erinnerte daran, dass Landwirte eine Düngeplanung für ihre Betriebe anfertigen sollen. „Gärrest aus BioÂgasanlagen muss in diese Pläne eingehen“, erklärte er.
Sechs Absolventen der Ausbildung zum Landwirt
Eine gute Ausbildung sei für eine erfolgreiche, zukunftsorientierte Landwirtschaft nötig, so Kreislandwirt Marloff. Sechs junge Männer absolvierten im vergangenen Jahr die Ausbildung zum Landwirt im Wetteraukreis. Für sie lagen Geschenke und eine Einladung zum Essen mit dem Bauernverbandsvorstand bereit. „Wir möchten die jungen Menschen früh in unsere Strukturen der Verbandsarbeit einbinden“, sagte Marloff.
Dauernheim – LW 50/2013