Naturschutz mit Mutterkühen

Angus-Herde im Betrieb Bäumner grast in 600 m Höhe

Karlfried Bäumner hält seine Angus-Mutterkühe hoch über Dodenau, einem Dorf im Landkreis Waldeck-Frankenberg. Die Rinder grasen in 600 Metern Höhe auf den Weiden und leisten zugleich wichtige Arbeit zum Erhalt der Kulturlandschaft in dieser Mittelgebirgsregion.

Karlfried Bäumner hat zuvor Milchkühe gehalten, jetzt Mutterkühe. Um den Betrieb am absoluten Grünlandstandort in rund 600 m Höhe zu erhalten, ist dies die richtige Entscheidung, so Bäumner.

Foto: Patricia Kutsch

Im Betrieb Fallgrube der Familie Bäumner werden die Kühe nach den Vorgaben des ökologischen Landbaus gehalten, damit der Betrieb auch als Bio-Mutterkuhbetrieb anerkannt wird. Jedes Jahr aufs Neue wird sein Betrieb genau geprüft und neu zertifiziert. „Unser Mutterkuh-Betrieb ist von Beginn an in 1992 ein Bio-Betrieb“, erklärte Bäumner.

Öko-Rinder werden oft als konventionelle verkauft

Allerdings kann er seine Kühe nur selten auch als Bio-Rinder verkaufen, denn der Markt fehlt, die Nachfrage ist nicht groß. Nur ein Schlachtbetrieb aus Köln kaufe ihm seine Bio-Rinder ab, ebenso wie andere Zuchtbetriebe. Für den Verkauf zur Weitermast in anderen Betrieben braucht Bäumner seine Tiere gar nicht erst als Bio-Kühe anpreisen – er verkauft sie als herkömmliche Rinder.

„Hier müsste sich dringend etwas tun“, so Matthias Eckel, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Frankenberg. „Diese qualitativ hochwertigen Tiere werden mit höherem Aufwand gehalten und werden dann aber gekauft wie konventionelle Tiere.“ Nur etwa ein Prozent im Fleischverkauf sei Bio-Fleisch. Dabei sollte der Fokus der Menschen auch auf regionalen Produkten liegen.

Bäumner hält seine Kühe also nicht deshalb ökologisch, weil die Nachfrage so groß ist, sondern weil er auf die Förderung angewiesen ist. Wer seine Kühe ökologisch hält, der bekommt finanzielle Unterstützung aus Brüssel – ohne die sei eine Mutterkuhhaltung in Deutschland kaum noch möglich. Denn für eine Kuh bekommt Bäumner rund 800 Euro. Das ist aber der Lohn für ein ganzes Jahr Arbeit mit der Mutterkuh und dem Kälbchen. Weitere Einnahmen erzielt er nicht aus seiner Kuhhaltung.

Zugleich setzt der Landwirt sich mit seiner Beweidung für den Naturschutz- und die Landschaftspflege ein. Denn Bäumners Kühe grasen in einem Gebiet, dass Anfang der 90er-Jahre als Naturschutzgebiet ausgewiesen wurde. Damals hielt die Familie noch Milchkühe. „Milchkühe müssen richtig ausgefüttert werden, damit sie hohe Leistung bringen“, erklärte Eckel.

Der Anbau des benötigten Fut­ters war im Naturschutzgebiet aber nicht mehr möglich. Die Hänge bieten zudem einen zu schlechten Boden, könnten also nur beweidet und ackerbaulich genutzt werden. Daher baute die Familie sich mit den Mutterkühen ein weiteres Standbein auf, denn diesen Kühen reichen Silage und Heu. Das Milchvieh schaffte Bäumner 2006 schließlich ganz ab. Der Tag des 64-Jährigen ist dennoch voller Arbeit: Jeden Morgen um fünf Uhr steht er auf, übernimmt die Stallarbeit, bevor er dann in den Wald geht. Bäumner arbeitet zusätzlich als Holzrücker und hat zudem neun Hektar eigenen Wald.

„Im Sommer habe ich weniger Arbeit, als im Winter“, verrät er. Draußen füttern die Kühe sich nämlich von alleine. Und auch die Kälber bekommen sie ganz alleine: „Die Kühe verstecken die Kälber eher. Manchmal entdecken wir diese erst, wenn sie schon eine Woche auf der Welt sind.“ Früher habe er sie noch auf den Weiden gesucht, „aber die kommen schon von alleine“.

Landwirt Bäumner hat den Betrieb von seinen Eltern übernommen. Obwohl er weit draußen liegt, hat Bäumner die Ruhe und Abgeschiedenheit nie gestört, schließlich habe er viel zu tun und heute gebe es immerhin eine befestigte Straße, die nach Dodenau führt. „Früher gab es hier nur Waldwege. Zur Schule musste ich zu Fuß gehen.“ Knapp zwei Kilometer bergab, am Nachmittag wieder bergauf.

Die Familie von Bäumner fühlt sich seit 1848 sehr wohl auf dem Außengehöft. Gegründet wurde es damals von einer ledigen Magd, ihrem Sohn – einem gelernten Schuster – und dessen Ehefrau. „Meine Oma hat immer gesagt, dass sie damals mit einer Kuh angefangen haben.“

Bäumner betrieb den Betrieb nicht im Vollerwerb: Vor mehr als 40 Jahren machte er eine Umschulung zum Werkzeugmacher. „Ich war in einer zugemauerten Halle, ging morgens rein und ar­beitete bei Neonlicht. Da habe ich festgestellt: Den ganzen Tag drin ist nichts für mich.“ Diese Liebe zum Land, zum Tier und zur hat Bäumner offenbar auch weiter vererbt. Einer seiner Söhne hat mit seiner Frau ein Haus auf dem Gehöft gebaut, arbeitet als Forstwirt, hilft auf dem Betrieb mit und will ihn erhalten und später ebenfalls im Nebenerwerb weiterführen.

Kutsch – LW 25/2015