Parteiübergreifende Gedankenlosigkeit

Jetzt ist es wieder passiert. Bei einer Großveranstaltung ihres Ministeriums in Berlin mit 3 500 Gästen ließ Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner französische Rotweine ausschenken. Eine Steilvorlage für den politischen Gegner. Süffisant hat der rheinland-pfälzische Weinbauminister Hendrik Hering verkündet, er werde der Ministerin rheinland-pfälzischen Rotweinen schicken, um sie von der Qualität der hei­mi­schen Produkte zu überzeugen. Scheinbar habe sich die Ministerin bei ihrem letzten Grüne-Woche-Besuch nicht sehr umfassend über die Produkte aus deutschen Landen informiert.
Aber die Genossen sitzen selbst im Glashaus. Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder machte keinen Hehl aus seiner Zuneigung zu italienischen Rotweinen und ließ sich gerne damit ablichten.
Leider haben diese Un­ge­schick­lichkeiten in Deutschland Tradition und machen auch vor der Industrie nicht Halt. So präsentieren namhafte deutsche Autohersteller immer wieder ihre Neuwagen in ausländischen Weinlandschaften und machen Werbung für diese Weine. Selbst nach dem Hinweis der Branche, dass dies wenig taktvoll sei, entsteht kein Schuldbewusstsein. So argumentierte die Edelabteilung AMG von Mercedes auf das Warum mit dem entwaffnenden Statement, dass die ausländische Weinwerbung schließlich diesen Auftritt gesponsert habe. Dabei wäre es doch viel einfacher, hochwertige deutsche Technologie mit Spitzenweinen aus deutschem Anbau zu promoten und damit Synergieeffekte zu schaffen.
Leider verstehen sich diese Großkonzerne als internationale Unternehmen und haben vergessen, wo ihre Wurzeln liegen. Schade eigentlich! Wird damit doch die Möglichkeit der Imagewerbung im Keime kaputt gemacht. In Italien, Spanien oder Frankreich würde so etwas sicherlich nicht vorkommen.
Henning Seibert