Rating bestimmt Kreditkosten
Fachtagung für Agrarsachverständige und Steuerfachleute
In Alsfeld tagten kürzlich Agrarsachverständige und Steuerfachleute aus Hessen. Das Themenspektrum reichte von der Kreditkostenbemessung im Landwirtschaftsbetrieb über die Grundstückswertermittlung sowie An- und Durchschneidungsentschädigungen bis zu aktuellen Steuerfachfragen.
Foto: G. Lißmann
Hans-Werner Nicklaus, Spezialist für Ratingfragen bei der Kasseler Bank, erläuterte das Ratingverfahren und die Abhängigkeit der Kreditkosten vom Ratingergebnis des landwirtschaftlichen Unternehmens. Kreditgeschäfte mit landwirtschaftlichen Betrieben werden zukünftig kaum noch ohne die umfassende Beurteilung der Kreditrisiken abgeschlossen. Mit Hilfe eines speziellen Ratingverfahrens wird die Ratingklasse ermittelt, die Grundlage für die zukünftige Kreditzinshöhe ist. Das Rating findet nicht nur bei der Kreditvergabe statt, sondern wird bei laufenden Krediten auch im jährlichen Turnus zur zeitnahen Risikoeinstufung durchgeführt. Das „VR-Rating Agrar“ der VR Banken stützt sich bei seiner Bonitätsbeurteilung im Wesentlichen auf zwei Datenbereiche: Zum einen sind dies die quantitatiÂven, harten Fakten aus der Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung. Optional können VerÂmögen und Verbindlichkeiten aus dem Privatbereich noch hinzukommen. Zum anderen sind es die qualitativen, weichen Fakten wie Daten zu Betrieb und Produktion, Management und Planung, Kontoführung und Zahlungsverkehr sowie Produktionsprogramm und Ertragskennzahlen. Quantitative und qualitative Fakten werden in einem Verhältnis von 70 zu 30 geÂwichtet und mittels eines Computerprogramms verrechnet. Als Bonitätsklassifizierung wird die Ratingklasse ermittelt.
Das RatingÂverfahren führt bei der weit überwiegenden Zahl der Kredit nehmenden Landwirte zu einer siÂcheren Bonitätsklassifizierung. In speziellen Einzelfällen kann es vorkommen, dass das maschinelle Rating bonitätsrelevante Informationen, wie zusätzliche Haftungssubstanz im Privatvermögen oder zukünftige Risiken, nicht berücksichtigt. In diesen Fällen kann das maschinelle ErgebÂnis, in einer festgelegten Bandbreite auch noch positiv oder negativ verändert werden. Insgesamt ergeben sich bei der Berechnung 15 Ratingklassen und damit 15 Kreditzinsstaffeln. Ein Kredit mit zehnjähriger Laufzeit und einer 50-prozentigen Besicherung, kann beispielsweise einen Kreditzins in der besten Ratingklasse von 3,8 Prozent, in einer mittleren Ratingklasse von 4,5 Prozent und in der schlechtesten Ratingklasse 13,3 Prozent haben. Kunden in der schlechtesten Ratingklasse sind die Ausnahme, das Gros liegt im mittleren Bereich. Bezüglich der Sicherheiten sagte Nicklaus: „Werthaltige SicherheiÂten können nicht verhinÂdern, dass ein Kredit notleidend wird, sie haben aber eine Verlustbegrenzungsfunktion für die Bank.“
Neue Grundstückswertermittlung
Foto: HLBS
So soll bei beÂbauÂten und unbebauten Grundstücken, neben der aktuellen SituÂaÂtion auch die künftige EntÂÂwicklung, bei der Bewertung Berücksichtigung finden. Gedacht wird dabei an absehbare anderweitige Nutzungen, wenn sie mit hinreichender Sicherheit aufgrund konkreter Tatschen zu erÂwaten sind. Für den landwirtschaftlichen Bereich betrifft dies besonders die zukünftigen Nutzungsmöglichkeiten von leerstehenden Wirtschaftsgebäuden. Bei den Flächenkategorien „Flächen für die Landwirtschaft“ bis zum „baureifen Land“ im § 5 ImmoWertV ist die frühere Kategorie „begünstigtes Agrarland“ weggefallen. In den §§ 9 bis 14 ImÂmoWertV wird den Gutachterausschüssen aufgetragen, BoÂdenÂÂrichtwerte mit differenzierteren Merkmalen zu Bodenrichtwertzonen, Liegenschaftszinssätzen, Marktanpassungsfaktoren und weiteres zu erfassen und bereitzustellen. Dr. Gütter lobte die neue Verordnung als hilfreiche Weiterentwicklung für die praktische Arbeit der Gutachter.
Über Umweltentschädigungen
Foto: G. Lißmann
Kalkulationsmethodik erläutert
Peter Jäger, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger aus Eppertshausen, behandelte methodische Grundsätze der An- und Durchschneidung sowie Programme, die bei der Kalkulation zum Einsatz kommen. Alle Schadenspositionen haben ihren Ursprung in der VerÂkleinerung und der Formverschlechterung der Schläge. Ein Anstieg der Arbeits- und Maschinenkosten entstehe durch mehr Wendemanöver und damit längeÂre Wendezeiten. Minderung der FahrgeschwindigkeiÂten, Erhöhung der Rüstzeiten und Aufwand für Doppelbearbeitung bedinge längere ArbeitszeitÂen. BeÂtriebsmittelmehraufwendunÂgen, Mindererträge und größerer Unkrautdruck entstehen durch größere Vorgewende-, Rand- und DopÂpelbearbeitungsanteile. Von den verfügbaren ProgrammlösunÂgen zur Kalkulation der An- und Durchschneidungsschäden hat er Erfahrung mit zahlreiÂchen in den vergangenen Jahrzehnten entwickelten ProÂgrammen. Sein Urteil: Bei allen Programmen gibt es Verbesserungsbedarf. Die Methode LandR 78 ist in ihren AnÂsätÂzen für Maschinenausstattung, Produktionstechnik sowie Kosten und Erträge nicht mehr zeitgemäß. Nötige individuÂelle AnÂpasÂsungen für den Einzelfall sind kaum realisierbar. Das vom HLBS vertriebene Programm Deform-Tax wird den von der Praxis gewünschten AnforÂdeÂrunÂgen am ehesten gerecht. Es könnÂte aber auch noch, im Hinblick auf die Berücksichtigung von Wege- und Rüstzeiten am Hof, entsprechend erweitert werden, so Jäger.
Zum Jahressteuergesetz 2010
Diplomfinanzwirtin Andrea Köcher und Rechtanwalt Hans Josef Hartmann vom HLBS in St. Augustin sprachen im FolgenÂden unter anderem über das vom BundesfinanzÂministerium in AufÂtrag gegebene Gutachten zu den ermäßigten Umsatzsteuersätzen und der UmÂsatzsteuÂerÂpauschalierung in der LandwirtÂschaft gesprochen.
KernÂaussagen aus dem Gutachten lauten: 1. Nur die Ermäßigung des Umsatzsteuersatzes für Lebensmittel ist gerechtfertigt. 2. Die Steuerermäßigung für land- und forstwirtschaftliche Leistungen sowie die Leistungen des Gartenbaus sollten weitgehend abgeschafft werden. Dies ließe sich nur durch den Zusammenhang mit der Pauschalierung erklären, die ihrerseits selbst nicht mehr zeitgemäß sei. Als KonÂsequenz daraus wird gefordert, dass die Umsatzsteuerpauschalierung abgeschafft werden soll, soweit die Gutachter. Nach Schätzungen wenden etwa 90 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe die Pauschalierung an. Für diese wären dann regelmäßig Umsatzsteuervoranmeldungen und -erklärungen zu erstellen, die die FiÂnanzÂverwaltung mit hohem Arbeitsaufwand bearbeiten müsste. Ob die möglicherweise zu erzielenden Einnahmen die Verwaltungsausgaben des Staates übersteigen, darf bezweifelt werden, so die Experten abschließend. Dr. Günther Lißmann