Schlachtrinder-Transporte in Nicht-EU-Länder unnötig
Informationsveranstaltung zu Rindertransporten
Tiertransporte in Nicht-EU-Länder stehen in der öffentlichen Diskussion in der Kritik. Dies war Anlass für den Kreisbauernverband Kassel und den Regionalbauernverband Kurhessen, gemeinsam mit dem Fachbereich Veterinärwesen und Verbraucherschutz des Landkreises Kassel, auf einer eigenen Veranstaltung über die derzeitigen Bedingungen zu informieren und zu diskutieren.

Foto: KBV
In letzter Zeit gab es von verschiedenen Seiten zunehmend Kritik an der Durchführung dieser Tiertransporte. Im Mittelpunkt der Diskussion stehen Fragen nach der Angemessenheit langer Transportstrecken, der Versorgungssicherheit sowie dem Schutz der Tiere vor Hitze und Kälte während des Transportes.
Zum Thema „Erfahrungs- und Augenzeugenberichte zu Rindertransporten in Nicht-EU-Länder vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtslage“ sprachen Iris Baumgärtner und Dr. Thomas Buckenmaier als Referenten. Hintergrund für den Erlass des Landes ist Artikel 3 der EU VO 1/2005: „Niemand darf eine Tierbeförderung durchführen oder veranlassen, wenn den Tieren dabei Verletzungen oder unnötige Leiden zugefügt werden könnten.“
Mangel an Versorgungsstellen
Iris Baumgärtner begleitete und dokumentierte zahlreiche Transporte in Nicht-EU-Länder. Ihre Erlebnisse und Ergebnisse schilderte sie in einem sachlichen Augenzeugenbericht. Dr. Thomas Buckenmaier, Amtsleiter des Kreisveterinär- und Lebensmittelüberwachungsamtes Reutlingen, erklärte die rechtlichen Anforderungen an Drittland-Exporte und erläutert die Problematik bei der Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen. Ein großes Problem derzeit sei der Mangel an Versorgungsstellen, an denen die Tiere abgeladen werden können. Viele bestehende Versorgungsstellen wiesen große Mängel auf. Auch das bereitstehende Futter sei oftmals sehr teuer und werde deshalb kaum genutzt.
Viel zu lange Wartezeiten an den Grenzen
Der Grenzübergang von Bulgarien zur Türkei, Kapikule, sei ein Beispiel für die Problematik von Tiertransporten in EU-Drittländer. Lange Wartezeiten seien an der Tagesordnung, mindestens sechs Stunden seien keine Seltenheit, häufig rund zwölf Stunden. Dort stünden die LKW in der prallen Sonne. Möglichkeiten, die Tiere abzuladen, gebe es keine. Eine einzige Wasserstelle, ein Gartenschlauch, solle die Wasserversorgung für alle eintreffenden Transporte sein. Mit dem Grenzübertritt in die Türkei sei die Wartezeit keineswegs vorbei, auch käme es zu langer Wartezeit, teilweise tagelang, bis alle Papiere ausgehändigt wurden, so Buckenmaier.
Grausames Bild auf Schiffstransporten
Baumgärtner ergänzte, dass zahlreiche Verstöße gegen die EU-Verordnung 1/2005 festgestellt wurden. Die LKW seien oft deutlich überladen. Im Inneren wurden Temperaturen von bis zu 45 Grad Celsius gemessen, erlaubt seien 30 Grad. Auch würden verletzte oder hochtragende Tiere transportiert.
Ein ähnliches Bild zeige sich auf Schiffen. Alte Autofähren würden zu Tiertransportern umgebaut. Rampen und Zugänge seien viel zu steil, die Laufwege nicht sicher vor Verletzungen und die Ställe sehr niedrig. Nach einigen Tagen litten die Tiere sehr unter der schlechten Luft. Tote Tiere würden ins Meer geworfen, da Häfen keine Möglichkeiten hätten, um Tierkörper zu beseitigen.
Forderung nach zertifizierten Routen
Buckenmaier stellt zurzeit im Landkreis Reutlingen keine Vorlaufatteste aus, da seiner Meinung nach die rechtliche Grundlage fehle. Aufgrund fehlender Versorgungsstellen sei es unmöglich, die Tiere rechtskonform in die Türkei, Russland, Aserbaidschan, Usbekistan und viele mehr zu transportieren. Zu oft seien Verstöße gegen die Verordnung 1/2005 festgestellt worden. Er stimmte Baumgärtner zu, die zertifizierte Routen fordert, an denen es ausreichende Versorgungsstellen und regelmäßige Kontrollen gebe. Dann hätten auch Landwirte die Gewissheit, dass ihre Tiere wohlbehalten ihren Zielort erreichten.
Kritisch sahen beide Referenten auch den Umgang mit den Tieren in den Bestimmungsländern.
Umgang mit Tieren grauenhaft
In der Türkei ist es auf Schlachthöfen üblich, die Tiere zu schächten. Lediglich ein Schlachthof ist mit Bolzenschussgeräten ausgerüstet. Sie wurden von der Animal Welfare Foundation ausgegeben. Es gibt beim Schächten verschiedene Praktiken, um die Tiere zu fixieren. An einem Hinterbein aufgehängt, Extremitäten zusammengebunden oder Ausstechen der Augen seien nur einige davon. Das alles geschehe bei vollem Bewusstsein.
Die Teilnehmer der Informationsveranstaltung waren sich einig, dass Schlachttransporte unnötig und unsinnig seien. Viel sinnvoller sei es, die Tiere so kurz wie möglich zu transportieren und in Deutschland zu schlachten. Außerdem wurde beschlossen, sich für mehr Versorgungsstellen und zertifizierte Routen einzusetzen. Das diene nicht nur dem Tierwohl und verringere Leiden, sondern stelle Transporte in Drittländer auf eine sichere rechtliche Grundlage, waren sich die teilnehmenden Landwirte einig.
kbv – LW 47/2019