Stolz auf die Flexibilisierung der Arbeitszeit
Arbeitgeberverband verstärkt Mitgliederwerbung
Der Abschluss des Manteltarifvertrags mit der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt im August 2019 war für den Arbeitgeberverband (AGV) für die Land- und Forstwirtschaft in Hessen eines der wichtigsten Ergebnisse der Verbandsarbeit des vergangenen Jahres. Die Vereinbarung ermöglicht es unter anderem, die starren gesetzlichen Arbeitszeitregelungen für die Landarbeiter flexibler zu gestalten. „Wir sind stolz, dass wir die Mehrarbeitszeitregelung reinbekommen haben“, sagte der AGV-Vorsitzende Dr. Volker Wolfram vergangene Woche auf der Mitgliederversammlung in Hanau.

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Anstehende Tarifverhandlungen
In den nächsten Monaten stehen laut Wolfram die Verhandlungen über einen neuen Lohntarif für Landarbeiter an, der am 30. Juni 2020 ausläuft. Die Verhandlungen würden schwierig werden, der Ton unter den Tarifpartnern werde bereits rauer, so Wolfram. Bei den Tarifen für die Auszubildenden sei man dagegen auf der sicheren Seite, sie gelten bis Mitte 2021. Wolfram räumte ein, dass der Verband bei der Vergütung der Auszubildenden durchaus progressiv herangegangen sei, so wurden die Tarife um 5 Prozent erhöht. „Wir wollten aber aus der Schmuddelecke der Tarife, jetzt belegen wir bei den Tarifen in den Ausbildungsberufen einen Mittelplatz“, erklärte der Vorsitzende.
Der Arbeitgeberverband hat unterdessen seine Öffentlichkeitsarbeit beziehungsweise Mitgliederwerbung verstärkt und noch mehr Informations- und Vortragsveranstaltungen angeboten, so unter anderem auf der Landwirtschaftlichen Wochen Nordhessen. Neuerdings ist der Verband auch Mitglied im Verband Hessischer Unternehmen, um sich dort einzubringen. „Alleine werden wir nicht mehr wahrgenommen“, so Wolfram.
Als Vertreter der Arbeitgeber hat Wolfram auch einen Sitz in den Gremien der Selbstverwaltung der Sozialversicherung für Landwirtschaft Forst und Gartenbau (SVLFG). Hier gelte es, die bisherige Drittel-Parität von Arbeitgebern, Selbstständigen ohne Fremdarbeitskräfte und Vertretern der Gewerkschaften gegenüber gewerkschaftlichen Forderungen nach einer 50:50 Parität zu verteidigen. Die aktuelle Wahlperiode bei der SVLFG-Selbstverwaltung dauert laut Wolfram bis 2023. Der Vorsitzende geht davon aus, dass die landwirtschaftliche Sozialversicherung bis 2029, dem Ende der anschließenden Wahlperiode, als eigenständiges Versicherungssystem Bestand habe. Wie es danach weitergehe, ist nach seiner Einschätzung angesichts des weitergehenden Strukturwandels nicht sicher.
Individuelle Beratung zum Arbeitsrecht
Der Verband steht seinen Mitgliedern für individuelle Beratung unter anderem bei Fragen des Arbeitsrechts, der Arbeitsvertragsgestaltung und auch der Beendigung der Beschäftigungsverhältnisse zur Verfügung, wie AGV-Geschäftsführer und Rechtsanwalt Björn Schöbel erläuterte. Darüber hinaus biete der Verband Seminare im Arbeitsrecht und für die Beschäftigung von Saisonarbeitskräften an. Erstmalig wurde im vergangenen Dezember ein Arbeitgebertag in Alsfeld veranstaltet.
Bei den angestrebten zwischenstaatlichen Abkommen zur Beschäftigung von Arbeitskräften berichtete Schöbel von derzeit stockenden Verhandlungen der Bundesregierung unter anderem mit den Regierungen der Ukraine, Serbien, Montenegro und Georgien. Demgegenüber funktioniere die sogenannte Westbalkan-Regelung, allerdings gebe es hier lange Vorlaufzeiten bei der Visaerteilung.
Schöbel warnte vor illegalen Arbeitnehmerüberlassungen, bei denen Betriebe Gefahr laufen, Arbeitgeber der vermeintlichen Leiharbeiter zu werden. Unternehmen, die diese Dienstleistung anböten, hätten oft keine Genehmigung. Dies gelte es im Vorfeld genau zu prüfen.
Als neues Vorstandsmitglied und erster stellvertretender Vorsitzender wurde Dr. Matthias Corvers aus Oestrich-Winkel einstimmig gewählt. Er folgt auf Gerko Freiherr von Knyphausen, der nicht mehr zu Wahl stand. Dem Vorstand gehören außerdem neben Dr. Volker Wolfram Clemens Lischka, Lich, Maximilian Schwarz, Niddatal, und Annette Seifert-Ruwe, Hofgut Obbornhofen, an. Zuvor waren Vorstand und Geschäftsführung einstimmig entlastet worden. Derzeit zählt der Verband rund 300 Mitglieder.
CM – LW 10/2020