Vernebelt das Wetter den Blick auf andere Risiken?

Studie beleuchtet Ertrags-, Preis- und Einkommensrisiken

Viele Landwirte standen in diesem Sommer wohl kopfschüttelnd vor ihren vertrockneten Feldern und werden sich gefragt haben, wie sie angesichts der Dauerdürre über die Runden kommen. Der größte Feind des Bauern ist das Wetter, heißt es häufig. Aber ist das wirklich so? Das Thünen-Institut hat in einer aktuellen Studie Antworten gegeben.

Die extreme Dürre 2018 hat viel Aufmerksamkeit erregt; das Thünen-Institut zeigt mit aktuellen umfangreichen Auswertungen, mit welchen Risiken die landwirtschaftlichen Betriebe zu kämpfen haben.

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Wie das Institut Anfang Dezember in einer Pressemeldung mitteilte, werden Risiken individuell sehr unterschiedlich und oft verzerrt wahrgenommen. Daher haben Wissenschaftler des Thünen-Instituts für Betriebswirtschaft Daten von mehr als 3000 landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland über einen Zeitraum von 20 Jahren ausgewertet. Dabei konnten sie bei vielen Anbaukulturen tatsächlich einen leichten Anstieg der Ertragsschwankungen beobachten.

Preise schwanken stärker als die Erträge

„Aber der Ertrag ist nur einer von vielen Faktoren, die das Einkommen des landwirtschaftlichen Betriebes bestimmen“, so Agrarökonom Dr. Frank Offermann vom Thünen-Institut, der gemeinsam mit seinem Kollegen Christoph Duden die Studie durchgeführt hat. „Unsere Auswertungen zeigen zum Beispiel, dass die Preise mehr schwanken als die Erträge. Zudem hat das Preisrisiko für pflanzliche Produkte viel stärker zugenommen als das Ertrags­risiko.“

Die Ergebnisse zeigten auch, wie wichtig es ist, Einzelrisiken vor dem Hintergrund des gesamten landwirtschaftlichen Betriebes einzuordnen. In einem vielfältigen Betrieb könne der Ertragsausfall einer einzelnen Kultur oft aufgefangen werden. Auch fielen Schwankungen unterschiedlicher Einkommenskomponenten teilweise gegenläufig aus. So könne eine schlechte Ernte mit höheren Preisen einhergehen, ein Effekt, der je nach Kultur die Erlösschwankungen um 20 bis 40 Prozent reduziere.

Ein Beispiel aus dem vorletzten Jahr zeigt: Durch die weitverbreiteten Spätfröste fiel die Apfelernte zwar um 52 Prozent gegenüber dem Vorjahr, gleichzeitig stiegen die Preise wegen des knappen Angebots aber um über 60 Prozent. Auch zeigten die Analysen, dass niedrige Preise für die Ernteprodukte oft mit niedrigen Kosten für Betriebsmittel wie beispielsweise Dünger oder Futtermittel einhergingen. Dies milderte insbesondere in den Schweine- und Geflügelbetrieben die Auswirkungen von Preisschwankungen.

Also alles halb so schlimm? „Mitnichten“, so das Thünen-Institut. Auch unabhängig von Extremwetter-Situationen sei das Einkommensrisiko in vielen landwirtschaftlichen Betrieben in den vergangenen 20 Jahren deutlich angestiegen. Im Vergleich zwischen den Betriebsformen wiesen Milchviehbetriebe immer noch die niedrigsten Einkommensschwankungen auf, während sie in Schweine- und Geflügelbetrieben und Ackerbaubetrieben am stärksten ausgeprägt seien.

Einkommensrisiko steigt insgesamt

Für die Landwirte heißt das: Nicht immer ist das Wetter schuld. Ein effizientes Risikomanagement muss sich an der Situation des einzelnen Betriebes orientieren. „Dabei sollte das Augenmerk weniger auf einzelnen Einflussfaktoren liegen, sondern vielmehr auf den gesamtbetrieblichen, existenzgefährdenden Risiken“, gibt Frank Offermann zu bedenken.

Manche Landwirte, zum Beispiel in der Heide, sind in diesem Jahr übrigens mit einem blauen Auge davongekommen. Sie konnten zumindest ihre Kartoffelfelder bewässern, und Kartoffeln haben dieses Jahr richtig gute Preise erzielt.

LW – LW 1/2019