Viel Lärm um nichts
Mit der Meldung bei der Polizei löste der Schafhalter einen Großalarm aus, bei dem insgesamt 150 Polizisten, Feuerwehrleute, Katastrophenschützer, Ärzte und Veterinäre zum Einsatz kamen. Im Fernsehen, Radio und in den Zeitungen war sofort die Rede von Vergiftung durch Pestizide und von einem Biolandwirt als Opfer. Der Hessische Rundfunk zeichnete in einer Videoanimation eine riesige Giftwolke, die von einer Pflanzenschutzspritze in Richtung Hofstelle des Betroffen weht. Alle gängigen Klischees wurden bedient.
Doch die Faktenlage war von Anfang an dünn, und nach LW-Recherchen bleibt von diesem Fall nicht viel übrig. Die zwei toten Lämmer sind nach vorläufigem Befund nicht an dem Pflanzenschutzmitteleinsatz eingegangen, und auch Personen sind nicht zu Schaden gekommen. Der Landwirt hat nach Erkenntnissen der Fachbehörden, die den Betrieb umgehend überprüft haben, die Pflanzenschutzmittel – ein Insektizid und ein Fungizid beziehungsweise Wachstumsregler – ordnungsgemäß ausgebracht.
Dass es zu solch einem Großeinsatz und zu solch einem Medienhype kommen würde, hat sicher auch der Schafhalter nicht erwartet. Am Ende der Aktion stehen nur Verlierer da: der beklagte Landwirt, der in den vergangenen Tagen einen Horror erlebt hat, der Schafhalter, der sich selber nie als Biolandwirt bezeichnet hat und der sich noch einigen Fragen stellen muss und die Landwirtschaft insgesamt. Denn jeder Bauer, der Pflanzenschutzmittel ausbringt, steht jetzt unter Verdacht. Die Medien, die die Story aufgepumpt haben, hinterlassen verbrannte Erde und ziehen weiter.
Cornelius Mohr