Zehn Jahre Nationalpark Hunsrück-Hochwald
Freilandlabor und Erholungsraum für Mensch und Tier
Umweltministerin Katrin Eder hat Anfang Juni die Presse anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Nationalparks Hunsrück-Hochwald eingeladen zu einer Exkursion. Im Hunsrückhaus, unweit vom Nationalpark-Tor Erbeskopf, informierten Dr. Harald Egidi, der Leiter des Nationalparks, sowie sein Stellvertreter, Dr. Martin Mörsdorf, über die Herausforderungen der ersten zehn Jahre.

Foto: MKUEM
Auch der NP HH gehört laut Internationaler Union zum Schutz der Natur (IUCN) zur Kategorie II. Vorrangiges Managementziel in diesen Gebieten ist der „Schutz der natürlichen biologischen Vielfalt zusammen mit der ihr zugrunde liegenden ökologischen Struktur und den unterstützenden ökologischen Prozessen sowie Förderung von Bildung und Erholung.“ Somit ist der NP HH ein Entwicklungsnationalpark, da die ökologischen Prozesse im Managementziel enthalten sind.
Weitere Ziele bestehen in der Erhaltung und dem Schutz von Lebensräumen, Prozessen, genetischen Ressourcen und Populationen heimischer Arten, in der Besucherlenkung, der Unterstützung der lokalen Wirtschaft durch Tourismus und der Berücksichtigung der Belange indigener Völker oder einheimischer Anwohner. Aufgrund der gering besiedelten Region Hunsrück-Hochwald war bei der Ausweisung des NP HH einzig eine Interessengemeinschaft der Morbacher Sägewerke gegen die Ausweisung. Mit der Gründung des NP HH wurde die IG aufgelöst, die Sägewerke bestehen weiterhin.
Mehr und mehr „Natur Natur sein lassen“
Ein Slogan des NP HH lautet „Natur Natur sein lassen“, erklärte Egidi. Dabei sei gleich zu Beginn der Ausweisung die große Frage aufgetaucht: Bedeutet dies gar keine Maßnahmen, alles sich selbst überlassen oder doch Hilfestellung zu mehr Natürlichkeit. Man habe sich für den zweiten Weg entschieden, sagte Mörsdorf. Und habe 1 700 Entwässerungsgräben geschlossen, rund 80 ha Fichten mit dem Seilzug an einem Hang entnommen, um das natürliche Hangmoor wiederherzustellen. Die Maßnahmen wurden mithilfe von LEADER und dem Bergwald Projekt umgesetzt. Sowohl die Hangmoore mit der Moorbirke als auch alte Buchenwälder und Blockhalden seien „die“ Lebensräume des NP HH. Sie bieten Tierarten wie der Wildkatze, dem Schwarzstorch, Schwarzspecht, Wendehals, Rothirsch, Reh- und Schwarzwild, Biber und Fledermäusen Unterschlupf. Auch Pflanzenarten wie Sonnentau auf den Mooren, Moorlilien, Wollgras oder wilde Narzissen, Torfmoose und Orchideen sind im NP zu finden. Es wurden zwei neue Arten entdeckt, eine Flechte und eine Rotalge.
Erste Maßnahme im NP HH war die Reduzierung der Wege, bemerkte Anja Eckhardt, die in der Nationalparkverwaltung arbeitet und den Nationalpark gegenüber den Kommunen und Anwohnern vertritt. Die Hunsrückerin sorgte in zahlreichen Fällen dafür, dass in der Nationalparkversammlung mit den Anrainern ein Einvernehmen hergestellt werden konnte. Rund 100 km Wege konnten bislang zurückgebaut werden. „Wir möchten den Rückbau der Wege als Kompensation anbieten“, sagte Egidi. Doch noch gab es keinen Bedarf. Neben den Forstwegen zur Holzabfuhr müssen Radfahrer, Reiter und Wanderer berücksichtigt werden, wobei Radfahrer nicht die Premiumwanderwege nutzen dürfen wie den Saar-Hunsrück-Steig oder die Traumschleifen.
Zu den IUCN-Kriterien gehört, dass der NP HH Wildnisbereiche vorweist. Innerhalb von 30 Jahren müssen 75 Prozent der Nationalparkfläche als Wildnisbereich sich selbst überlassen werden. Zur Gründung waren es 25 Prozent, aktuell sind 58 Prozent der Nationalparkfläche dem Wildnisbereich zugeordnet. „Auf diesen Flächen werden keine biotop-verändernden Maßnahmen mehr geplant oder durchgeführt“, bemerkte Mörsdorf.
Das kann deutlich an den vom Borkenkäfer hinterlassenen kahlen Fichten gesehen werden. „Wir mussten wie die Kollegen in Bayern mit ansehen, wie der Borkenkäfer rund 2 000 ha Fichten in den Trockenjahren kahlfraß. 1 000 ha blieben stehen“, bemerkte Mörsdorf. Und dennoch zeigt sich bei der Durchfahrt, dass immer wieder gesunde Fichtenbestände zwischen den kahlen Beständen stehen – ein Phänomen. Laut Mörsdorf wurden bereits viele Daten erhoben, gibt es Monitoring zu zahlreichen Themen, doch leider keine Auswertung, da das Personal fehlt. So kann nach zehn Jahren wenig sicher gesagt werden. Nur so viel gab Mörsdorf preis: „Mit der steigenden Strukturvielfalt verbessern sich die Lebensbedingungen für störungsempfindliche Arten sowie für Arten, die auf Kleinst-Biotope oder Holz in verschiedenen Zersetzungsgraden angewiesen sind, was Spechte, Höhlenbrüter, Insekten und Pilze begünstigt.“
Erfreulich ist, dass rund 350 000 Besucher pro Jahr in den NP HH kommen. Überwiegend aus der Region, jedoch auch viele Niederländer. Für die Besucher, viele Familien, werden Touren mit Rangern angeboten, die über die Natur vor Ort aufklären. Tim Markov ist einer von 26 Rangern im 60-köpfigen Team des Nationalparks und bemerkte, dass die Kinder oft fragen, ob es den Wolf im NP gibt. „Das müssen wir bislang verneinen, nur Durchzügler konnten nachgewiesen werden.“
Am Pfingstsamstag fand im Nationalpark ein großes Fest anlässlich des zehnjährigen Bestehens statt. Doch auch ohne Fest ist der Nationalpark Hunsrück-Hochwald einen Besuch wert.
zep – LW 24/2025