Und der Bembel ist immer dabei
Tour de Bembel: 600 km per Rad durch die Apfelwein-Regionen
In einer lauen Sommernacht im vergangenen Jahr saßen die drei überzeugten Apfelwein-Fans Andrea Euler, ihr Partner Stephan Siemon und ihre Freundin Doris Pegels im Garten des Odenwald-Gasthauses „Dornröschen“ zu Höchst-Annelsbach und waren eigentlich gut drauf. Denn an diesem Abend waren sie mit einer wichtigen Aufgabe fertig geworden. Als Inhaber einer für regionale Themen aufgeschlossenen Buchhandlung in Wächtersbach hatte sich das Paar nämlich vor zwei Jahren vorgenommen, die in dem Buch „Hessens Apfelweine“ vorgestellten Wirtschaften eine nach der anderen aufzusuchen (siehe Buchtipp, S.II). Das hatte viel Spaß gemacht und zu mancherlei Erkenntnis geführt. Doch nun waren sie am Ende der Liste angekommen und Entzugserscheinungen drohten. Was also tun?
Nach vielem Sinnieren und mehreren Bembeln endlich kam die Erleuchtung. Sie würden ihre Expeditionen wiederholen, allerdings unter neuen Vorzeichen. Dieses Mal würden sie ihre Besuche hintereinander weg absolvieren, also eine zusammenhängende Tour anstreben. Außerdem wollten sie das Ganze per Fahrrad angehen. Dann könnten sie die Landschaft besser genießen, und auch das gute Essen und Trinken, das sie des Abends sicherlich vorfinden würden. Ja, und offen für Mitradler sollte das Abenteuer ebenfalls sein. Die „Tour de Bembel“ war geboren.
Sieben Hessische Wirtshaus-Kelterer
Weil den dreien ihre Idee auch am nächsten Morgen noch gefiel, begannen sie bald darauf mit der ernsthaften Planung. Sie überlegten, beratschlagten, und machten sich mit Hessens Topografie vertraut. Da sie nur eine Woche lang unterwegs sein wollten, beschlossen sie, sich auf die sieben „Hessischen Wirtshaus-Kelterer“ zu konzentrieren. Das sind selbst kelternde Gastwirte, die sich im Februar 2005 zusammengeschlossen haben, um die „Pflege der hessischen Apfelweinkultur“ aktiv voranzubringen. Ihre Lokale und Keltereien liegen in Frankfurt, in der Rhön, im Vogelsberg, Spessart, Taunus und im Odenwald. Regionen also, wo Streuobstwiesen und Schöppche einen hohen Stellenwert genießen (im Netz unter www.hessische-wirtshauskelterer.de).
Eigentlich hatten sie ja gehofft, dass sich unterwegs ein paar Mitradler anschließen würden, aber das klappte nicht so richtig. Auch wenn das Trüppchen der fünf Unentwegten durchaus auffiel. Am Gepäckträger ihrer Velos wedelte ein Schild mit der Aufschrift „Tour de Bembel“, und ein entsprechendes Emblem prunkte auch auf dem Rücken von Andrea Eulers T-Shirt. Daher wurden sie unterwegs zwar angesprochen auf ihr Vorhaben, aber spontan mitmachen wollte keiner. „Wenn wir früher davon gewusst hätten, dann gern“, war jedoch immer wieder zu hören. Erst am Schluss der Tour, im Odenwald, wo gleich zwei Wirtshaus-Kelterer zu Hause sind, wurde es besser. Da fuhren Karin und Steffen Döbert-Beller aus Breuberg die letzte Strecke mit.
„Es war richtig gut“, finden sie. Der vorletzte Gastgeber, Peter Merkel vom Annelsbacher Dornröschen, hatte die Gruppe bis Brensbach begleitet, wo sie von Armin Treusch vom Reichelsheimer „Schwanen“ übernommen wurde. Auf dessen Streuobstwiese unterhalb des Schlosses Reichenberg gab es mit einer Runde sortenreinem Apfelwein bereits eine erste Einstimmung auf kommende Genüsse. Im Lokal selbst zelebrierte der Hausherr dann eine stilvolle Apfelweinprobe und ließ Köstlichkeiten der regionalen Apfelweinküche auffahren.
Zwölf-Liter-Krug als Reise- und SpendenbembelZuvor allerdings wurde der Reise- und Spendenbembel überreicht. Dieses gewaltige Teil ist der Stolz der Organisatoren, handelt es sich dabei doch um einen zwölf Liter fassenden Krug mit Schraubverschluss, der komplett aus Ton gearbeitet ist. „So einen gibt es nur drei Mal in Hessen“, sagt Siemons Tochter Anne, die die Tour-Teilnehmer die ganze Zeit mit ihrem zum „Besenwagen“ umfunktionierten Auto plus Anhänger begleitete. Der edle Riesenbembel durfte ebenfalls bei ihr mitfahren, sorgfältig auf dem Rücksitz angeschnallt. Jeder Gastgeber musste ihn des Morgens frisch auffüllen, und sein Nachfolger kippte den Inhalt des Abends in eine praktische Kanne um, um ihn danach in seinem Gasthaus als „Tour de Bembel-Spezial“ anzubieten. Der Erlös aus dieser Aktion soll an den Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (AdFC) gehen. „Weil die die Radwege immer so schön ausschildern“, erklärte Andrea Euler.
Vielleicht ist die Spende aber auch als Aufforderung an die Organisation zu verstehen, die „Tour de Bembel“ im Hessenland offiziell auszuweisen, damit auch andere Stöffche-Fans diese unterhaltsame Strecke nachfahren können. Wen so etwas reizen könnte, der kann die Spuren der Vorradler aber auch mit Hilfe eines Büchleins verfolgen, das im Herbst im Hanauer CoCon-Verlag erscheinen soll. Darin haben Euler und Siemon Geschichten, Erfahrungen und Anekdoten rund um ihre Tour zu einem humorvollen Reisebericht verarbeitet. Auch eine Radwege-Karte ist darin abgedruckt. (Anmerkung der LW-Redaktion: Das Buch ist seit Anfang Dezember 2011 lieferbar) Kirsten Sundermann
Tour de Bembel – die Strecke
Start war in der Hainmühle in Homberg/Ohm, und gleich am ersten Tag wurden 120 Kilometer bis zum Rhönschaf-Hotel Krone in Ehrnberg-Seiferts zurückgelegt. Durch Erfahrung klug geworden, empfehlen die Initiatoren nun allerdings, hier einen Zwischenstopp einzuschieben. Auch die zweite Etappe hatte es mit 105 Kilometern in sich; sie endete im Flörsbacher Hof im Spessart. Danach ging es gemächlicher weiter. Es folgten Schuch´s Restaurant in Frankfurt-Praunheim, die Landsteiner Mühle in Weilrod, und dann ging's nochmals nach Frankfurt zur „Buchscheer“. Den Abschluss bildete der Odenwald mit dem Dornröschen in Höchst-Annelsbach und Treuschs Schwanen in Reichelsheim. K.S. |