Der Betrieb muss die künftigen Belastungen stemmen können
Wenn der Generationswechsel auf dem Hof ansteht
Die Phase der Hofübergabe ist häufig ein kritischer Moment in der Entwicklung des Betriebes. Der Generationswechsel muss gut durchdacht und früh genug organisiert werden, um die Zukunftsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen. Welche Fragen bei der Betriebsübergabe auftreten, schildert Anne Mawick vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen anhand eines fiktiven Falles.

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Eine frühzeitige offene und ehrliche Kommunikation über den Stand des Betriebes sowie die Wünsche und Vorstellungen sowohl des Abgebers wie auch des potenziellen Übernehmers erleichtert vieles. Für jede familiäre und betriebliche Situation gibt es Perspektiven und einen Weg. Eine falsche Einschätzung der Lage und gegensätzliche Erwartungen zwischen Alt und Jung können schnell zu einer familiären Krise führen.
Ursprüngliches Konzept nicht tragfähig
Hier ein Beispiel, bei dem Familie Wagner – auch aufgrund mangelnder Aussprache – zunächst ein nicht tragfähiges Konzept verfolgte. Mit der Hofübergabe sahen die künftigen Altenteiler Fritz und Marta Wagner die Möglichkeit, mehr Zeit für Hobbys verwenden zu können. Junior Felix Wagner hatte mit Abschluss des Fachhochschulstudiums schon konkrete Pläne für den Einstieg in den elterlichen 60-ha-Betrieb, davon 20 ha Eigentum. Die Tierhaltung umfasste etwa 140 Sauen. Zuerst sollte der Wartebereich umgebaut werden, um die Bedingungen für die Gruppenhaltung einhalten zu können. Auch zusätzlicher Lagerraum für Gülle müsste geschaffen werden.
Doch mit den konkreten Zahlen des Betriebes hatte er sich noch nicht beschäftigt. Die Fakten: Für Vater Fritz war klar, dass Felix weitermachen würde. Zwar war dieser der jüngste von den drei Kindern. Die anderen beiden waren aber schon aus dem Haus. Die finanzielle Unterstützung der weichenden Erben dürfte für den Hof kein Problem sein, glaubte Fritz Wagner, zumal jeder „nur“ 15 000 Euro bekommen sollte.
Investitionsstau und Fremdkapitalbelastung
Ein genauer Blick in die Jahresabschlüsse offenbarte die Wirklichkeit. Eigenkapital konnte in den letzten Jahren nicht mehr gebildet werden. Die Rechnung geht gerade so plus minus Null auf. Und auf dem gebäude- und maschinenmäßig veralteten Betrieb lasten noch 200 000 Euro Fremdkapital. Die letzte Investition in den Bau einer Maschinenhalle ist auch schon 15 Jahre her. Viel Geld ist bisher für Reparaturen draufgegangen – und es wurde von Jahr zu Jahr mehr. Würde Fritz Wagner so weiter wirtschaften, käme er in den nächsten Jahren ohne weitere Fremdkapitalaufnahme nicht mehr zurecht. Und das nur, um den Stand zu halten.
Auch Sohn Felix Wagner hatte sich wenig mit der Realität auseinander gesetzt. Auf 60 ha könnte man 280 Sauen halten, so seine Meinung. Doch zuerst wollte er mit der Hofübergabe die wichtigsten Investitionen in die Gruppenhaltung und in den Güllelagerraum vornehmen. Das würde rund 100 000 Euro kosten. Zusätzlich hatte er auf Vaters Hinweis auch die 30 000 Euro Abfindung für seine beiden Geschwister eingeplant. Das Fremdkapital würde damit auf rund 330 000 Euro steigen. Auch muss er die geforderten 800 EuÂro Baraltenteil monatlich für seine Eltern akzeptieren. Dafür könnte Vater aber auch noch in der Sauenhaltung mithelfen, denn ganz alleine war das nicht zu bewältigen. Gesprochen wurde darüber aber nicht. Als sich Felix die Sache mit den neuen Darlehen durchrechnete, fiel er aus allen Wolken.
Der Gewinn würde trotz unterstellter Leistungssteigerung auf gut 30 000 Euro abfallen. Die Entnahmen summierten sich mit den vereinbarten Nebenkosten zum Altenteil auf fast 38 000 Euro. Außerdem wollte er für sich und seine Partnerin eine Wohneinheit schaffen. Woher sollte das Geld dafür kommen? Die Sprache verschlug es ihm, als er hörte, wie teuer der Schritt auf 280 SauÂen werden würde. Rund eine halbe Mio. Euro müsste er dafür inklusive Vieh- und Umlaufvermögen einplanen. Insgesamt käme er mit den alten Verbindlichkeiten auf etwa 800 000 Euro. Auch ihm war nunmehr klar, dass der Betrieb, auch mit 280 Sauen, diese Belastungen nicht würde stemmen können.
Die Situation sorgte für erhebliches Konfliktpotenzial. Vater und Sohn machten sich gegenseitig Vorwürfe. Fritz konnte nicht verstehen, warum Sohn Felix sich so aufführte. Schließlich hatte er sich mit Investitionen zurückgehalten, um dem Sohn freie Hand zu lassen. Vielleicht müsste der sich auch mehr einschränken. Sohn Felix gab seinem Vater die Schuld, dass jahrelang nichts auf dem Hof gemacht wurde. Andere Hofnachfolger hätten mit „wettbewerbsfähigen“ Einheiten starten können. Und 800 Euro jeden Monat neben den 480 Euro Altersgeld wären doch viel zu viel. Schließlich müsse er noch die ganzen Nebenkosten tragen.
Von außen betrachtet war die Situation eigentlich klar. Die Fortführung des Betriebes mit Sauenhaltung würde für den Sohn keine Perspektive bieten. Aber es ist nur zu verständlich, dass der Hebel nicht von heute auf morgen herumgerissen werden kann. Welche Möglichkeiten wurden diskutiert? Die Sauenhaltung im Nebenerwerb fortzuführen, wäre aus arbeitswirtschaftlicher Sicht kaum möglich. Und ein Umbau auf Mast käme auf Grund der hohen InvestitioÂnen und der noch immer relativ geringen Mastkapazität nicht in Frage.
Im Nebenerwerb fortführen oder Betrieb verpachten
An den Gedanken der Betriebsaufgabe konnte sich Fritz Wagner erst gar nicht gewöhnen. Schließlich hatte er ein Leben lang dafür gearbeitet, dass es auch in der nächsten Generation weitergehen würde. Und: Was würden die Nachbarn denken? Viele Fragen lagen auf dem Tisch. Sohn Felix musste sein Leben selbst in die Hand nehmen. Und das tat er auch: Mit seiner qualifizierten Ausbildung hatte er schnell eine gute Stelle gefunden. Nun gäbe es zwei Alternativen. Nach der Aufgabe der Sauenhaltung könnte der Betrieb mit dem Ackerbau im Nebenerwerb fortgeführt werden. Mit Vaters Hilfe wäre die Arbeit gut zu schaffen. Finanziell käme man zurecht.
Bei einer kompletten Aufgabe wäre es auf der anderen Seite möglich, die vorhandenen Verbindlichkeiten komplett abzulösen. Die Eigentumsfläche und die Maschinenhalle ließen sich gut vermieten. Das würde reichen, um die Festkosten, wie Versicherungen und die Grundsteuer, zu tragen. Es verbliebe noch ein Überschuss, der quasi als Baraltenteil durchgereicht würde. Bei beiden Möglichkeiten könnte mit dem eigenen Einkommen von Felix und seiner Partnerin die eigene Wohneinheit auf dem Hof finanziert und geschaffen werden. Auch dem Vater Fritz würden sich Perspektiven bieten.
– LW 35/2013