Hat die Eiche noch eine Chance?
Engerling-Wurzelfraß an Viernheimer Eichen
Tausende gepflanzte Eichen fallen momentan der Larve des Maikäfers – dem Engerling – zum Opfer. Der Viernheimer Forst-Revierleiter, Gerold Ritz, entdeckt täglich mehr abgestorbene im Frühjahr gepflanzte Laubbäume.
Foto: Gerold Ritz
Dieser Wurzelfraß ist auch oberirdisch erkennbar: Blätter, Nadeln und Triebe der befressenen Pflanzen welken und verfärben sich rötlich-braun. Durch die nun fehlenden Feinwurzeln lassen sich die jungen Bäumchen leicht aus dem Boden ziehen.
Große Anstrengungen, um Eichen zu etablieren
Wenn der Baum den dreijährigen Wurzelfraß überlebt, kommt im vierten Jahr, das nächste Maikäfer-Flugjahr. Befressen werden dann fast alle Laubbäume, besonders beliebt sind aber Eichen- und Ahornarten. Dies ist eine massive Schwächung der Bäume. Eichen können daraufhin im Juni noch einmal austreiben. Doch die Bäume im Ried sind durch die Grundwasserabsenkung, den Klimawandel und die Schadstoffeinträge bereits geschwächt, dass der Wurzelfraß der Engerlinge, der anschließende Blattfraß der Käfer und die Schwächung durch Folgeschädlinge massive Ausfälle zur Folge haben. „Diese Rückschläge zu verkraften fällt auch den Forstmitarbeitern nicht leicht“, offenbart der Viernheimer Revierleiter.
Foto: Stephanie Dober
„Der Wunsch der Naturschutz-Verbände mehr Laubholz im Hessischen Ried zu pflanzen deckt sich im Wesentlichen mit den Zielen des Forstamtes. Jedoch ist es aufgrund der genannten schwierigen Bedingungen vor Ort sehr aufwändig und kostenintensiv die gepflanzten Laubbäume gesund aus der kritischen Phase der ersten Jahre zu bekommen“, so Gerold Ritz. Pflanzung und Pflege von einem Hektar Eichenfläche mit rund 6 000 Bäumen kostet circa 12 000 Euro/ha – ohne Schutzzaun. Die Flächen für die Pflanzung müssen aufwändig geräumt werden, damit die Pflanzen von Hand in den Boden eingebracht, und gleichzeitig gegen Wildverbiss (Zaun oder einzelne Schutzhüllen) geschützt werden können. Ãœber einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren müssen diese Flächen dann aufgrund der starken Konkurrenzvegetation von Gräsern, Traubenkirsche, Brombeeren und anderen, jährlich ein- bis zweimal gemäht werden.
„Die Kiefernsetzlinge dagegen wirken vital und robust. Sowohl der Engerling, als auch der Käfer verschonen weitgehend die Kiefer und fressen lieber an den Laubbäumen“, so die Erfahrungen von Ritz. Von Karlsruhe bis Frankfurt ziehen sich die sandigen Böden, die Grundwasserabsenkung und damit das Problem der Eichenetablierung. Die Eiche ist in diesen Wäldern ein Relikt aus Zeiten vor der Grundwasserabsenkung, viele sterben langsam ab. Doch Ritz gibt nicht so schnell auf: „2018 werden wir wieder Eichen pflanzen, dann überwintern die Käfer im Boden und legen im Frühjahr die Eier, die Larven sind dann noch klein, vielleicht schaffen wir den Spagat auf diese Weise, wenn nichts dazwischenkommt.“
FoA – LW 32/2016