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Biogaserzeugung und Arbeitserledigung in Baunatal thematisiert

Beim Pflanzenbautag der Landwirtschaftlichen Woche Nordhessen wurde vorige Woche in Baunatal der Fokus auf die Erzeugung von Biogas gelegt. Vormittags hatte der Saatbauverband Hessen zu Vorträgen geladen, welche Perspektiven für Landwirte aufgriffen. Am Nachmittag informierte der Landesverband Hessen des VDL Berufsverbandes für Agrar, Ernährung und Umwelt über ein Bioerdgaseinspeiseprojekt an dem 34 Landwirte als Gesellschafter beteiligt sind. Mit über 200 beziehungsweise rund 130 Zuhörern waren beide Tagungen gut besucht.

Bis zum Jahr 2020 will Hessens Landesregierung eine Erzeugung von circa 21 Terawattstunden pro Jahr aus erneuerbaren Energien erreichen, welches einen Anteil am Endenergieverbrauch in Hessen von 20 Prozent entsprechen würde.

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Der stellvertretende Vorsitzende des Saatbauverbandes Hes­sen, Dr. Axel Schreiber, führte durch die Vormittagsveranstaltung. Dort sprach Prof. Hans-Georg Frede vom Institut für Landschaftsökologie und Ressourcenmanagement der Universität Gießen über „Biogas, eine Perspektive für Landwirtschaft und Umwelt.“ Frede beschrieb Szenarien der Zukunft, die am Beispiel eines Simulationsmodells für Südhessen durch einen Forschungsinstitut übergreifenden Sonderforschungsbereich an der Universität Gießen errechnet und ausgewertet wurden. „Ein Hektar Mais liefert so viel Biomethan, dass ein PKW mit dieser Energie über 67 000 Kilometer fahren kann“, sensibilisierte Frede zu Beginn für das Gebiet der Bioenergiepflanzenerzeugung. Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten kann sich demnach der Maisanbau für die Bioenergienutzung in Südhessen auf bis zu 40 Prozent der Marktfrüch­te ausdehnen. Unberücksichtigt im Modell bleibe aber der bereits jetzt sehr hohe Stellenwert von Sonderkulturen wie Erdbeeren und Spargel, denn mit diesen Früchten könne Energiemais nicht konkurrieren.

Auch wenn der Energiemais nicht diesen hohen Stellenwert in der Fruchtfolge erhalte, da sich der Transport zur Biogasanlage etwa nur bis 10 km Entfernung rechnet, so erwarte man dennoch einen Anstieg der Maisfläche in Südhessen und zwar zur Körnernutzung aufgrund der Veränderung des Klimas hin zu trockeneren Sommern. Als C4-Pflanze nutze der Mais das knapper werdende Wasser effizienter als die C2-Pflanze Getreide.

Ziele der Landesregierung

Der Gießener Wissenschaftler hinterfragte auch die energiepoli­tischen Ziele der hessischen Lan­des­regierung. Liege der End­ener­gieverbrauch in Hessen derzeit bei etwa 130 Terawattstunden (TWh) und wolle die Wiesbadener Regierung diese beispielsweise durch energeti­sche Maßnahmen zur Häusersanierung bis zum Jahr 2020 auf 105 TWh verringern und gleichzeitig den Anteil erneuerbarer Energien von jetzt 7 TWh auf 21 TWh im Jahr 2020 (20 Prozent) erhöhen, so könne dieser Anteil unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten für die Betriebe nicht allein aus der landwirtschaftlichen Fläche gedeckt werden. Andere Energiequellen, wie Windanlagen, müssten deshalb zur Zielerreichung hinzugezogen werden. Aus Umweltgesichtspunkten verdiene aber der Energiemais nicht das schlechte Image, welches ihm anhafte, betonte Frede. Beispielsweise sei die Klima- und Energiebilanz dieser Pflanze mit einem Erntefaktor von 4 sehr hoch. Das bedeutet, dass für jede Einheit Kohlendioxid, die zur Erzeugung von Energiemais benötigt wird, ein Äquivalent von vier Kohlendioxideinheiten an anderen Stellen eingespart werden kann, um per saldo auf die gleiche Energiemenge zu kommen. Weiterhin sprach der Wissenschaftler über Fragen der Beeinflussung von Artenreichtum und Grundwasserqualität durch höheren Maisanbau. Interessant bei dieser Untersuchung war, dass einige Rote Liste Arten wie das Adonisröschen (Adonis vernalis) oder der Gezähnte Feldsalat (Valerianella dentata) auf einen Maisanbau bei bis zu 40 Prozent in der Region eher zunehmen. Insgesamt zeigte sich, dass sich der Artenreichtum in diesem ökonomischen Maximalszenario um etwa 30 Arten verringert. Während Pflanzen wie Ackerfrauenmantel und Sandmohn weniger würden, würden Problemkräuter im Mais, wie das Hirtentäschel, mehr.

Erosionsschutz auf Kammlagen

Zur Wasserqualität meinte Frede, dass sich auch bei großflächigem Maisanbau in der Region der Wasserhaushalt nicht wesentlich verändern würde. Allerdings sei der Oberflächenab­fluss zu kontrollieren, Erosionsschutz habe im Maisanbau gerade in Hanglagen einen hohen Stel­­lenwert. Bezogen auf Stickstoff werde sich die Qualität der Fließgewässer nur geringfügig verändern. Der Stickstoffaustrag aus den Maisflächen sei bei richtiger Bestandsführung gering, Zwischenfruchtanbau könne den Nährstoffaustrag min­dern, fasste der Professor die Ergebnisse der Studie zusammen.

Erweiterte Fruchtfolgen

200 Gäste kamen zur Fachtagung des Saatbauverbandes Hessen in Baunatal. In diesem Jahr standen die Themen Biogas­erzeugung und Fruchtfolgegestaltung unter Rentabilitätsaspekten im Vordergrund.

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Ãœber die wichtigsten Kostenblöcke im Ackerbau und welchen Beitrag die Fruchtfolge zur Senkung der Erzeugungskosten leis­ten kann sprach Dr. Marco Schnei­der, LLH-Marktfruchtreferent am Landwirtschaftszentrum Eichhof. Rund ein Drittel der Ackerflächen in Hessen würden mit Weizen bestellt. Die Voll­kosten in der Erzeugung von Winterweizen der Betriebe liegen hier zwischen 12 und 19 Eu­ro je dt. Verglichen mit Betrieben in Kanada seien diese deutlich zu hoch. Wie erreicht man nun eine spürbare Kostensenkung im Marktfruchtbau? Nach Schneider muss der Hebel insbesondere an den Kosten der Arbeitserledigung gesetzt werden. „Mit zwischen 7 und 8 Euro je dt hierzulande liegen diese rund doppelt so hoch wie in Getreide-Raps-Betrieben Kanadas mit etwa 3,50 Euro/dt“, so der Fachberater. Niedrige Arbeitserledigungskosten bei hohen Erträgen stellten die Erfolgsgaranten für den modernen Ackerbaubetrieb dar. Sommerkulturen, wie Braugerste und Ackerbohnen, sollten auch stärker unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsbewältigung im Betrieb mit weniger Arbeitsspitzen gesehen werden. Sommerungen entzerrten den Ablauf und verringerten damit die Arbeitskosten in der Fruchtfolge. Diese Sichtweise fände bislang zu wenig Augenmerk in der öko­no­mischen Bewertung des Acker­baues, meinte der Marktfruchtreferent. Die optimale Fruchtfolgegestaltung sei auch wegen der Vorfruchtwirkungen ein effizientes Werkzeug im Pflanzenbau. Erweiterte Fruchtfolgen in Verbindung mit konservierender Bodenbearbeitung seien vor allem auf Grenzstandorten des Weizenanbaues wirtschaftlich interessant, auch bei hohen Weizenpreisen.

Bericht aus der Praxis

Dip.-Ing. agr. Lars Homburg berichtete aus der Praxis des Marktfruchtbaues und stellte zum Thema Fruchtfolge und Wirtschaftlichkeit den Hardthof vor. Der 36-jährige Landwirt bewirtschaftet diesen mit seinem Vater in Naumburg-Altenstädt als Ackerbaubetrieb mit 160 ha und angeschlossener Schweinemast mit 1 000 Plätzen. Kernaussagen des Vortrags von Homburg sind, dass sich auf seinen Betriebsflächen mit überwiegend Buntsandsteinverwitterungsböden und einer mittleren Bodenzahl von 55 Punkten der Anbau von Stoppelweizen häufig nicht rechnet. Stattdessen seien, hohe Erträge von circa 50 bis 60 dt vorausgesetzt, Ackerbohnen im Anbau interessanter. Zu berücksichtigen sei neben der Arbeitsentzerrung im Betrieb durch den Leguminosenanbau auch, dass je 10 dt Ertrag dieses Stickstoffsammlers etwa 10 kg N pro ha für die Folgefrucht produziert würden, berichtete zwischenzeitlich Dr. Schneider. Homburg unterstrich, dass die Ackerbohne früh gepflanzt werden müsse, um gute Erträge zu liefern. In seinem Betrieb erfolge das je nach Witterung schon Ende Februar bei einer Ablagetiefe von 6 cm. Neben den Sommerungen trage auch das pfluglose Bestellen im Familienbetrieb Homburg zur Entzerrung der Arbeitsspitzen bei, so der Diplom-Landwirt.

Feste Lieferverträge

Redner der Tagung des Saatbauverbands, von rechts: Dr. Axel Schreiber, stellvertretender Vorsitzender Saatbauverband Hessen; Prof. Dr. Hans-Georg Frede, Universität Gießen; Dr. Marco Schneider, LLH, und Dipl.-Ing. agr. Lars Homburg.

Bei der folgenden Veranstaltung des VDL gab es schließlich einen Vortrag aus der Sicht eines Biogas-Energieprojektentwicklers zu hören. VDL-Präsident Markus Ebel-Waldmann stellte dazu den Geschäftsführer der Abicon GmbH aus Gilserberg-Moischeid Dr. Andreas Möller vor. Möller berichtete über das Schwälmer-Biogasprojekt, das im Frühjahr vergangenen Jahres mit seiner Bioerdgaseinspeisung begonnen hatte. An der 3,2 ha umfassenden Anlage in Willingshausen-Ransbach beteiligen sich 34 Landwirte mit einer Eigenkapitalhöhe zwischen 5 000 und 100 000 Eu­ro. Die Schwälmer Biogas GmbH & Co. KG ist eine Gesellschaft, die sich aus 50 Prozent Landwirten, 40 Prozent Städtische Werke Kassel AG und zu 10 Prozent Abicon zusammensetzt. Die Anlagekosten belaufen sich auf circa 8 Mio. Euro. Das Betreiben der Bioerdgasanlage übernimmt Firma Abicon, die rund zehn Mitarbeiter zählt. Laufende Aus­wertungen, wie monatliche Mengenbilanzen und Rentabilitätsanalysen, erstellt die Stadt Kassel. Die Anlage benötigt etwa 550 ha Maisfläche. Zu etwa 80 bis 90 Prozent sichert der Anlagenbetreiber den Substratanbau durch Lie­ferverträge ab, die über sechs bis zehn Jahre laufen. Der restliche Substratbedarf werde jeweils im Herbst am Spotmarkt gekauft. Durch die Gesellschafterbeteiligung von Landwirten, kann theoretisch auf einen Fächenpool von rund 5 000 ha zurückgegriffen werden. Eine sichere Substratversorgung sei für den Anlagenbetreiber existenziell, so Möl­ler. Für die Lieferverträge hat man sich dabei mit den Landwirten auf einen festen Preis geeinigt. Variable Preise, angekoppelt am Ge­trei­depreis, hätten seitens der Land­wirte keine Zustimmung gefunden, was zunächst verwunderte. Möller begründete dies allerdings damit, dass man zum einen sich auf einen vergleichbar hohen Substratpreis geeinigt habe und zum anderen die Land­wir­te mit einem Festpreis zugleich eine feste Kalkulationsbasis für ihre eigene betriebliche Entwicklung hätten, die sie unabhängig von der Energiepflanzenerzeugung führten. Moe