Die erste Säule der Direktzahlungen erhalten

Gemeinsam für den Berufsstand einstehen

Auf der Vertreterversammlung des BWV-Kreisverbandes Alzey-Worms vergangene Woche in Worms-Pfeddersheim ging es um die Zukunft der Landwirtschaft zwischen Marktzwängen und gesellschaftlichen Debatten. Gastredner war Wolfgang Vogel, Präsident des sächsischen Bauernverbandes und Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes.

BWV-Kreisvorsitzender Alzey-Worms Holker Pfannebecker wurde als Vorsitzender bestätigt.

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Doch zuvor schlug der BWV-Kreisvorsitzende Holker Pfannebecker in seinem Jahresrückblick einen großen Bogen von der Ernte und den Ereignissen vor Ort bis hin zu den politischen Bedingungen in der EU. „Es ist wichtig, dass die erste Säule der Direktzahlungen erhalten bleibt“, sagte Pfannebecker. „Sie ist das Rückgrat vieler Betriebe hier in der Region.“ Der Kreisvorsitzende betonte aber auch, dass die Landwirtschaft durch die Direktzahlungen im Fokus der Öffentlichkeit steht: „Die Öffentlichkeit und die Politiker schauen genau, was wir machen. Alle Landwirte und Winzer müssen mithelfen, das Ansehen des Berufsstandes zu erhalten“, appellierte Pfannebecker an die anwesenden Landwirte und Winzer. Die immer höheren gesetzlichen Auflagen, die Abhängigkeit von der EU-Politik und die Interessen an dem ländlichen Raum außerhalb der Landwirtschaft würden den Strukturwandel in der Landwirtschaft beschleunigen.

Bewirtschaftung im Vogelschutzgebieten noch offen

Zumal die Landwirte und Winzer durch den Mindestlohn besonders belastet seien, vor allem in Jahren wie dem letzten mit niedrigen Getreidepreisen und rückläufigen Einkommen. Auch der reformierte Zuckermarkt wird nach Pfannebeckers Aussage mehr Risiken mit sich bringen. Wie die Bewirtschaftungsauflagen für die drei neu ausgewiesenen Vogelschutzgebiete im Kreis Alzey-Worms aussehen werden, sei noch ungewiss. „Zurzeit werden von der Unteren Naturschutzbehörde die Bewirtschaftungspläne aufgestellt. Wir als Bauernverband werden sie dann diskutieren“, so Pfannebecker. Beim Thema Düngeverordnung verwies der Kreisvorsitzende darauf, dass eine gewisse Flexibilität erhalten bleiben müsse, um auch künftig in der Region Qualitätsweizen erzeugen zu können.

Gastredner der Veranstaltung war Wolfgang Vogel, Ackerbauer und Präsident des Sächsischen Bauernverbandes. Auch er betonte die Wichtigkeit der Direktzahlungen aus der ersten Säule, die für viele Betriebe existenziell sind. „Wir dürfen uns von der Gesellschaft nicht aufs Auge drücken lassen, dass wir nicht ökologisch wirtschaften“, sagte er. Vogel sprach den rund 100 Mitgliedern und Gästen der Vertreterversammlung aus der Seele, als er auf den Erhalt von Grund und Boden durch die Landwirte als Generationenauftrag verwies. „Die Urbanisierung der Gesellschaft ist das Problem“, so Vogel. Viele hätten sich von der Landwirtschaft entfremdet, wollten aber auf dem Land leben. „Wir ringen um die Anerkennung des Berufsstandes.“

Debatte kommt auf den Ackerbau zu

Der rheinhessische Weinbaupräsident Ingo Steitz.

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Mit Sorge betrachtete Vogel die Tatsache, dass der Ackerbau in der öffentlichen Wahrnehmung neben dem Thema Tierwohl nicht mehr vorkommt. „Dabei ist der Ackerbau die Basis für alles. Ohne ihn gibt es kein Futter für die Tiere und keine Nahrungsmittel.“ Der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes ist sich aber sicher, dass den Ackerbauern noch bevorsteht, was die Tierhalter jetzt durchmachen. „Dann wird uns um die Ohren gehauen, dass wir mit den großen Traktoren durch den Bodendruck das Bodenleben kaputt machen würden und mit dem Pflanzenschutz nur Gift ausbringen.“ Dabei sei der Pflanzenschutz enorm wichtig, um gesunde Nahrungsmittel zu produzieren. „Damit das so bleibt, brauchen wir die Politik auf unserer Seite“, sagte er mit Blick auf die Zulassungssituation beispielsweise bei Glyphosat. Und sparte auch nicht mit Kritik am eigenen Berufsstand, der sich nicht auf ein Verbot des Einsatzes von Glyphosat zur Sikkation im Getreide habe einigen können. „Wir müssen der Gesellschaft ein Stück weit entgegenkommen und lernen, mit der Kritik der Gesellschaft umzugehen“, sagte Vogel. Allerdings dürfte das nicht bedeuten, dass sich die Landwirtschaft in der Diskussion über Nachhaltigkeit als Umweltschädiger darstelle, wie es der nordrhein-westfälische Bauernverband getan habe.

Über die Situation auf dem Getreidemarkt sagte Vogel, dass sie eine der größten Krisen sei, die die Landwirtschaft in den letzten 25 Jahren erlebt habe. „In keinem Bereich gibt es mehr Wertschöpfung, die Gefahr ist groß, dass sich der Strukturwandel beschleunigt.“ Auch für die nächste Zeit rechnet der Landwirt nicht mit einer deutlichen Markterholung. Umso wichtiger sei eine Preisabsicherung über die Börse oder über Vorkontrakte mit dem Handel. Vogel machte aber auch deutlich, dass es Nahrungsmittel nicht zum Ramschpreis geben darf. Er sieht die Politik gefordert, einzugreifen und betonte, dass der Bauernverband wichtig ist, um an die Supermärkte zu appellieren. Vogel, der auch Vorsitzender der UFOP ist, sagte in Pfeddersheim sehr deutlich, dass die Biokraftstoffe der ersten Generation wie Bioethanol und Biodiesel wichtig für die Landwirtschaft und die Umwelt sind. „Außerdem brauchen wir das Rapsschrot, denn es ist das einzige heimische Eiweißfuttermittel, das in größeren Mengen zur Verfügung steht.“ Auch die Lebensmittelketten forderten schließlich immer mehr GVO-frei erzeugte Milch. „Aber die Bauern dürfen sich nicht mit einem Preisaufschlag von 1 Cent je kg Milch abspeisen lassen“, forderte Vogel.

Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes Wolfgang Vogel.

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Ingo Steitz, rheinhessischer Weinbaupräsident, gab einen Rückblick über das turbulente Weinbaujahr, das durch Wetterkapriolen geprägt war, die es lange nicht mehr gegeben hat. Die hohen Niederschläge in den Monaten Mai bis Juli gipfelten in einem hohen Peronosporadruck, der vor allem für Ökowinzer kaum beherrschbar war. „Die Medien haben mit großem Interesse das Thema aufgenommen und darüber berichtet“, so Steitz.

Hoffnung auf flotteren Weinmarkt

Es sei erstaunlich gewesen, dass der Pflanzenschutzmittel­einsatz im Wein akzeptiert, im Ackerbau aber verteufelt werde. „Wein ist ein Kulturgut, es ist greifbar und hat eine Herkunft. Das ist wichtig für die Wertschätzung. Das ist leider bei den anderen Produkten verloren gegangen.“

Steitz lobte die gute und pragmatische Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsministerium unter der Führung von Dr. Volker Wissing in Entscheidungen wie der Absenkung des Mostgewichts bei Dornfelder, um die Gefahr durch die Kirschessigfliege zu bannen, oder der erhöhten Anreicherung. Steitz begrüßte auch die Initiative Wissings, sich stärker um die Weinvermarktung kümmern zu wollen. Die Preise auf dem Weinmarkt haben sich seiner Aussage nach etwas gebessert, auch das Plus von fünf Prozent mehr rheinhessischer Weine bei der Qualitätsweinprüfung sei ein positives Zeichen. „Die Erwartung ist da, dass der Markt wieder flotter läuft.“ Der Weinbaupräsident regte an, die Marke Liebfrauenmilch wieder zu beleben, um Exportanteile wiederzugewinnen. „Wir brauchen neue Konzepte für den deutschen Wein“, sagte er. Eine Debatte über Liebfrauenmilch gehört für ihn dazu. Aber auch der Weinkonsum im Inland stagniere. Hier müsste gemeinsam mit den Handelspartnern und der Werbegemeinschaft nach neuen Wegen gesucht werden.

ibs – LW 6/2017