Nicht größer und breiter, sondern intelligenter
Maschinenring bietet hessenweites RTK-Signal an
Der Maschinenring Limburg-Weilburg veranstaltete kürzlich in Limburg-Ahlbach einen Feldtag unter dem Titel „In der Spur bleiben“. Auf dem Irmtrauter Hof von Frank Sauer informierten sich etwa 500 Landwirte über die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten automatischer Lenksysteme – von der Bodenbearbeitung bis zur Ernte.
„Landwirtschaftliche Maschinen werden künftig immer häufiger mit Navigationstechnik und Lenkunterstützung ausgestattet, damit zentimetergenaue Zielführung und ein exaktes Wiederfinden von Fahrspuren möglich wird. Neben einer deutlich entspannteren Arbeitssituation für den Landwirt, können dadurch Betriebsmittel wie Saatgut, Dünger, Kraftstoff, Verschleißteile und Zeit eingespart werden“, so kündigte der Maschinenring (MR) die Veranstaltung im Vorfeld an.Und wer sich einen neuen Schlepper oder Mähdrescher anschaffe, bekomme die technischen Voraussetzungen für Precision Farming meist ab Werk vorsinstalliert; ältere Modelle ließen sich nachrüsten.
Kostensenkungen sind weiterhin notwendig
Der Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes, Armin Müller, stellte fest, dass den Landwirten immer mehr die Kosten davon liefen. „Aktuell sinken die Preise für Getreide und Raps; teilweise werden sie auch nach unten geredet. Klar ist, dass wir Bauern weiter unsere Kosten senken müssen, auch durch den Einsatz modernster Technik wie beispielsweise automatischer Lenksysteme.
Auch Uwe Roth, Geschäftsführer der Landesarbeitsgemeinschaft der Maschinenringe und Landtechnischen Fördergemeinschaften in Hessen, wies auf die Notwendigkeit weiterer Kostensenkungen im Ackerbau hin. Bisher sei das durch immer größere Maschinen gelungen; diese Entwicklung stoße nun aber an ihre Grenzen, da noch größere Maschinen nicht mehr auf deutschen Straßen bewegt werden könnten.
„Mehr Effizienz kann heute nur noch über höhere Genauigkeit erreicht werden. Die Nutzung hochexakter RTK-Signale zur Steuerung von Landmaschinen wird uns künftig Möglichkeiten eröffnen, an die heute noch nicht einmal denken“, prognostizierte Roth.
Eine Voraussetzung dafür sei ein hochgenaues, flächendeckendes und zu jeder Zeit verfügbares GPS-Signal. „Und das gibt es jetzt beim Maschinenring für richtig wenig Geld“, so Roth.
RTK-Stationen werden über das Internet verknüpft
Eckhard Baumgarten, Geschäftsführer der in Hessen für das Projekt federführenden Maschinenringe Wetterau und Limburg/Weilburg, erläuterte das System dem LW gegenüber. In Zusammenarbeit mit der Firma Reichhardt Steuerungstechnik in Hungen habe man ein über ganz Hessen verteiltes Netz von RTK-Basisstationen aufgebaut, das flächendeckend die notwendigen Korrektursignale bereitstelle. Diese etwa 15 Stationen stehen teilweise auf Mitgliedsbetrieben, zum Teil aber auch an den Geschäftsstellen der regionalen Maschinenringe.Das sogenannte RTK-Clue von Reichhardt bildet daraus über das Internet ein Cluster. Der zentrale Server wird von Reichhardt in Hungen betrieben. Das korrigierte Signal wird dann ebenfalls per Internet an die Maschine des Anwenders übermittelt – Voraussetzung ist daher eine stabile Mobilfunkverbindung. So werde eine Genauigkeit von 2 bis 3 cm erreicht.
Jeder Landwirt soll moderne Lenksysteme nutzen können
„Die Anschaffung eines hochgenauen automatischen Lenksystems mit dafür notwendiger eigener RTK-Station lohnt sich für viele Landwirte nicht, für Lohnunternehmer aber ist die Reichweite einer einzelnen Basisstation oft zu gering. Zwar überwinden RTK-Korrekturdienste die begrenzte Reichweite, für den Anwender ist diese Lösung durch die aufwendige Infrastruktur allerdings ziemlich teuer.
Daher haben wir es uns zum Ziel gemacht, durch eine Kooperation der ÜMV-Organisationen in Hessen unseren Landwirten ein flächendeckendes und kostengünstiges Korrektursignal zur Verfügung zu stellen.“ Das Angebot richtet sich, wie Baumgarten weiter ausführte, nicht nur an Mitglieder.
Der Geschäftsführer rechnet für die drei RTK-Stationen im Bereich seines MR-Wetterau mit etwa zwei Dutzend Lizenznehmern, was für den wirtschaftlichen Betrieb ausreiche.
Kostenvorteile und Einsparpotenziale

Foto: Becker
„So wollen wir dafür sorgen, dass jeder Landwirt moderne Lenksysteme nutzen kann, auch wenn er nur über eine relativ geringe Betriebsgröße verfügt“, sagte Eckhard Baumgarten.
Die Kostenvorteile und Einsparpotenziale beim Einsatz von Lenksystemen ergäben sich aus der Reduzierung von Überlappungen, Einsparung von Betriebsmitteln, optimaler Ausnutzung der Arbeitszeit und durch verbesserte Arbeitsbedingungen. Laut Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) liegt das Einsparpotenzial eines automatischen Lenksystems mit RTK-Nutzung bei gut 20 Euro/ha (bei Fruchtfolgen ohne Kartoffeln, Schlaggrößen um 5 ha und Arbeitsbreiten von 3 bzw. 18 m; bei Kartoffeln spart man deutlich mehr).
Maschinenvorführungen mit live-Bildern aus der Kabine
Während der Vorführung der Maschinen im Einsatz wurden Fernsehbilder live aus der Schlepperkabine an den Feldrand übertragen, wo eine in einem LKW montierte Leinwand den Landwirten das Geschehen in der Kabine zeigte. Demonstriert wurde unter anderem, wie gerade Strecken angelegt oder Kurven vorgegeben und vom System um jeweils exakt eine Arbeitsbreite versetzt wiederholt werden konnten, ohne dass der Fahrer in die Lenkung eingreifen muss.
Zahlreiche namhafte Traktoren- und Gerätehersteller ließen ihre Gespanne über die Flächen des Irmtrauter Hofes fahren und verdeutlichten die Möglichkeiten bei der Bodenbearbeitung, Düngung, Aussaat und bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in Spritzen mit Teilbreitenabschaltung. Hier wurde zur besseren Anschaulichkeit mit eingefärbtem Wasser gearbeitet.
Die Praxisdemonstration zeigte aber auch die Anfälligkeiten des Systems, beispielsweise wenn durch die Anwesenheit der Funk-Kamera in der Kabine die Verbindung zum Mobilfunknetz und damit zum RTK-Signal abriss. Natürlich wird man normalerweise keinen Kameramann an Bord haben. Aber wie zu erfahren war, gibt es im Ballungsraum des Rhein-Main-Gebietes immer wieder Probleme, wenn zu Stoßzeiten sehr viele Handy-Nutzer aktiv sind und dann von den Mobilfunk-Anbietern Telefonsignale gegenüber Ortungsanwendungen vorrangig behandelt werden. An solchen Signalausfällen muss weiter gearbeitet werden.
KB – LW 36/2013