Das Grundwasser hält sich nicht an die Vorgaben
Hohe Nitratwerte trotz vorbildlicher Bewirtschaftung
Seit 1993 berät die Arbeitsgemeinschaft Gewässerschutz und Landwirtschaft (AGGL) Landwirte in Wasserschutzgebieten zum vorbeugenden Gewässerschutz und betreut Kooperationen zwischen Wasserversorgern und Bauern. Leider hat das „Otzberg-Projekt“ bei Groß-Umstadt trotz dieser langen Zeit bisher nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht – ganz im Gegenteil sind die Nitratwerte einzelner Brunnen im Beratungsgebiet sogar angestiegen. Um den Ursachen auf den Grund zu gehen, haben AGGL und der Zweckverband Gruppenwasserwerk Dieburg (ZVG) Untersuchungen in Auftrag gegeben und letzte Woche erste Auswertungen im Rahmen einer Informationsveranstaltung vorgestellt.

Foto: Becker
Erhöhte Nitratwerte am Brunnen Habitzheim
Dennoch sei die Wasserqualität aufgrund der vor allem am Brunnen Habitzheim erhöhten Nitratwerte Gegenstand öffentlicher Diskussionen geworden – nicht zuletzt wegen der Berichterstattung im Darmstädter Echo. „Leider musste der zuständige Redakteur heute Absagen“, bedauerte Wittwer. Er lobte ausdrücklich die Zusammenarbeit mit den örtlichen Landwirten und der AGGL; aber gerade deshalb gelte es, die Ursachen für die erhöhten Werte zu benennen.Dazu wurde das Gutachterbüro Terr Aquat aus Nürtingen beauftrag, über drei Jahre hinweg den tatsächlichen N-Austrag aus den landwirtschaftlichen und nicht-landwirtschaftlichen Flächen im Einzugsgebiet zu messen.
Messung des tatsächlichen N-Abflusses aus der Wurzelzone
Der Diplom-Geoökologe Andreas Schwarz stellte die Ergebnisse aus dem ersten Jahreszeitraum vor und konnte mit einigen Überraschungen aufwarten. „Es handelt sich hierbei ausdrücklich um vorläufige Ergebnisse, wir wollen aber schon jetzt auf mögliche Ursachen und eventuell zu ergreifende Maßnahmen aufmerksam machen“, betonte er. Zum Vorgehen erläuterte Schwarz, dass man zur Messung des tatsächlichen Nitratflusses aus der durchwurzelbaren Zone in einem Meter Tiefe zahlreiche Akkumulatoren eingebaut habe, die in Ionenaustauschern über ein Jahr den Nitratstickstoff adsorbieren. Diese seien nun – nach dem ersten Untersuchungsjahr – ausgebaut und ausgewertet worden. „Im Gegesatz zu Nmin-Werten, die nur die potenzielle Auswaschungsgefahr anzeigen, können wir mit dieser Methode den tatsächlichen Fluss aus der Fläche heraus messen“, sagte Schwarz. Und die Nmin-Werte in der Beratungsregion seien ja auch über die Jahre in Ordnung, nur eben die Werte in einigen Trinkwasserbrunnen nicht.
Zumindest 2015 kein N-Austrag aus der Landwirtschaft
„Unsere Ergebnisse aus dem trockenen Jahr 2015 zeigen, dass der Stickstoff in den oberen Bodenschichten geblieben ist, was wegen der sehr geringen Sickerwassermenge zu erwarten war. Lediglich eine als „Biotop“ bezeichnete Fläche direkt neben dem Brunnen Habitzheim hat mit 151 kg N/ha eine auffällig hohe Nitratmenge abgegeben. Diese Fläche sollte, auch hinsichtlich ihrer Historie, gründlicher untersucht werden“, lautete das Zwischenfazit des Geoökologen. Mögliche Ursachen für die N-Problematik an den Brunnen der Region sehe Schwarz also einerseits in möglichen Punktquellen, wie dem sogenannten Biotop, aber auch darin, dass das Wasserschutz- beziehungsweise Beratungsgebiet nicht deckungsgleich mit dem Grundwassereinzugsgebiet der Brunnen sein könnte. Die Art der hier betriebenen Landwirtschaft und auch die langjährigen Nmin-Werte sprächen dafür, dass die Belastungen zumindest teilweise von außerhalb durch horizontale Grundwasserströme in das Gebiet eingetragen werden. Dies müsse weiter untersucht werden, so Schwarz. „Es ist eben nicht so, dass alles, was oben auf die Fläche draufkommt, unten so wieder zu finden ist. So einfach verhält sich das Wasser im Untergrund nicht“, stellte Dr. Angela Homm-Belzer, AGGL, in der anschließenden Diskussion fest.
KB – LW 20/2016