Mehr Hagelunwetter im Südwesten erwartet
Mitgliederversammlung des Vereins zur Hagelabwehr
Der Vorsitzende des Vereins zur Hagelabwehr Vorder- und Südpfalz, Reinhold Hörner, konnte am vergangenen Dienstag auf der Mitgliederversammlung des Vereins in Bad Dürkheim einen prominenten Gast begrüßen: Die Meteorologin und Fernsehmoderatorin Dr. Katja Horneffer. Die Wetterexpertin sprach darüber, dass das Hagelrisiko im Klimawandel eher noch zunehmen wird – und dass sich Schäden durch Hagelunwetter durch das Impfen der Wolken reduzieren lassen.

Foto: Brammert-Schröder
Global war 2015 das wärmste Jahr
So sei El Nino in 2015/16 deutlich stärker als in den Jahren 1987/88, als er schon einmal in vielen Ländern der Erde für Dürre sorgte. „Global war 2015 das wärmste Jahr“, sagte Horneffer. Aber auch die Menschen in Deutschland haben im vergangenen Sommer bei Höchsttemperaturen geschwitzt, mit einer Durchschnittstemperatur von 9,9° C war es gegenüber dem langjährigen Mittel aus den Jahren 1981 bis 2010 um 1° C wärmer. Gegenüber dem Mittel aus den Jahren 1961 bis 1990 war 2015 sogar 1,7° C wärmer. „Die Durchschnittswerte geben aber noch keine Auskünfte über Extremwetterlagen“, erklärte die Wetterexpertin.
Mehr kinetische Energie, größere Hagelkörner
Eine Antwort gibt ein Blick in die europäische Extremwetterstatistik, die seit dem Jahr 1525 geführt wird. Hier werden nach den Worten Horneffers die Hagelereignisse aufgezeichnet. „In Deutschland wurden seit Beginn der Aufzeichnung insgesamt
1 239 große Hagelereignisse aufgelistet. Allein 2013 gab es zwölf, die sich vor allem auf Süddeutschland und den Norden konzentriert haben. Zum Teil waren die Hagelkörner tennisballgroß“, erklärte Katja Horneffer. Zu diesen starken Gewittern mit Hagel komme es vor allem in Omega-Wetterlagen, wenn ein Hochdruckgebiet zwischen zwei Tiefs gefangen sei und sich diese Wetterlagen verhaken und nicht mehr bewegen.
Normalerweise gibt es zwischen zehn und 30 Hageltage im Jahr. „Aber die Variabilität ist groß, und auch die Regionalität, wo sie auftreten“, so Horneffer. Und nicht jeder Hagel verursacht große Schäden. „Untersuchungen aus 2013 zeigen, dass die potenzielle Gewitterenergie zunimmt, weil die Luft wärmer wird und mehr Wasserdampf enthält. Auch die kinetische Energie des Hagels nimmt zu.“ So bildeten sich immer mehr größere Hagelkörner mit größerem Schadenspotenzial. Für die nächsten fünfzig Jahre gehen Studien laut Katja Horneffer davon aus, dass die Gewitterereignisse und auch die Hagelschäden im Südwesten Deutschlands, und damit auch entlang des Rheins, zunehmen, während sie in Bayern geringer werden.
Doch wie kommt es überhaupt zu Hagel? Katja Horneffer erklärte den Prozess, den ein zunächst ganz kleines Eiskristall in einer Gewitterwolke durchläuft. In der Gewitterwolke sind nur ganz wenige sogenannte Kondensationskeime enthalten, also kleinste Partikelchen, an denen sich der Wasserdampf sammeln kann. Die kleinen Hagelkörner werden in der Gewitterwolke durch die Aufwinde immer wieder nach oben geschleudert und binden das Wasser in der Wolke an sich. Die Aufwinde sind umso stärker, je heißer die Luft am Boden ist. Je größer die Aufwinde sind, desto größer können die Hagelkörner werden. Wenn sie so schwer sind, dass sie von den Aufwinden nicht mehr mitgenommen werden, fallen die Hagelkörner zu Boden.
Als Mittel der Wahl, um Schäden durch Hagel einzudämmen, betrachtet die Wetterexpertin den Einsatz von Hagelflugzeugen, die ein Silberjodid-Aceton-Gemisch in den Rauchgasgeneratoren verbrennen und in den Aufwindkanal der Gewitterwolke sprühen. „Durch den Einsatz von Silberjodid wird die Wolke mit Kondensationskeimen geimpft. Die Hagelkörner werden kleiner und schmelzen teils auf dem Weg zum Boden“, erklärte Horneffer.
Von der Wirksamkeit der Methode ist auch Reinhold Hörner, der Vorsitzende des Vereins zur Hagelabwehr Vorder- und Südpfalz, überzeugt. Er berichtete auf der Mitgliederversammlung über die sieben Einsätze, die die beiden Hagelflugzeuge des Vereins im vergangenen Jahr absolviert haben. „Zum Teil waren es sehr starke Gewitter, wie das am 5. Juli, das sich geteilt hat. Der eine Teil ist weiter nach Norden gezogen und hat in Framersheim bei Alzey große Schäden angerichtet. Bei uns ist durch den Einsatz der Hagelflieger kein Schaden entstanden“, so Hörner. Inzwischen hat der Verein ein zweites eigenes Flugzeug gekauft, es wird gerade in Österreich für den Einsatz umgerüstet und demnächst zurück erwartet. Der Vorsitzende machte noch einmal deutlich, wie wichtig die Hagelabwehr vor allem für die Winzer und Landwirte in der Region ist. „Durch Hagel entstehen langjährige Schäden, die die Existenz der Betriebe bedrohen können, wenn beispielsweise Vertriebswege für den Wein wegbrechen, weil die Menge nicht vorhanden ist. Teilweise gibt es in den Regionen, in denen viel Hagelschäden entstanden sind, auch keine Versicherungsmöglichkeit mehr.“ Darüber hinaus würden aber auch immer mehr Kommunen, außerlandwirtschaftliche Betriebe und Bürger dem Verein beitreten. Hörner appellierte deshalb an alle Mitglieder, Werbung für den Verein zu machen.
Ziel sei es, mindestens 1 000 Mitglieder zu erlangen
Ziel seien langfristig mindestens 1 000 Mitglieder, um die Kosten für die Flugzeuge aus Mitgliedsbeiträgen zu decken. Erfreulich sei, dass die Sparkassen aus Bad Dürkheim und der Südlichen Weinstraße je 5 000 Euro sowie die Sparkassen aus Germersheim und Ludwigshafen je 3 000 Euro für das neue Flugzeug gespendet haben. In der Vergangenheit haben die VR-Banken aus der Region den Verein nach den Worten des Vorsitzenden in gleicher Höhe unterstützt.
Bei den Nachwahlen zum Vorstand wurde Weinbaupräsident Klaus Schneider einstimmig zum zweiten Vorsitzenden gewählt. Er übernimmt das Amt von Edwin Schrank. Neu in den Vorstand gewählt wurde Markus Laux, Vorstandsmitglied der VR Bank Südliche Weinstraße.
ibs – LW 17/2016