Im Herbst den Boden für die Rübe bereiten

Überlegungen zum Umgang mit Stroh vor dem Zuckerrübenanbau

Schlechte Feldaufgänge, heterogene Bestandsentwicklung und beinige Rüben sind nach wie vor in der Praxis vorzufinden. Oft liegt die Ursache im unsachgemäßen Umgang mit Stroh und Ernteresten begründet. Höchsterträge jedoch sind nur bei optimaler Entwicklung jeder einzelnen Pflanze möglich. Für einen guten Start der Rüben ist daher ein gekonntes Strohmanagement die Grundvoraussetzung.

Beim Getreide-Hochschnitt wird eine Nachbearbeitung der Stoppeln notwendig.

Foto: landpixel

Ernterückstände erfüllen im Ackerbau wichtige positive Funktionen wie beispielsweise Nährstoff- und Humusrückführung, Erosions- oder Verdunstungsschutz; andererseits jedoch sind auch wichtige negative Effekte zu berücksichtigen. Für den Zuckerrübenanbau sind insbesondere die folgenden Faktoren zu benennen: Förderung von Schnecken und Mäusen, potenzielle Behinderung der Boden­bearbeitungs- und Saattechnik, Störung des Feldaufganges und der Jugendentwicklung sowie eine erschwerte Bestandesetablierung. Bei einem hohen Strohbeckungsgrad können sich auch Probleme bei der Wirkung von Bodenherbiziden ergeben. Ziel des Strommanagements muss es sein, die positiven Effekte zu nutzen und die negativen Faktoren zu entschärfen. In der Anbaufolge von Rüben nach Getreide ermöglicht eine komfortable Zeitspanne zwischen Ernte und Aussaat (etwa 27 bis 30 Wochen) mehrfache Handlungsoptionen.

Option eins: Strohverkauf

Vordergründig betrachtet erscheint der Verkauf von Stroh als einfachste und wirtschaftlichste Lösung. Werden aber der Nährstoff- und Humusverlust kalkuliert und die Ersatzkosten berechnet, zeigt sich ein ganz anderes Bild: Es ergibt sich erst dann eine Wirtschaftlichkeit, wenn aus Gersten- oder Weizenstroh Preise über 120 Euro/ha „aus dem Schwad“ erzielt werden können. Ein Ausgleich durch Kompostdüngung ist erst dann interessant, wenn der Preis unter zehn Euro je Tonne „frei Wurzel“ liegt. Der Anbau von Zwischenfrüchten ersetzt den Entzug an Humus-C nicht vollständig und liefert die mit dem Stroh entzogenen Nährstoffe nicht zurück.

Option zwei: Pflugeinsatz

Der Pflugeinsatz (nur auf Flächen ohne Erosionsgefährdung) verbindet das Prinzip des „reinen Tisches“ mit krumentiefer Lockerung. Allerdings erfolgt durch die Schare eine Wendung des Erdbalkens um etwa 135°. Zusätzlich legen die Vorschäler Bewuchs und Stroh auf der Pflugsohle ab. Es besteht die Gefahr der „Matratzenbildung“, der Konservierung von Stroh im anaeroben Bereich, von Silier-und Fäulnisprozessen bei Nässe und von Verdichtungen unterhalb der Pflugsohle. Da gerade die Rübe sehr empfindlich auf solche Bedingungen reagiert, muss Vorsorge getroffen werden. Auf die mischende Vorarbeit eines Grubbers vor dem Pflug sollte keinesfalls verzichtet werden

Option drei: Strip-Till- Verfahren

Ziel dieser Verfahrensweise ist es, nur noch den Reihenbereich intensiv zu lockern und gleichzeitig ein Düngerdepot abzulegen. Es ergeben sich Vorteile in der Arbeitserledigung und ein hohes Maß an Bodenschutz. Jedoch wird das Stroh durch die Lockerungszinken beiseite geräumt und im Reihenzwischenraum konzentriert. Unter dem Aspekt einer sicheren Wirkung von Bodenherbiziden erscheint dies als fragwürdig. Muss auf schwereren Böden vor dem Einsatz der Lockerungszinken ganzflächig vorgearbeitet werden, ist die Vorteilhaftigkeit dieser Verfahrensweise im Vergleich zur klassischen Mulchsaat von Zuckerrüben infrage zu stellen.

Option vier: Mulchsaat

Mulchsaaten haben sich in der Praxis etabliert, da sie je nach Erfordernis sehr variabel angepasst werden können. So kann die Lockerungsintensität sehr flach, aber auch nahezu krumentief erfolgen. Die Integration von Zwischenfrüchten vor Rüben ist problemlos möglich, es kann jedoch auch im Strohmulchverfahren gearbeitet werden. Ziel sollte es sein, notwendige Lockerungsmaßnahmen in den Spätsommer oder Herbst vorzuverlegen, so dass im Frühjahr nur eine schnelle und flache Maßnahme zur Krümelung und Erwärmung des Saathorizontes durchzuführen ist. Insbesondere dann sollten Strohmanagementmaßnahmen überdacht und richtig gestaltet werden. Trotz aller Fortschritte in der Entwicklung der Gerätetechnik bestehen Grenzen der Leistungsfähigkeit. Grundsätzlich gilt, dass langes Stroh nicht effizient eingearbeitet werden kann, sondern an der Oberfläche „schwimmt“ und sich nicht ausreichend verfestigen lässt. Ein weiteres Problem ist auch, dass sich eine schlechte Strohverteilung bei der Getreideernte kaum nachträglich korrigieren lässt.

Langes oder schlecht verteiltes Stroh erfordert hohen Aufwand

Solche Bedingungen erfordern einen hohen technischen Aufwand bei der Stoppelbearbeitung und damit einhergehend hohe Kosten. Statt einfacher Geräte (Scheibenegge) müssen zur Strohbedeckung durch Boden aufwändige, schwere Geräte mit Werkzeugkombinationen (Zinken, Scheibe, Nivelatoren) eingesetzt werden. In Bezug auf die Stroh Zerkleinerung und vor allem Umverteilung leisten insbesondere älterere Mähdrescher oft keine ausreichend gute Arbeit. Außerdem erfordert der Stroh-Häcksler Reserven bei der Motorleistung (bei 6 m Schnittbreite rund 100 PS). Moderne Mähdrescher werden daher ab 7 m Arbeitsbreiten mit Aktivverteilern ausgestattet und leisten unter normalen Bedingungen dann gute Arbeit, wenn Leistungsreserven vorgehalten werden (keine volle Ausnutzung maximal möglicher Schnittbreiten). Widrige Bedingungen jedoch können auch diese Maschinen an die Grenze der Leistungsfähigkeit bringen. So sind es vor allem die Strohfeuchte und die Konsistenz (Zähigkeit/Elastizität), die Durchsatzleistungen und Häckselqualität bestimmen. Seitenwind und Hanglagen können die Situation zusätzlich erschweren.

Getreidedrusch im Hochschnittverfahren

Der Getreidedrusch im Hochschnittverfahren (etwa mit halber Halmlänge) eröffnet interessante Optionen. Da der größte Massenanteil des Stroms auf dem Acker verbleibt werden Drusch- und Häckselaggregate deutlich entlastet, die Probleme der Strohverteilung insbesondere bei sehr großen Arbeitsbereichen entschärft. Die Druschgeschwindigkeit kann deutlich auf etwa 7 km/h – in dünnen Beständen unter 500 Ähren/m2 auch darüber hinaus – gesteigert werden, während der Dieselverbrauch gleichzeitig um 5 bis 8 l/ha sinkt. Neben diesen „harten Faktoren“, die monetäre gut bewertbar sind, können mit dem Verfahren weitere „weiche Faktoren“ verbunden werden, die von Fall zu Fall eine unterschiedliche Relevanz haben können. So könnten zum Beispiel durch Ausnutzung optimaler Erntetermine geringere Trocknungskosten anfallen; eine Verlängerung der Druschzeiten pro Tag, geringerer Maschinenverschleiß und höhere Kampagneleistungen können ebenfalls ins Kalkül gezogen werden.

Abfuhrlogistik auf höhere Flächenleistung einstellen

Andererseits sind auch wichtige weitere Rahmenbedingungen zu bedenken. So muss zum Beispiel die Abfuhrlogistik auf die deutlich höhere Flächenleistung des Dreschers eingestellt werden. Da sich zwangsläufig eine Nachbearbeitung der Stoppeln ergibt, müssen die Mähdruschkosten tatsächlich spürbar sinken. Das ist beispielsweise dann nicht der Fall, wenn der Lohnunternehmer von einem pauschalen Ansatz nicht abrücken will. Voraussetzung ist auch, dass ein guter Strohhäcksler für die nachträgliche Zerkleinerung verfügbar ist und auf steinfreien, möglichst ebenen Äckern gearbeitet werden kann. Daher muss über die Ernte im Hochschnitt immer in der Einzelsituation entschieden werden. Die Zuckerrübe in der Anbaufolgen nach Getreide bietet grundsätzlich günstige Bedingungen für den Hochschnitt. So ergibt sich durch die lange Anbaupause durchaus die Möglichkeit, eine relativ späte Zerkleinerung und gegebenenfalls Einarbeitung der mürben Stoppeln im Spätherbst oder im Frühjahr durchzuführen. Bei guter Bodengare kann dann mit wenigen Arbeitsgängen und geringen Kosten gearbeitet werden und der Erosionsschutz bleibt vollständig erhalten.

Zuckerrüben kommen dem Hochschnittverfahren entgegen

Ein deutliches Manko ist, dass derzeitige Mulchersysteme nicht für den Einsatzzweck der Strohzerkleinerung konstruiert und fortlaufend optimiert wurden. Aus den stumpf schlagenden Werkzeugen resultiert ein relativ hoher Energiebedarf und nicht immer ist ein optimales Arbeitsergebnis gewährleistet. Deutliche Vorteile ergeben sich für das Hochschnittsystem, wenn zeitgleich mit der Mulcherüberfahrt eine flache Bodenbearbeitung kombiniert werden kann. Spezielle Mulcher oder leistungsstarke Systemschlepper mit zwei gleichwertigen Anbaubauräumen ermöglichen dies bereits heute. Zukünftig sind Neuentwicklungen gefordert, die mit scharfer Schnitttechnologie und geringerem Energieaufwand arbeiten. Absolut vorteilhaft sind Aggregate, die am Schneidwerk des Mähdreschers angebaut werden können und die hohen Stoppeln erfassen, noch bevor sie von Fahrzeugreifen nieder gedrückt werden. Günter Stemann,

FH Südwestfalen, Fachbereich Agrarwirtschaft Soest – LW 33/2017