Dieses Jahr ist wohl eher ein Futterjahr
Erntegespräch des KBV Marburg-Kirchhain-Biedenkopf
Dieses Jahr ist wohl eher ein Futterjahr. Die vor der Ernte vielversprechenden Getreidebestände haben dagegen enttäuscht, sowohl im Ertrag wie auch bei den Qualitäten. Dieses Fazit zogen die Redner beim Erntepressegespräch des Kreisbauernverbandes Marburg-Kirchhain-Biedenkopf am Freitag vergangener Woche auf dem Betrieb von Andreas Wagner-Rücker in Lohra-Damm.

Foto: Mohr
Die während der ganzen Vegetationszeit vorhandene Wassersättigung der Böden habe den Stoffumsatz behindert, stellte Herbert Becker vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) heraus. Das habe sich gerade auf guten Böden ausgewirkt. Beim Getreide habe es einen starken Pilzdruck gegeben, wie Becker berichtete. In den Sortenversuchen sei dies bei dem großen Ertragsunterschied von 30 Prozent zwischen behandelten und unbehandelten Versuchsfeldern bei der Wintergerste sehr deutlich geworden. Beim Weizen war erstmals seit 2003 ein beträchtlicher Befall mit Blattseptoria zu verzeichnen. Außerdem gab es großen Druck mit Gelbrost und im Kreisgebiet besonders auch mit Braunrost. Bei der Wintergerste war Ramularia die Hauptkrankheit. Der Pflanzenschutz zur rechten Zeit habe also in diesem Jahr eine große Rolle gespielt, stellte der Pflanzenbauexperte heraus. Von guten Ernten berichtete Becker bei Triticale.
Profiteur ist in diesem Jahr der Mais, wie Becker weiter berichtete. Er geht von viele Masse und einer guten Qualität aus. Zu beachten sei, dass die Bestände in ihrer Entwicklung weit auseinanderliegen, wegen der zeitlichen Abstände in der Aussaat aufgrund der häufigen Regenfälle.
Ein Problem ist in diesem Jahr, dass eine durchschnittliche Ernte auf einen schwachen Preis trifft. Hintergrund sind die Getreidemengen aus der Ukraine und aus Russland, die auf den heimischen Markt drücken. Dies machten Lölkes und der Kreislandwirt Frank Staubitz deutlich.
Der Vizepräsident des hessischen Bauernverbandes, Volker Lein, wies auf die Schwierigkeiten beim ersten Grasschnitt wegen der nassen Böden hin und auf die kleinen Zeitfenster bei der Getreideernte. Allerdings seien die Landwirte gewohnt, mit Wetterunbilden umzugehen. Von der Politik forderte er mehr Einsatz für moderne Züchtungsverfahren.
Lein beklagte ebenso wie Karin Lölkes den starken Rückgang der Tierhaltung. Die Situation werde durch den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Hessen noch verschärft. Im Landkreis Marburg-Biedenkopf hat die Zahl der schweinehaltenden Betriebe von 2010 bis 2020 um 60 Prozent abgenommen. Aktuell gebe es noch 253 Betriebe, wie Lölkes berichtete. Zudem gebe es nur noch 25 Sauenhalter mit insgesamt 420 Sauen, wobei der einzig große Betrieb über die Hälfte der Tiere hält. Die KBV-Vorsitzende forderte außerdem mit Blick auf den Flächenverbrauch, dass zuerst Dachflächen statt Freiflächen mit Photovoltaik-Anlagen zu bestücken seien.
Die Bürgermeisterin von Lohra, Karina Schlemper-Latzel, berichtete, dass es zwar Anfragen bei der Gemeinde für Freiflächen für das Aufstellen von Photovoltaikanlagen gebe. Allerdings gibt es in der Gemeinde zu diesem Zweck keine Ausweisung von Flächen.
Jens Eidam von der Abteilung Landwirtschaft des Landkreises wies auf die sehr zurückhaltende Investitionstätigkeit hin, was er an der geringen Zahl an Förderanträgen ablas. Dies liege an den unklaren politischen Rahmenbedingungen. Er kritisierte außerdem die immer komplexeren Regelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik.
CM – LW 33/2024