Auf zu neuen Wegen

Vinocamp Rheinhessen 2017

Beim Vinocamp Rheinhessen in Flörsheim-Dalsheim haben 22 Weingüter ihre Weine kostenlos zur Verfügung gestellt. Neun Weingüter aus Nieder-Flörsheim und fünf weitere aus Rheinhessen haben sich aktiv beteiligt. Aber nicht nur Winzer und andere Fachleute waren anwesend, sondern auch viele Laien, insgesamt 55 Teilnehmer, die Wein und Genuss schätzen.

Beim Speed-Dating mit 12 rheinhessischen Winzern hatte jedes Weingut fünf Minuten Zeit drei Weine einer kleinen Gruppe zu präsentieren. Das zwingt zur Präzision: Philosophie des Weinguts, Weinbeschreibung und Besonderheiten des Weins.

Foto: J. Kaiser

Regionale Vinocamps sind Barcamps, bei denen die Teilnehmer in großem Umfang selbst bestimmen, was abläuft. Alle Teilnehmer treffen sich morgens, wer möchte schlägt ein Thema vor und die Organisatorin Monika Rockstroh-Kruft plant den Tag. Und dann kann es auch schon mit den Sessions losgehen, in denen die vorgeschlagenen Themen diskutiert und Weine verkostet werden. Fachschüler der Staatlichen Weinbaudomäne Oppenheim stellten ihr Projekt „WeinEvolution16“ und die dazu gehörigen Weine vor.

Eine Session befasste sich mit „Wein und Social Media“. Wie positioniere ich mich als Weingut, als Blogger, welche Fehler sollte ich vermeiden? Richtig zur Sache ging es bei den Themen „Sinn und Unsinn von Weinbewertungen“ und „Preis und Qualität“. So konnte man lernen, dass es durchaus einen wissenschaftlichen Hintergrund für Weinbewertungen gibt und sich professionelle Verkoster Verfahren unterwerfen müssen, um ihre Zuverlässigkeit nachzuweisen. Dass der Genuss nicht unbedingt etwas mit dem Preis und der Qualität zu tun hat, wurde rasch klar. Auch, dass die ganze Region gewinnt, zum Beispiel Rheinhessen, wenn es Weingüter gibt, die mit international geschätzten, teuren Weinen als Leuchttürme die Aufmerksamkeit der Konsument auf die Region lenken.

Einige Sessions waren geplant andere spontan

Einige Sessions waren von vorne herein bekannt. Der Klassiker „Käse und Wein“ war ein Selbstgänger. „Wein und Schokolade“ verblüffte mit unerwarteten, geschmacksintensiven Aromen. Die Schokoladen wurden von der Chocolaterie Holzderber, die Weine von den Weingütern gesponsort.

Das Motto des Vinocamps Rheinhessen war „Auf zu neuen Wegen“. Einer, der neue Wege erfolgreich beschritten hat, ist Ralf Köth. Mit seinen aromatisierten Seccos hat er eine Marktlücke aufgetan, die er erfolgreich bearbeitet. In seiner Session präsentierte er Seccos wie Sanddorn & Grapefruit, Granatapfel oder Papaya & Chili. Yvonne Heistermann, Dozentin an der Sommelierschule Koblenz, schenkte einen Sekt, drei Weißweine und einen Rotwein in Zwiesel-Gläser verschiedener Größe und Form ein. Spannend, wie unterschiedlich sich vor allem der schwere, im Barriquefass ausgebaute Chardonnay und der Rotwein im kleinen, mittelgroßen und voluminösen Glas präsentierten.

Die Orange-Wein-Session fand sogar zweimal statt. Einmal am Samstag und ein weiteres Mal am Sonntag mit den bereits geöffneten Weinen, um zu sehen, wie sie sich mit dem Luftkontakt entwickelt hatten. Einige waren deutlich harmonischer, andere noch vielschichtiger als am Vortag. Bei Orange-Weinen werden Weißweintrauben wie ein Rotwein auf den Schalen, sprich auf der Maische, vergoren.

Ein Highlight war die Verkostung des Sekthauses Raumland. Volker und Heide-Rose Raumland erläuterten ihre Qualitätsphilosophie. Dass heute über 850 000 Flaschen Sekt bei Raumland lagern, hätten sie sich zu Beginn vor 25 Jahren nicht gedacht.

Das nächste Vinocamp, das Vinocamp Deutschland 2017, findet vom 16. bis 18. Juni am Weincampus Neustadt statt.

Joachim Kaiser – LW 16/2017