Wenn Platz knapp ist – die stillen Folgen der Überbelegung
Für viele Betriebsleiter ist Überbelegung im Stall alltäglich – doch ihre Folgen werden unterschätzt. Überbelegung verursacht Stress und führt zu Verhaltens-, Gesundheits-, Leistungs- und Fruchtbarkeitsproblemen. Studien zeigen: Bei 140 Prozent Belegung steigen Cortisolwerte im Kot, die Gefahr von Pansenazidose und Entzündungen nimmt zu. Auch bei geringerer Überbelegung sind Folgen sichtbar: aggressiveres Verhalten, schnelleres Fressen, weniger Liegezeit, vermehrtes Stehen im Gang, verändertes Wiederkauen – mit teils drastischen Konsequenzen wie sinkender Milchleistung, höherer Zellzahl, Lahmheit oder schlechterer Fruchtbarkeit.
Warum manche Herden hohe Belegungsdichten scheinbar besser verkraften, liegt am Begriff des „subklinischen Stresses“: Er ist nicht direkt messbar, erschöpft aber langfristig die biologischen Reserven der Tiere. Auch wenn kurzfristig keine Probleme sichtbar sind – zusätzliche Stressfaktoren können die Kuh dann schnell aus dem Gleichgewicht bringen. Die maximale Belegungsdichte hängt stark von Stallqualität, Management und weiteren Stressoren ab – zum Beispiel Hitzestress, schlechtes Fütterungsmanagement, unzureichende Tränken oder gemischte Altersgruppen. Auch das Personal spielt eine Schlüsselrolle: Je höher die Belegung, desto weniger Spielraum für Fehler. Wer Ställe trotz allem überbelegt, muss Folgendes immer richtig machen:
- Zeit außerhalb des Stalls (z. B. Melken) < 3 h/Tag
- hochwertige Fressplätze, Liegeboxen und Tränken
- 24/7 gepflegte Liegeboxen
- ständige Futterverfügbarkeit – hygienisch und gut erreichbar
- genügend Wasserstellen – mindestens 7 kg Wasser pro kg TM
- Hitzestress vermeiden, besonders im Wartebereich
Sibylle Möcklinghoff-Wicke
Innovationsteam Milch
Innovationsteam Milch