Die Tiergesundheit steht im Fokus der Ziegenhalter

17. Ziegentag in Gießen gibt Einblicke in die Forschung

Am 15. Februar fand der 17. Hessische Ziegentag in den Räumlichkeiten der Tierklinik für Reproduktionsmedizin und Neugeborenenkunde der Universität Gießen statt. Neben der Vorstellung von Forschungsprojekten zur Tiergesundheit in der Ziegen- und Schafzucht wurde über die Auswirkungen des Klimawandels auf den Futterbau, das Grünland und die Weide referiert.

Die Referentinnen und Referenten des 17. Ziegentages (v. l.): Dr. Andreas Cromm, Carina Führer, Prof. Harald Laser, Katja Götz, Dr. Henrik Wagner, Sarah Schmid, Martin Steffens und Claudia Kirse.

Foto: Tierklinik

Nach der Begrüßung durch Claudia Kirse (1. Vorsitzende, Hessischer Ziegenzuchtverband) und Dr. Henrik Wagner (Tierklinik für Reproduktionsmedizin und Neugeborenenkunde) stellte Carina Führer (Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen) das vom Bundeslandwirtschaftsministerium geförderte Projekt Netzwerk Fokus Tierwohl vor. Dabei handelt es sich um ein Verbundprojekt mit Projektpartnern aus allen Bundesländern, mit dem Ziel, den Wissenstransfer in die Praxis zu verbessern. Dies geschieht durch verschiedene Formate wie beispielsweise Seminare, Vorträge oder auch Artikel, die aufgrund der Förderung kostenfrei angeboten werden können.

Struktur der hessischen Ziegenhaltung

Dr. Andreas Cromm (Referat Landwirtschaftliche Nutztierhaltung, tierische Erzeugnisse und Veredlung; Hessisches Landwirtschaftsministerium) gab einen Überblick über die aktuellen Zahlen der Ziegenhaltung in Hessen, basierend auf der letzten Agrarerhebung. Dabei werden ungefähr 12 000 Ziegen in rund 900 hessischen Betrieben gehalten, wobei sich die Hälfte der Tiere in Nordhessen befindet. Ziegen seien zwar die kleinste Gruppe der Nutztiere aber sind dennoch von großer Bedeutung, vor allem in Hinblick auf die Erhaltung der Biodiversität und der Kulturlandschaften. Sie spielen aber auch in der Nahrungsmittelproduktion eine bestehende Rolle.

Auch das Seuchengeschehen der vergangenen Monate wurde erörtert. Anfang des Jahres ist der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Brandenburg, anders als zunächst befürchtet, nur auf ein kleines Gebiet begrenzt geblieben. Trotzdem sei immer noch Wachsamkeit geboten. Im Rahmen der im letzten Jahr großflächig aufgetretenen Blauzungenerkrankung (BTV) appellierte er an die Tierhalter ihren Bestand zu impfen, denn dies sei der einzige Weg, über welchen die Halter ihre Tiere gegen diese Erkrankung schützen können.

Forschungsprojekt zur Tiergesundheit

Sarah Schmid (Tierklinik für Reproduktionsmedizin und Neugeborenenkunde) stellte die aktuellsten Ergebnisse des Projektes zur Förderung der hessischen Schaf- und Ziegenzucht durch Implementierung von Tiergesundheitsaspekten zur Steigerung von Tierwohl und Wirtschaftlichkeit vor. Zunächst erfolgte eine kurze Vorstellung des seit Ende 2021 laufenden Projektes. Dabei werden auch Weiterbildungen für Tierhalter und Tierärzte im Bereich der kleinen Wiederkäuer angeboten. Auf am Projekt teilnehmenden Betrieben werden regelmäßig verschiedenen Daten wie beispielsweise die Parasitenbelastung der Tiere erfasst, welche in der Projektzeit in eine Zuchtwertschätzung eingehen sollen. Bisher wurden knapp 2 300 Tiere untersucht.

Anschließend stellte sie die Entwicklung eines Projektbetriebes über die gesamte bisherige Projektlaufzeit vor und verdeutlichte somit die Wichtigkeit der regelmäßigen und intensiven Kontrolle der Herde im Gesamten als auch der Einzeltiere, um bei Veränderungen frühzeitig reagieren zu können. Die ultrasonographische Untersuchung der Hoden projektteilnehmender Ziegenböcke ergab bisher zu großen Teilen keine oder nur geringgradige Veränderungen. Die Euter der weiblichen Tiere wiesen bei ungefähr 10 Prozent der Tiere sichtbare oder tastbare Veränderungen auf, dabei konnten ultrasonographische Veränderungen bei ungefähr 5 Prozent der Tiere nachgewiesen werden. Bei den sonographischen Befunden handle es sich vor allem um Unregelmäßigkeiten im Eutergewebe, welche durch eine beginnende oder vergangene Euterentzündung entstehen können. In knapp 70 Prozent der Auffälligkeiten konnten keine klinischen Befunde festgestellt werden.

Betriebsstruktur der Ziegenhalter in Hessen

Katja Götz (Zuchtleitung Schafe und Ziegen Hessen) stellte einen Teil der Ergebnisse eines Fragebogens vor, welche im Rahmen des oben genannten Projektes zu Beginn der Projektlaufzeit erstellt wurde. Dieser wird aktuell erneut durchgeführt um festzustellen, ob es in den letzten Jahren Veränderungen gab. Daher erfolgte der Appell an alle Teilnehmer den Fragebogen zu bearbeiten. In Hessen gebe es in der Ziegenzucht eher kleine Betriebe, die ihre Tiere zum Großteil als Hobby oder im Nebenerwerb halten würden. Die Tiere würden vor allem zur Fleischerzeugung, der Landschaftspflege und der Zucht eingesetzt. Die Milcherzeugung stelle hierbei eine untergeordnete Nutzungsart dar. Die Vermarktung von Produkten der Nebenerwerbsbetriebe findet fast ausschließlich über eine Direktvermarktung statt.

Impfung gegen die Blauzungenkrankheit

Dr. Henrik Wagner gab einen kurzen Überblick über alle aktuell verbreiteten Tiersuchen die die hessischen Ziegenhalter betroffen haben oder betreffen könnten. Die Maul- und Klauenseuche stelle vor allem aus ökonomischer Sicht eine große Gefahr dar. Die Tierhalter müssen dafür sensibilisiert werden, dass jeder Kontakt ein potentielles Risiko sei und man diese so gering wie möglich halten solle. Wie auch schon Dr. Cromm, appelliert Dr. Wagner für die Impfung der Tiere gegen das BTV, um den Anteil erkrankter oder verendeter Tiere so gering wie möglich zu halten.

Er berichtet von aktuell gehäuft auftretenden Problemen in der Lammzeit in Form von Tieren die verlammen oder auch Muttertieren mit wenig bis keiner Milch, um die Lämmer zu versorgen. Er warnt jedoch davor diese Entwicklungen einer Impfung zuzuschreiben. Dazu würden weiterführende Daten benötigt, da auch viele andere Umstände (andere Infektionserreger, Verwurmung, Medikamenteneinsatz) zu den auftretenden Symptomen führen können. Die Impfung gegen den BTV-Erreger funktioniere sehr gut und sei das einzige Mittel um seinen Bestand zu schützen. Auch weitere Tierseuchen, wie das West-Nil-Virus oder die Tuberkulose, könnten die Ziegenhalter in Zukunft betreffen. Daher sollten Tierhalter zusammenhalten, um Ausbrüche von Erkrankungen möglichst schnell zu erkennen und eine Weiterausbreitung zu verhindern.

Verändertes Klima schadet der Fütterung

Prof. Harald Laser von der Fachhochschule Südwestfalen sprach über die Auswirkungen des Klimawandels auf Futterbau, Grünland und Weide. Die Ziegenhaltung weise mit sehr extensiven bis hin zu sehr intensiven Haltungsformen eine sehr große Varianz auf. Die Top zehn der wärmsten Jahre der letzten hundert Jahre sei in den letzten zehn Jahren aufgetreten. Tendenziell werden die Jahre mit extremer Wetterlage immer mehr. Dies zeige sich neben der Temperatur auch in den Niederschlägen die im Winter zunehmen, während die Sommerniederschläge immer weiter abnehmen. Dies führe zu abnehmenden Erträgen (Trockenmasse und Eiweiß), sodass bei gleichbleibender Fläche immer weniger Tiere ernährt werden können. Futterengpässe können häufiger auftreten, was zu Planungsunsicherheiten bei den Tierhaltern führe.

Um dies zu bekämpfen könne kurzfristig die Aussaat von tiefwurzelnden Pflanzen, wie Rotklee oder Luzerne, helfen. Das müsse jedoch vor der Trockenperiode durchgeführt werden und würde nur die Symptome bekämpfen. Mittelfristig könne man in besseren Jahren Reserven anlegen und Futterbaubestände mehrjährig anlegen, um das Anlagerisiko zu minimieren. Langfristig müsse jedoch der Tierbesatz auf die jeweils vorhandenen Flächen angepasst werden. Ebenso sei die Vermeidung von Bodenverdichtungen wichtig. Auch wenn der Klimawandel durch eine verlängerte Aufwuchs­periode und längere Weideperioden Vorteile bringen könne, würden diese durch die negativen Aspekte verdrängt. Durch ein optimales Weidemanagement ließen sich die Nachteile eindämmen, dies benötige jedoch langjährige Erfahrung und Wissen. Die Veränderung könne sich vor allem bei der extensiven Ziegenhaltung – jedoch weniger stark – auswirken.

Vor- und Nachteile der Herdbuchzucht von Ziegen

Katja Götz erläuterte die Vorteile und Verpflichtungen der Herdbuchzucht. Darunter verstehe man die planmäßige Verpaarung von Nutztieren einer Rasse, die auf ein bestimmtes Ziel wie etwa die Fleischleistung bei Burenziegen ausgelegt ist, um dieses Ziel weiterzuentwickeln. Dabei gebe das Herdbuch Informationen über Abstammung der Tiere. Um mit der Herdbuchzucht zu beginnen, könne man entweder Tiere aus einem bereits bestehenden Herdbuchbetrieb kaufen oder seine Tiere (sofern die Kriterien der jeweiligen Rasse erfüllt werden) in das Vorbuch eintragen lassen. Dazu werden die weiblichen Tiere nach Form, Rahmen und Euter oder Bemuskelung bewertet. Die männlichen Tiere benötigen zudem eine Fleischleistungsprüfung oder ein Muttertier mit Milchleistungsprüfung. Die Zuchtziele der jeweiligen Rassen seien im Zuchtprogrammen definiert. Auch wenn die Durchführung der Herdbuchzucht mit einigen Pflichten wie der genauen Abstammungsdokumentation verbunden sei, könne durch sie die Ziegenzucht verbessert und ihrer Wirtschaftlichkeit gesteigert werden.

Außergewöhnliche Rasse in der Herdbuchzucht

Zuletzt stellte Claudia Kirse ihren in der Rhön beheimateten Pfauenziegenbetrieb vor. Die Zucht der Pfauenziegen begann 2009 durch den Kauf von zwei weiblichen Tieren. Ein Jahr später folgte der erste Bock und die Tiere wurden ins Herdbuch aufgenommen. Heute ist der Bestand auf 27 weibliche Tiere und 9 Böcke angewachsen. Die Tiere befinden sich im Winter hauptsächlich nach Geschlechtern getrennt im Stall. Aufgrund des hohen Individualabstandes der Pfauenziegen trage diese während der Stallzeit einen Hornschutz, um Verletzungen zu vermeiden. Die Böcke werden nur in der Paarungszeit gezielt den weiblichen Tieren zugeteilt, um eine eng gesteuerte Lammzeit zu gewährleisten und befinden sich sonst in einer Bockgruppe. Während des restlichen Jahres befinden sich die Tiere auf verschieden Weiden. Die dem Betrieb zugehörigen Flächen weisen sich durch eine hohe Biodiversität aus, bringen jedoch unterschiedliche Schwierigkeiten (zum Beispiel im Zaunbau oder durch schnell matschig werdenden Untergrund) mit. Die Flächen werden durch den Betrieb sehr extensiv bewirtschaftet, indem Heuwiesen einmalig gemäht werden und Weideflächen im Jahr nur einmalig für je zirka 3 Wochen beweidet werden. Auf Ziegenschauen werden die Tiere regelmäßig ausgestellt. Zuchttiere werden deutschlandweit verkauft.

Sarah Schmid und Henrik Wagner, Tierklinik für Reproduktionsmedizin und Neugeborenenkunde Gießen – LW 9/2025