Die Top-Genetik aus dem Südwesten

Mitgliederversammlung BZV Rheinhessen-Pfalz-Saar

Die Rinderzüchter aus Rheinhessen, der Pfalz und dem Saarland haben auch im vergangenen Jahr unter Beweis gestellt, dass sie in Sachen Zucht und Leistung ihrer Tiere auf hohem Niveau arbeiten. Die Herdbuch-Kühe im Gebiet der Bezirkszüchtervereinigung Rheinhessen-Pfalz-Saar (BZV) liegen mit ihrer Leistung innerhalb von Rheinland-Pfalz an der Spitze und brauchen auch den Vergleich mit anderen Zuchtgebieten nicht scheuen.

Die erfolgreichsten Milcherzeuger aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland wurden im Rahmen der Mitgliederversammlung mit Kammerpreismünzen der Landwirtschaftskammern Rheinland-Pfalz und Saarland ausgezeichnet. Geehrt wurden zudem Milcherzeuger für ihre 100 000-Liter-Kühe. Auf dem Foto sind zu sehen (v.l.): Eberhard Hartelt, Dr. Christian Koch, Werner Schmitt, Dr. Karl Landfried, Anna Schönborn, Christoph Wolf, Andreas Schifferer, Patrick Mohr, Luka Karch, Joachim Bauer, Markus Eckert, Franz-Josef Eberl, Gerd Grebener und Dr. Gerd Karch.

Foto: Brammert-Schröder

Endlich wieder ein Treffen vor Ort: Nach zwei Jahren Corona-Pandemie trafen sich die Rinderzüchter aus dem Südwesten Ende März in Münchweiler zu ihrer Mitgliederversammlung, ehrten die erfolgreichsten Betriebe und nutzten die Chance, sich über aktuelle Themen zu informieren. „Wir erleben eine schwierige Zeit“, sagte Vorsitzender Dr. Gerd Karch in seiner Begrüßung. Nach der Corona-Krise würde nun der Krieg in der Ukraine spürbar werden. „Die Preise gehen in allen Bereichen nach oben“, erklärte er.

Unklar, ob gestiegener Milchpreis Kosten deckt

Vor allem Betriebsmittel wie Diesel, Dünger und Eiweißfuttermittel seien deutlich teurer geworden. „Aber auch die Milchpreise sind gestiegen. Wir konnten für das dritte Quartal Milchpreise von über 60 Cent absichern“, berichtete Karch aus seinem eigenen Betrieb. Doch ob der Milchpreis ausreiche, um die gestiegenen Kosten auszugleichen und darüber hinaus noch einen Gewinn zu erzielen, bleibe abzuwarten. Die Milcherzeuger müssten sich zudem mit dem Standard QM+ beschäftigen, den die Molkereien ab Juli einführen wollen. Der Standard ist die Grundlage für die Einstufung der Milch nach der Handelsklassifizierung Haltungsform 2, mit der die Molkereien ihre Milch im LEH platzieren wollen.

„Das erschwert uns die Produktion und wird zu steigenden Kosten führen“, sagte Karch. Hauptkritikpunkt von Karch ist dabei, dass die Milch im Durchschnitt der letzten drei Monate nicht mehr als 100 000 somatische Zellen aufweisen darf. Bisher galten Herden mit einem Wert von unter 200 000 somatischen Zellen als eutergesund. Karch plädierte dafür, diesen Wert auch bei QM+ zu akzeptieren.

Der Vorsitzende betonte, dass die Zucht die Grundlage bildet für eine erfolgreiche Milchproduktion. Eine wirtschaftliche und nachhaltige Produktion werde in einer hohen Lebenstagsleistung der Kühe abgebildet. Die Lebenstagsleistung drückt die Lebensleistung der Abgangskühe aus. Ein Wert über 15 kg Milch je Lebenstag wird als gut bezeichnet. Nahezu 50 Betriebe umfasst die Liste der BZV-Betriebe, die diesen Wert erreichen. „Wer bei dem Wert Lebenstagsleistung gut liegt, verdient Geld“, brachte es Geschäftsführer Klaus Knobloch von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz auf den Punkt. „Leistung, Alter der Kühe und auch die Aufzucht spielt bei dem Wert eine Rolle“, sagte er. Die Betriebe Karch GbR, Börrstadt, und Ehl, Niedersaubach, liegen mit einer Lebenstagsleistung von 22 kg und 21, 6 kg Milch je Lebenstag auf den Spitzenplätzen.

Hohe Milchleistung der Mitgliedsbetriebe

Knobloch zeigte sich erfreut über die Leistungen der BZV-Mitgliedsbetriebe, deren Zahl mit 141 stabil geblieben ist. Zwar wurde das angepeilte Ziel von einer durchschnittlichen Milchleistung von 10 000 kg über alle Rassen mit 9 959 kg Milch in 2021 und 9 984 kg Milch in 2020 knapp verfehlt. Er hob aber das Plus von 12,1 kg Fett und Eiweiß im Gegensatz zu 2020 hervor. In 2020 war in vielen Betrieben aufgrund der Trockenheit das Futter knapp.

Die Bezirkszüchtervereinigung unterstützt die Milcherzeuger in züchterischen Fragen. Zu diesem Zweck hält die BZV Zuchtbullen, die sie an die Mitgliedsbetriebe verleiht oder verleast. In 2020 wurden zehn Bullen gehalten, in 2021 dreizehn. „Die Bullen werden stark nachgefragt“, sagte Knobloch. Und dank der hohen Schlachtrinderpreise habe man ein deutliches Plus bei den Bullen erzielt. Er freute sich auch darüber, dass mehr Betriebe die genetische Typisierung von Einzeltieren oder der ganzen Herde in Anspruch nehmen. „Wir haben etliche genomische Highlights im BZV“, so Knobloch, und verwies auf Rinder mit genomischen Gesamtzuchtwerten (gRZG) von 164 in der Spitze. Nach wie vor unterstützt der BZV die Betriebe bei genomischen Tests mit 20 Euro pro Kalb oder Rind. Das BZV-Förderprogramm umfasst auch den Embryonenankauf und den Ankauf von wertvollen Rindern und Kälbern sowie den Embryottransfer.

Auch Gerd Grebener, Regionalleiter bei der RUW für Rheinland-Pfalz und das Saarland, ging auf die genomische Zuchtwertschätzung ein, bevor er die Ehrung der 100 000 Liter-Kühe vornahm. „Die Selektion anhand von genomischen Zuchtwerten hat sich bewährt. Nutzen Sie die genomische Selektion. Damit ist die Nutzungsdauer am effektivsten zu beeinflussen“, so sein Appell an die Milcherzeuger. „Zuchtvieh ist nach wie vor gefragt“, sagte Grebener und ermutigte die Landwirte, ihre abgekalbten Färsen nach Fließem zur Auktion zu geben.

Neue Vorstandsmitglieder

Die Bezirkszüchtervereinigung Rheinhessen-Pfalz-Saar hat im Rahmen ihrer Mitgliederversammlung am 31. März die Vorstandschaft neu gewählt. Vorsitzender bleibt Dr. Gerd Karch, Börrstadt, er wurde ebenso wie der zweite Vorsitzende Werner Schmitt aus Bardenbach wiedergewählt. Als Beisitzer wurden wiedergewählt: Inse-Marie Stalter, Zweibrücken, und Johannes Diehl, Erzenhausen. Neu hinzugekommen sind Joachim Bauer, Käshofen; Michael Schreiner, Blieskastel und Bernd Ehl aus Lebach.

ibs

Nährstoffüberschüsse vermeiden

Fachlich wurde es bei dem Vortrag von Dr. Christian Koch, neuer Leiter der Lehr- und Versuchsanstalt Hofgut Neumühle, zur N- und P-reduzierten Fütterung. „Wir haben unsere Kühe bisher überversorgt, weil wir nicht genau wussten, was sie fressen“, erklärte er. Aber durch den Druck von Seiten der Politik bekomme das Thema Ammoniakemissionen eine andere Relevanz und werde künftig auch die Baugesetzgebung beeinflussen. „In Niedersachen und Nordrhein-Westfalen gibt es jetzt schon keine Baugenehmigung mehr, wenn die Erzeuger nicht eine N- und P-reduzierte Fütterung nachweisen.“ Koch ist davon überzeugt, dass es in vielen Betrieben ein enormes Potenzial gibt, Stickstoff und Phosphor in der Ration und damit auch in der Gülle zu senken. „Außerdem sind Dünger und Eiweißfutter teuer und auch die Verfügbarkeit ist fraglich“, sagte er und verwies damit auf die rein wirtschaftliche Komponente, die eine Nährstoff­einsparung für die Betriebe hat. Für eine angepasste Fütterung ist es nach den Ausführungen von Koch wichtig, den Bedarf an nutzbarem Rohprotein genau zu kennen, ebenso wie die Futteraufnahme der Kühe.

Er sieht in der Verbesserung der Grundfutterqualität einen großen Ansatz, Kosten zu sparen. „Wir müssen die Verluste vom Feld zum Silo bis zur Kuh minimieren“, erklärte er. Dazu gehöre die Vermeidung von Nacherwärmung ebenso wie eine bessere und gegebenenfalls häufigere Untersuchung der Nährstoffe. Auch die Faserverdaulichkeit ist wichtig (siehe auch ausführlichen Bericht in LW 9, Seite 30-32).

Koch zeigte anhand einer beispielhaften Kalkulation der Nährstoffausscheidungen den Einfluss einer differenzierten N- und P-Versorgung bei einer Leistung von 10 000 kg ECM. „Wir können mit einer angepassten Fütterung eine Reduktion um 13,3 Prozent bei Stickstoff und 17,6 Prozent bei Phosphor erreichen“, erklärte er. Eine angepasste Fütterung sei auch wichtig für die Betriebe in Roten Gebieten und diejenigen, die wenig Fläche bewirtschaften. Da die Roten Gebiete noch ausgeweitet werden dürften, steigt die Relevanz für die Milcherzeuger. Zudem komme durch die neue Stoffstrombilanz-Verordnung Druck von politischer Seite, die Nährstoffflüsse im Betrieb abzubilden. Koch verwies darauf, dass Milchviehhalter über eine einfache Excelanwendung auf der Homepage der Neumühle unter www.hofgut-neumuehle.de die N-Nutzungseffizienz der Herde berechnen können. Ebenso wichtig für die Reduzierung der Ammoniakemissionen ist die Ausbringung der Gülle. Auch hier gebe es noch viele Möglichkeiten, die Verluste durch eine bessere Platzierung, beispielsweise durch einschlitzen in den Boden, zu verringern.

Betriebsdaten im Webportal abrufen

André Nolden vom Landeskontrollverband Rheinland-Pfalz-Saar warb für das LKV-Webportal im Internet, auf dem die Mitgliedsbetriebe viele Daten zu ihrem Betrieb wie beispielsweise die Monatsberichte und Güteproben wiederfinden. Über das Portal können die Mitglieder seit 1. April auch zum Q-Check gelangen, in dem wichtige Indikatoren zur gesetzlich vorgeschriebenen betrieblichen Eigenkontrolle von Tierwohl ausgewertet werden. „Dabei werden viele Indikatoren automatisch erhoben, wie zum Beispiel der Anteil der eutergesunden Kühe. Die Daten sind nach jeder Milchkontrolle abrufbar“, erklärte Nolden. Sie könnten zur betrieblichen Eigenkontrolle ebenso wie für QM+ und das nationale Tierwohl-Monitoring genutzt werden, das das Bundeslandwirtschaftsministerium in der Nutztierstrategie angekündigt hat. Zudem würde nun auch im Rahmen der Güteproben ausgewertet, wieviel Kilogramm Stickstoff und Phosphor über die Milch an die Molkerei abgegeben wird.

ibs – LW 15/2022