Das volle Potenzial des Ackers nutzen
Präzisionstechnik auf dem Zweilindenhof in Hohenstein
Eine teilflächenspezifische Ausbringung von Saatgut, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln ermöglicht nicht nur Kosteneinsparungen und bessere Produktqualitäten, es hilft auch, die Bewirtschaftung nachhaltiger und umweltschonender zu gestalten. Der Zweilindenhof von Familie Reim aus Hohenstein hat sich seit über zehn Jahren auf Precision Farming im Ackerbau spezialisiert. Die Familie stellte ihr Konzept vergangene Woche im Rahmen eines Besuchs der hessischen Landwirtschaftsministerin Priska Hinz vor.

Foto: Büsse
Bodenprobe als Grundlage für digitalen Ackerbau
Seit 2011 sammeln die Reims nun teilflächengenaue Daten, werten diese aus und bewirtschaften ihre Äcker danach. Die komplette Umstellung des Betriebs auf Precision Farming von der Aussaat bis zur Ernte habe circa vier Jahre gedauert. Seitdem arbeiten die Betriebsleiter auch mit Hochschulen und Landtechnikherstellern zusammen an Forschungsprojekten, die auf die breite Datenlage des Betriebes zurückgreifen. „Die Bodenprobe ist die Grundlage für den digitalen Ackerbau. Man muss wissen, was genau der Boden braucht“, so Reim. NMin-Proben werden deshalb vor Vegetationsbeginn gezogen. Hierfür haben die Reims einen speziellen Bohrer angeschafft. Alle drei bis vier Jahre werden außerdem Grundnährstoffuntersuchungen durchgeführt. „Das beziehen wir alles in die Planung unserer Bewirtschaftung mit ein“, so Reim.
Die Datenlage sei immer die Grundlage für die Entscheidungsfindung hinsichtlich der Bewirtschaftung. Durch die erhobenen Daten würden zudem auch die Dokumentations- und Nachweispflichten mit geringerem Aufwand erfüllt. Ziel sei immer, das Betriebsergebnis auf dem Einzelschlag zu optimieren.
Im sogenannten „Map-Overlay-Verfahren“ können verschiedene Karten, die auf Basis der erhobenen Daten erstellt werden, übereinander gelegt und miteinander verschnitten werden – beispielsweise eine Bodenschätzung und eine Ertragskarte. So erhalte man ein umfassendes Bild und könne Maßnahmen zielgenau einprogrammieren.
Alles eine Kostenfrage?
„Der Landwirt fragt sich bei so hochpreisiger Technik natürlich als erstes, wann er die Investition zurück erwirtschaftet hat“, sagte der Betriebsleiter. Die eigenen Maschinen, die auf seinem Betrieb zum Einsatz kommen, finanzieren sich unter anderem auch durch den überbetrieblichen Einsatz. Die Reims bringen auf rund 200 Hektar Pflanzenschutz und Düngemittel im Lohn aus. „In zehn Jahren wird das Spritzen von Pflanzenschutzmitteln vielleicht nur noch überbetrieblich erledigt“, so Reim mit Blick auf die steigenden Investitionskosten für die immer präziser werdende Technik.
Die teilflächenspezifische Bewirtschaftung ermögliche Einsparungen zum Beispiel bei Betriebsmitteln und bei der Arbeitszeit, wenn nur auf einer kleineren Fläche die tatsächlich benötigte Menge ausgebracht werde. Durch die gleichmäßige Versorgung der Böden lasse sich außerdem eine einheitliche Produktqualität erzielen und natürlich seien die Aspekte Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz und Umweltschutz als Vorteile zu nennen. Durch eine zielgerichtete, dem Boden angepasste Bewirtschaftung würde außerdem die gesellschaftliche Akzeptanz erhöht.
Die Weiterbildung stärken
„Die Weiterbildung muss gestärkt werden“, sagte er. Die Umstellung der Bewirtschaftung brauche aber vor allem Zeit und die Möglichkeit, sich genau zu informieren: „Das Pferd ist auch nicht von heute auf morgen vom Acker verschwunden“, so Reim. Um den Berufskollegen den Einsatz modernster Technik näher zu bringen, plant Reim, einen Schulungsraum auf seinem Betrieb einzurichten.
Förderung aus der Digitalen Strategie möglich
Ministerin Hinz betonte ebenfalls die Vorteile moderner Technik für eine schonende und nachhaltige Bewirtschaftung. Deswegen biete das Ministerium eine spezielle Förderung an. Hierfür stünden bis Ende 2024 Landesmittel in Höhe von 5 Mio. Euro aus der Digitalen Strategie Hessen zur Verfügung, so eine Pressemitteilung.
kbü – LW 33/2021