Sich den wandelnden Aufgaben in der Landwirtschaft stellen
Landesverbandstag 2015 des vlf-Hessen in Idstein
In Idstein eröffnete in der vergangenen Woche den Landesverbandstag 2015 des Verbandes für landwirtschaftliche Fortbildung Hessen (VLF) der Vorsitzende des VLF im Nassauer Land, Bernhard Höhler, vor zahlreichen Gästen. Die angeschlossene Vertreterversammlung leitete der Landesvorsitzende des VLF, Karl-Peter Mütze.
Foto: Sascha Braun
VLF hat neue Aufgaben zur Information der Landwirte
Landwirtschaftliche FachschuÂlen in Hessen gibt es seit fast 200 Jahren, ebenso lang wie die orgaÂnisierten Absolventenvereine, so Höhler. Aus dem Jahr 1919 stamme ein Verzeichnis mit Schülern der landwirtschaftlichen Winterschule Limburg, wo insgesamt 82 Schüler unterrichtet wurden.
Höhler schwenkte über auf die Gegenwart. Heute liegt die Leitung und Geschäftsführung des VFL Nassauer Land in den Händen ehrenamtlicher Personen im Gegensatz zu früher, wo die Ehemaligenvereine meist von den Schulleitern der Fachschule geführt wurden. In den letzten Jahren hat sich damit auch die Weiterbildungsarbeit sehr verändert.
Durch die Agrarstrukturreformen gebe es eine flächendeckende Beratung durch das Land Hessen nicht mehr im gewünschÂten Maß, so Höhler: „Hier sieht der VLF neue Betätigungsfelder.“ Und noch ein gutes Argument für den Fortbestand des gemeinnützigen Vereins lieferte der Vorsitzende: allein im vergangenen Jahr wurden 28 VeranÂstaltungen angeboten, zu denen mehr als 1 100 Teilnehmer kamen. Ein wesentlicher Bestandteil der Vereinsarbeit sei zudem neben der Landwirtschaftlichen Fachtagung auch das Versuchsfeld in Dauborn, das mit Unterstützung der Stiftung „Hof Geisberg“ unterhalten wird. 1998 war das Jahr, wo die Vereine Landwirtschaftlicher Fachschulabsolventen Rheingau-Taunus, Idstein, Bad Schwalbach und Limburg fusionierten. Der Entscheidung wurde beim Landesverbandstag mit einer Ehrung gedacht: Landesverbandsvorsitzender Karl-Peter Mütze ehrte die früheren Vorstandsmitglieder Karl Pulch aus Michelbach, Friedrich Lindenmaier aus Wörsdorf und Horst Emich aus Breithardt, die damals die Fusion der VLF im Nassauer Land mit eingeleitet haben.

Foto: Sascha Braun
Karin Stähler gehört dem Vorstand seit 2007 als Beisitzerin an und war ein Jahr zuvor Mitbegründerin des Bäuerinnen-StammÂtisches. Stähler ist außerdem engagiert bei „Bauernhof als Klassenzimmer“.
Positive Zahlen konnte Geschäftsführerin Anja Püchner vom Landesverband Hessen für landwirtschaftliche Fortbildung der Versammlung vorlegen. So gehörten 2014 dem Landesverband insgesamt 30 Kreisvereine mit 11 509 Mitgliedern an, davon 2009 Mitglieder weiblich. Allerdings musste ein Rückgang von 256 Mitgliedern gegenüber dem Vorjahr verzeichnet werden. Die Vereine haben im Vorjahr insgesamt 314 Veranstaltungen mit 16 340 Teilnehmern durchgeführt, unter anderem mit Tagungen, Lehrgängen und Lehrfahrten. Wie sie betonte, ist die Zahl der Veranstaltungen konstant geblieben, die Zahl der Teilnehmer im Vergleich zum Vorjahr um 2 295 Personen geÂstiegen. Die geselligen Veranstaltungen gingen zwar hinsichtlich der Anzahl zurück, waren aber besser besucht.
Auch 2015 werde es Fördermittel für Veranstaltungen der Mitgliedsvereine geben, insgesamt 30 300 Euro werden Ende April an die Vereine geschickt.
Wilhelm Albrecht, Gründer der Winterschule in Hessen
Einen Blick in die Geschichte wagte Werner Born von der Stiftung „Hof Geisberg“. Idstein sei der ursprüngliche Ausgangspunkt aller landwirtschaftlichen Fachschulen im klassischen Sinn gewesen, so Born: „Von hier aus entwickelten sich vor allem die landwirtschaftlichen Winterschulen, eine bis dato nicht gekannte Schulform.“ Verbunden war die Entwicklung der Fachschulen mit einem Namen: Wilhelm Albrecht. Nach Borns Worten „ein Mensch mit höchster Schaffenskraft, ein Reformator der Landwirtschaft, Freund der Bauern, verständiger Erzieher der Landjugend und selbstloser Sozialpolitiker“. 1785 in Rothenburg geboren, übernahm er 1808 ein Lehramt am landwirtschaftlichen Institut Hofwyl. Hier wirkte er nach Borns Worten „ohne Honorar, allein aus Interesse für die Sache und aus Wohlwollen für die Zöglinge“ und wurde 1809 Professor. Auch organisierte er Fachreisen, um die Landwirtschaft in Kroatien, Ungarn und Österreich kennen zu lernen. 1817 wurde er erster Leiter des neuen landwirtschaftlichen Instituts in Idstein. Auf dem Hof Gassenbach begann er seine Tätigkeit, muss jedoch mit Regierung und Behörden kämpfen. Ein erstes Semester mit fünf Schülern unterrichtet er allein.
Durch Bereisen des Herzogtums war Albrecht zu der Überzeugung gekommen, dass eine Ackerbauschule für die Bauernsöhne benötigt werde. Das Wirken von Albrecht nahm bald Form an: schon 1826 zählt die Bibliothek der Schule bereits über 1 200 Bände. Die Schüler lernen Dinge, praktisch auszuprobieren, in denen sie theoretisch unterrichtet werden. 1827 bekommt Wilhelm Albrecht endlich die Genehmigung zur Einrichtung eines zweijährigen Seminars, das auf die Bedürfnisse der nassauischen Bauern abgeÂstellt ist. Im Jahr 1835 zieht er mit EinÂführung der klassischen Winterschule nach Wiesbaden auf den Hof Geisberg und gilt damit als Gründer der landwirtÂschaftlichen Fachschulen.
Braun – LW 17/2015