Aktuelle Trends bei Traktoren

Schlepperfahren leichter machen

Die Agritechnica 2025 wirft ihre Schatten voraus und lässt zahlreiche Traktor-Neuheiten erwarten. Einige Hersteller haben diese bereits vorgestellt und/oder für den Wettbewerb „Agritechnica Innovation Award“ angemeldet, andere halten sich bis zur Messe im November noch bedeckt. Dieser Trendbeitrag beinhaltet Neuentwicklungen, die bis Mitte September 2025 freigegeben waren.

Die Hallen der Traktorenhersteller sind immer ein Publikumsmagnet.

Foto: dlg

Der Fokus bei Verbrennungsmotoren liegt heute auf der Verminderung des CO2-Ausstoßes und damit auf der Verwendung von alternativen Kraftstoffen. Viele Hersteller haben die Antriebe ihrer aktuellen Baureihen für den Betrieb mit RME (Rapsmethylester) und HVO (hydriertes Pflanzenöl) freigegeben. Diese können fossilen Diesel ohne Anpassungen bei Motor- und Tanktechnologien ersetzen.

Im Hintergrund wird an der Verwendbarkeit von weiteren Alternativkraftstoffen gearbeitet, beispielsweise Ethanol. Interessant dürfte dieser Alkoholkraftstoff vor allem für Länder sein, die ihn aus Zuckerrohr oder Mais selbst herstellen können, wie beispielsweise Brasilien. Case IH stellt für solche Märkte einen Traktor Puma 240 mit modifiziertem 6-Zylinder-Motor vor.

Entwicklungen am und um den Dieselmotor

Bei klassischen Dieselmotoren richten die Hersteller ihre Augenmerke verstärkt auf die „Peripherie“. So werden zur Agritechnica 2025 mehrere neue Traktor-Baureihen vorgestellt, die mit automatischen Umkehrlüftern erhältlich sind.

Neues gibt es auch bei Einrichtungen, mit denen die Schleppmomente der Motoren bei Bergabfahrten zur Schonung der Betriebsbremsen erhöht werden können (verschleißfreie Dauerbremsen). CNH setzt bei neuen Großtraktoren aus europäischer Entwicklung neben den bekannten Möglichkeiten „Stauklappe“ und „Verengung des Strömungsquerschnittes bei VTG-Ladern“ (Variable Turbolader-Geometrie) zusätzlich auf ein Dekompressionsventil, das zu wesentlich höheren Schleppmomenten führt.

Fendt nutzt bei den neuen Baureihen 700 (Gen7.1) und 800 (Gen5) ebenfalls die Möglichkeit des VTG-Laders und setzt darüber hinaus auf eine sogenannte „Hydraulic Auxiliary Brake“. Die Arbeitshydraulikpumpe fördert hier Öl gegen einen Widerstand und wandelt dadurch kinetische Energie in Wärmeenergie um. Diese Art von Dauerbremse wird seit einigen Jahren auch schon von SDF angeboten.

Vor zwei Jahren präsentierte Fendt ein automatisches System zur Absaugung von Staub aus dem Motorluftfilter. Dieses wird jetzt um den Kabinenluftfilter erweitert und steht für die neuen Baureihen 800 Gen5 und 1000 Gen4 zur Verfügung.

Die überarbeiteten 1000er arbeiten weiterhin mit dem 6-Zylinder-Motor D26 von MAN (12,4 l Hubraum), alle Modelle verfügen jetzt aber über DynamicPerformance (DP) mit bis zu 30 PS Mehrleistung. Das Topmodell 1052 kommt damit auf eine Maximalleistung von 550 PS. Weil nicht alle Anbaugeräte auf solche Leistungen ausgelegt sind, bietet Fendt die neue Funktion „AdaptivePower“ an. Damit können bei den größeren Modellen über das FendtONE-Terminal die Leistungskurven der kleineren ausgewählt werden, was Anbaugeräte vor Überlastungen schützt und geringere Kraftstoffverbräuche ermöglichen soll.

Ein großes Augenmerk wird auf die Fahrwerke gelegt. Zur Nutzung der Vorteile moderner Radialreifen bieten die Hersteller zunehmend Reifendruckverstellanlagen ab Werk an, auch integrierte Lösungen. Bei Claas und McCormick stehen für die neuen Großtraktorenmodelle zudem Zentralschmieranlagen für die Vorderachsen in den Preislisten, bei Claas können damit auch die Terratrac-Raupenlaufwerke versorgt werden.

Weiterentwickelte Hydrauliksysteme

Bei Großtraktoren setzt sich der Trend zu zwei getrennten Hydraulikkreisläufen mit je einer Verstellpumpe fort. Über den einen Kreis lassen sich beispielsweise Dauerverbraucher wie Gebläseantriebe von Air-Seedern versorgen, über den anderen Kreis „sporadische“ Verbraucher wie Fahrwerkszylinder oder Spuranreißer. Damit genügend Hydrauliköl zur Verfügung steht, verbauen die Traktorenhersteller zunehmend separate Behälter, was auch den Schmutzeintrag in das Getriebeöl vermindert.

Load-Sensing-Hydrauliksysteme (LS) gehören bei Premium-Traktoren seit Jahren zum Standard. Für die Versorgung von Anbaugeräten mit eigenen Ventilblöcken steht zudem die Erweiterung „Power Beyond“ mit den Anschlüssen P, R und LS (Pumpe/Druckleitung, Rücklauf/Tank, Load Sensing) zur Verfügung. Damit müssen einerseits weniger Hydraulikleitungen angekuppelt werden, andererseits lassen sich die traktoreigenen Wegeventile umgehen, was zu Effizienzverbesserungen führt.

Die bei „Power Beyond“ längeren LS-Leitungen können sich negativ auf die Hydraulikfunktionen von Anbaugeräten auswirken kann. Premium-Traktoren dürften daher in Zukunft zunehmend mit elektronisch geregelten Load-Sensing-Systemen (e-LS) ausgerüstet werden. Bei Fendt gehören diese bei den Baureihen 500 Gen4, 600, 700 Gen7.1 und 800 Gen5 bereits zur Serienausstattung.

Auch bei Anbaugeräten ist zu erwarten, dass die Hersteller vermehrt auf e-LS übergehen werden, und ROPA bietet mit dem Kartoffelvollernter „Keiler II RK22“ auch schon eine erste Maschine an. Für den Einsatz von Traktoren und Anbaugeräten mit e-LS ist derzeit aber immer noch eine hydraulische LS-Verbindung erforderlich und die Vorteile einer rein elektronischen Kommunikation lassen sich nicht vollständig nutzen. Fendt und ROPA entwickelten deshalb gemeinsam „e-LS connect“, mit dem die Lastdrucksignale zwischen Traktor und Gerät rein digital über den ISOBUS ausgetauscht werden können und keine LS-Leitung mehr notwendig ist.

Elektrifizierung schreitet voran

Batterieelektrische Serientraktoren im unteren Leistungsbereich sind mittlerweile marktverfügbar, der große Durchbruch dürfte aber weiterhin auf sich warten lassen. Ein großer Hemmschuh sind die hohen Batteriekosten. Der chinesische Hersteller ZSHX Advanced Tractors möchte mit dem XEEVO E904i den europäischen Markt aufmischen. Dieser Traktor wurde von Grund auf als batterieelektrisch konzipiert und soll nur rund 100 000 Euro kosten.

Das Antriebskonzept weist zwei nebeneinander angeordnete E-Motoren auf. Einer wird für den Fahrantrieb verwendet, der andere für den Antrieb von Heckzapfwelle und Arbeitshydraulikpumpen. Die Dauer-/Peakleistungen liegen bei jeweils 66/90 kW. Die LFP-Batterie mit 105 kWh Kapazität wird im vorderen Halbrahmen des Traktors verbaut. Ausgelegt ist diese auf Lade-/ Entladeleistungen von 115 kW, womit das Schnellladen mit DC-Strom innerhalb von einer Stunde möglich sein soll.

John Deere wird zur Agritechnica einen batterieelektrischen Traktor mit 96 kW (130 PS) präsentieren. Dieser basiert auf einer Modellplattform, die ebenfalls von Grund auf für elektrische Antriebstechnik und zudem für autonomes Fahren ausgelegt wurde. Grundlage für Letzteres sind Kamera-/LiDAR-Systeme und die rein elektrische „By-wire“-Ansteuerung von Lenkung, Bremsen usw.

Die E-Power-Modelle können mit bis zu fünf NCM-Batteriepaketen à 39 kWh bestückt werden, woraus sich eine Brutto-Gesamtkapazität von 195 kWh ergibt. Das Spannungslevel liegt bei rund 800 V, was demjenigen von Pkws der Oberklasse und Lkws entspricht. Komplett neu ist die E-Achse, die je einen Elektromotor für den Fahrantrieb und für die Heckzapfwelle beinhaltet (Dauerleistungen je 96 kW/130 PS). Der Fahrantrieb ist einstufig ausgeführt, womit keine Fahrbereichsschaltung mitsamt Kupplungen erforderlich sein soll.

Ein weiterer E-Motor ist für den Antrieb der Arbeitshydraulikpumpe vorgesehen, die in einer ersten Phase noch als Verstellpumpe ausgeführt ist. Neben diesen drei E-Motoren für die Arbeitsantriebe gibt es vier weitere für den bedarfsgerechten Antrieb von „Peripherie-Komponenten“: Kühllüfter, Heizung/ Lüftung/Klimaanlage, Getriebeschmierölpumpe und Batterie-Thermomanagement.

Neben der Standardausführung soll es die E-Power-Baureihe auch in den Ausführungen „Narrow“, „Low Profile“ und „High Crop“ geben. Diese Vielfalt und der Einstieg des großen Herstellers John Deere, der in diesen Segmenten im Heimmarkt USA seit Jahren hohe Verkaufsstückzahlen ausweisen kann, könnte der Batterieelektrik bei Traktoren endlich etwas Schub verleihen.

Start-ups mit E-Traktoren

Im Feld der batterieelektrischen Traktoren tummeln sich weiterhin auch die Start-up-Firmen ONOX und TADUS. Die Erstgenannte setzt auf ein Traktorkonzept mit drei E-Motoren: ein Motor mit 50 kW für den Fahrantrieb und zwei mit jeweils 35 kW Dauerleistung für die Front- und Heckzapfwelle. Neben der integrierten Batterie mit 20 KWh können Wechselbatterien mit 30 kWh mitgeführt werden: im Front- oder Heckdreipunkt sowie seitlich zwischen den Achsen. Das Spannungslevel ist mit 48 V für diese Leistungsklasse eher tief, liegt damit aber unter der für Elektrofahrzeuge geltenden Hochvolt-Grenze von 60 V.

TADUS präsentierte bereits zur Agritechnica 2023 einen E-Traktor-Prototyp. Dieser basierte auf einem Systemtraktor von Systra und wies ein Antriebskonzept mit fünf E-Motoren auf: je einer für die Vorder- und Hinterachse, je einer für die Front- und Heckzapfwelle sowie einer für die Arbeitshydraulikpumpe. Zur Agritechnica 2025 kündigt TADUS einen neuen batterieelektrischen Traktor mit 100 kW an, der wiederum eine „aufgelöste Antriebsarchitektur“ aufweisen soll. Weitere Angaben liegen aktuell leider nicht vor.

Kabinen und Assistenzsysteme

Viel Bewegung gibt es weiterhin im Bereich der Elektronik und Assistenzsysteme. Claas entwickelte für die neuen Axion-Großtraktoren ein „Adaptives Antriebstrang-Managementsystem“. Grundlage hierfür sind verschiedene Wirkungsgradkennfelder für Motor, Getriebe, Hydraulik und Nebenaggregate sowie ein lernfähiger Algorithmus. Bei der Teilfunktion „Auto Load Anticipation“ merkt sich das System bei der ersten Hin- und Rückfahrt auf dem Feld den Leistungsbedarf sowie Lastsprünge, zum Beispiel am Vorgewende. Bei den weiteren Fahrten passt der Traktor die Motordrehzahl und Getriebeübersetzung dann automatisch an, bevor die Lastsprünge auftreten.

Deutz-Fahr wird zusammen mit der neuen Traktorbaureihe in der oberen 6-Zylinder-Mittelklasse das Assistenzsystem „Advanced Driver Assistance System“ (ADAS) mit verschiedenen Sensor- und Kamerasystemen vorstellen. Im Standardpaket sind die von Pkw und Lkw her bekannten Funktionen „Spurhalteassistent“, „Abbiegeassistent“ und „Objekt-/Personenerkennung“ enthalten. Mit dem Zusatzpaket „Advanced“ lassen sich diese um einen Abstandstempomat mit Kollisionswarner und um eine Verkehrsschilderkennung erweitern. Bei den Assistenzfunktionen sollen Besonderheiten wie Front- und Heckanbaugeräten berücksichtig werden. Auch das Befahren von Nebenstraßen ohne Markierlinien oder das dichte Folgen von Feldhäckslern beim Anmähen von Maisfeldern soll Beachtung finden. Deutz-Fahr möchte damit die Sicherheit erhöhen und die technischen Voraussetzungen für autonomes Fahren schaffen.

Mit „SmartLift2“, das erstmals im neuen Topmodell Lintrac 160 LDrive zur Anwendung kommt, möchte Lindner das Arbeiten mit Frontlader komfortabler und effizienter gestalten. Beim Einschalten des Systems wird die 4-Rad-Lenkung aktiviert, das Lenkverhalten angepasst, die Hydraulikcharakteristik verändert und die Steuerung des leistungsverzweigten Stufenlosgetriebes für sensitives Fahren optimiert.

Zur Erhöhung der Sicherheit bei Transportfahrten werden die Assistenzsysteme zunehmend auf Anhänger erweitert. Die Funktion „Streckbremse“, die beim Bergabfahren oder Verzögern Schub auf den Traktor erkennt und die Anhängerbremsen automatisch mit pneumatischen Bremsdrücken bis zirka 2 bar beaufschlagt, wird mittlerweile von mehreren Herstellern angeboten. Auch die automatische Sperrung von Nachlauf-Lenkachsen ab einer bestimmten Fahrgeschwindigkeit findet zunehmend Verbreitung.

Roger J. Stirnimann, Dozent für Agrartechnik an der Fachhochschule Bern  – LW 44/2025