Blick über den Zaun in die ökologische Bewirtschaftung

Öko-Themenwoche an der BBS Agrar des DLR RNH

Die nachhaltige Produktion von Nahrungsmittel rückt immer mehr in den Fokus der Gesellschaft. Schon in der Ausbildung sollten sich junge Landwirtinnen und Landwirte mit dieser Thematik auseinandersetzten. In der Blockwoche des zweiten Ausbildungsjahrs vom 20. bis 24. Juni stand der Ökolandbau im Mittelpunkt des Unterrichts der Berufsbildenden Schule Agrar in Bad Kreuznach.

Michael Lahnert erklärt den Auszubildenden den ökologischen Anbau von Dinkel.

© Scheid

Da die meisten der jungen Auszubildenden ihre Lehrzeit in konventionell wirtschaftenden Betrieben absolvieren, wurde die Öko-Woche eingeführt, um einen Blick über den Tellerrand zu ermöglichen. Der Anteil der jungen Leute, die sich einen ökologischen Betrieb als Schwerpunkt ausgewählt haben, ist von Bedeutung. Ziel der Ökothemenwoche war es nicht, alle Schüler davon zu überzeugen, in Zukunft ökologische Landwirtschaft zu betreiben.

Ökolandbau – das System verstehen lernen

Ziel ist es, die Idee zu vermitteln, die hinter diesem System steht. Weiterhin sollten die Schüler die Bausteine der ökologischen Wirtschaftsweise sowohl im Pflanzenbau als auch in der Tierhaltung kennen lernen. Denn diese können auch in konventionellen Systemen Anwendung finden und deren Nachhaltigkeit erhöhen.

Gestartet wurde die Themenwoche in der Aula des DLR RNH. Die Schüler schauten sich ein Rollenspiel an, bei dem ein Verbraucher einen Biolandwirt im Supermarkt traf. Hierbei wurden viele Fragen im Bereich der Ernährung und der Produktion aufgeworfen. Anschließend gingen die Auszubildenden in Gruppen zusammen. Sie erarbeiten und diskutierten die Frage: „was bedeutet Ökolandbau für mich?“ Im Anschluss stellten sie sich gegenseitig ihre Ideen vor. Nun ging es in den Unterricht.

Im Pflanzenbau drehten die Schüler kleine Filme in denen die Themen Fruchtfolge im ökologischen Anbau, Agroforst, Einsatz von Biostimulantien und den grundsätzlichen Unterschieden zwischen ökologischem und konventionellem Anbau behandelt wurden. Im Pflanzenschutz ging es um den Einsatz von Kupfer und die Möglichkeiten der Beikrautregulierung. Es wurden kurzfristige Ansätze mit Hilfe der mechanischen Möglichkeiten, wie Striegeln und Hacken sowie langfristige Verfahren wie Etablierung von Untersaaten, Bestandsdichte, Fruchtfolge mit unterschiedlichen pädagogischen Methoden erarbeitet. Im Bereich der tierischen Erzeugung wurde die Geschichte des Hausrinds besprochen. Anschließend erarbeiten die Schüler Vor- und Nachteile unterschiedlicher Weidesysteme, um dann auf die Ansprüche der Weidewirtschaft im ökologischen Anbau zu kommen. In weiteren Schritten wurden die Anforderungen der Milchvieh- und der Mutterkuhhaltung im ökologischen Anbau erarbeitet. Besonders wurde auf Chancen und Risiken bei einer Umstellung von einem konventionellen auf einen Ökobetrieb eingegangen. Ein Fokus wurde auf die Beachtung des Tierwohls in diesem Zusammenhang gelegt.

Auch die Lehrer der Fächer Deutsch und Sozialkunde widmeten sich in dieser Woche ganz dem Ökolandbau. Hier wurden die EU-Ökoverordnung und die Aufgaben der unterschiedlichen Verbände besprochen.

Besuch aus der Praxis im Unterricht

Die Schüler bereiteten ein Expertengespräch vor. Am Mittwoch besuchte dann Samuel Himmel vom Dachverband AÖL die berufsbildende Schule um den jungen Auszubildenden Antworten auf ihre Fragen zu geben.Den Höhepunkt der Woche bildete der Besuch des Rescheider Hofs in Oberwesel. Die Betriebsleiter Manuela Seibert Lahnert und Michael Lahnert konnten den Schülern in beeindruckender Weise demonstrieren, wie Ökolandbau in der Praxis erfolgreich funktioniert. Der Betreib ist seit 1993 als Naturlandbetrieb anerkannt. Es werden insgesamt 215 ha auf sehr flachgründigen Böden bewirtschaftet. Von den 215 ha werden 85 ha als Ackerland genutzt. Der Betrieb fährt die Fruchtfolge Kleegras / Ackerbohnen / Lupinen – Weizen/ Dinkel – Roggen - Triticale – Wintererbsengemenge – Hafer. Vor jeder Sommerkultur steht eine Zwischenfrucht. Michael Lahnert zeigte den Auszubildenden seine Bestände und erklärte die Besonderheiten des Ökolandbaus.

Tierwohl ist den Betriebsleitern wichtig

Im Stall stellte Manuela Seibel Lahnert die Michviehhaltung und die Kälberaufzucht vor. Sehr viele Gedanken machen sich die Betriebsleiter um das Wohlergehen ihrer Tiere. Dies konnte bei Fütterung und Haltung der 90 Michkühe und deren Nachzucht eindrucksvoll beobachtet werden. Ein wichtiger Baustein stellt für Seibel-Lahnert die im Bertieb praktizierte ammengebundene Kälberaufzucht dar. Diese Form der Haltung ist nicht nur förderlich für das wohl der Kälber. Sie spart auch wertvolle Zeit im Betrieb.

Zum Abschluss konnte die Gruppe dann noch köstliche Buttermilch von der Upländer Bauernmolkerei genießen. Die Schüler waren von der Woche begeistert. Sie erhielten einen konzentrierten Einblick in die ökologische Wirtschaftsweise und konnten die eigene, teilweise einseitige Sichtweise auf das System, in vieler Hinsicht erweitern. Die Schülerinnen und Schüler wurden für die Idee des Ökolandbaus und der damit verbunden Nachhaltigkeit sensibilisiert. Auch wenn sie später aus nachvollziehbaren Gründen keinen ökologischen Landbau praktizieren werden, haben sie Bausteine kennengelernt, ihre eigene Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten.

Ingo Scheid, DLR RNH – LW 30/2022