Bodenpreise und DüngeVO prägen Betriebe der Zukunft
Tag der Landwirtschaft bei Agrartagen sehr gut besucht
Jörg Weickel, der Abteilungsleiter Landwirtschaft am DLR RNH, zeigte sich erfreut über den voll besetzten Saal in der Ludwig-Eckes Halle in Nieder-Olm. Ebenso Ferdinand Hofmann, sein langjähriger Mitarbeiter, Ackerbauberater seit 2003 am DLR RNH. Er übernahm letztmals die Moderation der Veranstaltung, da er im August in Rente geht. Und daher freute er sich umso mehr, dass er namhafte Referenten für diese Veranstaltung gewinnen konnte. Sie zogen die Besucher in Bann.

Foto: Setzepfand
Bodenpreise werden stark vom Leitzins beeinflusst
Das machen überwiegend der Staat und die Kirche. Daher seien die Preise eher zu niedrig angegeben. Dennoch ist in der Grafik zu sehen, dass in allen Bundesländern die Pachtpreise deutlich gestiegen sind. Auch der Kaufwert sei deutlich gestiegen. Die nächste Grafik zeigte nach Bahrs „des Pudels wahren Kern“, die Entwicklung der Preise für landwirtschaftliche Flächen (LN) und des Zinssatzes in Deutschland von 1993 bis 2015. Bis 2007 sanken die Kaufpreise für LN. Mit Absinken des Leitzins stiegen die Bodenpreise von 2007 bis 2015 um 113 Prozent auf knapp 20 000 Euro/ha. Das sei auf ganz Deutschland gesehen, doch es gebe ja nicht nur einen Bodenmarkt, sondern mindestens 416. So viele Landkreise habe Deutschland. Und wie viele Landwirte aus Erfahrung wissen, seien die Bodenpreise in einem Landkreis auch sehr unterschiedlich, je nach Kultur, je nach Bodenpunkte. Im Grunde seien es mit mindestens 1 000 Bodenmärkte, so Bahrs. Die starken Preissteigerungen hängen direkt mit dem billigen Leitzins zusammen, resümierte der Professor. Er ging noch weiter und fragte, ob denn bereits eine Bodenpreisblase existiere. Dabei zeigte er, in welchen Regionen die Bodenpreise besonders hoch seien. Neben einigen Regionen Bayerns und Nordrhein-Westfalens sei auch in der Region Mainz-Bingen bereits ein sehr hoher Bodenpreis zu zahlen von durchschnittlich 30 000 bis 60 000 Euro/ha. In Landshut koste der durchschnittliche Hektar 120 000 Euro, dies sei bundesweit der höchste Wert und definitiv eine Blase, bewertete Bahrs. Der Bodenwert hänge auch immer von der Grundrente ab. Diese auszurechnen empfahl Bahrs den Landwirten vor dem nächsten Kauf. Auf ein Hektar bezogen werde die Arbeit und das Kapital entlohnt, was übrig bleibe sei die Grundrente aus Ertragswertperspektive. Man nehme mal an, diese sei 500 Euro/ha. Dann sei der Bodenwert bei einem Zinssatz von 0,06 Prozent 8 000 Euro/ha. Bei einem Zinssatz von 0,04 Prozent steige der Bodenwert bereits auf 12 000 Euro/ha und bei einem Zinssatz von 0,02 Prozent steige der Bodenwert auf rund 25 000 Euro/ha.
Was die Preise zukünftig verändern könne, das seien starke Änderungen in den Erzeugerpreisen, Betriebsmittelkosten und Arbeitslöhne, auch rechtliche Faktoren könnten den Bodewert beeinflussen, wie die Pauschalierung der Umsatzsteuer, die Düngeverordnung speziell in Veredlungsregionen, die GAP-Reform und somit die Höhe der Betriebsprämien oder Steuern auf Pflanzenschutzmittel. Das sei wie römisches Knochenwürfeln, so der Professor aus Hohenheim, doch was sicher sei, so sein Fazit: Das einzige Mittel, das wirklich gegen die hohen Bodenpreise helfe, sei den Leitzins anzuheben, dann fließe nicht mehr so viel Liquidität in den Bodenmarkt. Rechtliche Schritte einzuleiten, wie dies in Sachsen und Niedersachsen erwägt werde, um der Sache Herr zu werden, das lehne auch die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz ab, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigt hatte, erklärte Adolf Dahlem, Sachverständiger für den Bodenmarkt in Rheinland-Pfalz, und Bahrs konnte ihm da nur zustimmen. Zwar seien die Pachtpreise in den vergangenen drei Jahren um durchschnittlich 19 Euro oder neun Prozent gestiegen, doch von den Verhältnissen in Sachsen sei man hier weit entfernt. Tatsächliche Verkäufe seien in den alten Bundesländern sehr selten, nur 0,3 bis 0,5 Prozent der LN werden pro Jahr in Deutschland zum Kauf angeboten. „Die Bodenpreise werden auch wieder Dämpfer erhalten, ich weiß nur nicht, wann“, schloss Bahrs.
Weniger Dünger und Chemie, doch Erträge steigern
Sven Böse von der Firma Saaten-Union in Isernhagen, einem Zusammenschluss mehrerer Pflanzenzüchtungs-Unternehmen, leitet die Fachberatung der Firma. Böse zeigte, im Hinblick auf die bevorstehenden Restriktionen durch die Dünge-Verordnung und den weiter anhaltenden Kostendruck Lösungen aus Sicht eines Pflanzenzüchters auf.Die beste Alternative zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, sei aus seiner Sicht die Verbesserung der Produktivität durch die Nutzung des Zuchtfortschrittes, der sich in Ertragssteigungen ausdrückt. Im Vergleich zu anderen Positionen, wie die der Kostensenkungen, der Ausweitung der Anbaufläche oder dem Anbau von landwirtschaftlichen Intensivkulturen sei die Ertragssteigung durch Nutzung des Zuchtfortschrittes aus seiner Sicht am leichtesten zu realisieren.
Bei zukünftig beschränkter Stickstoffdüngung zum Winterweizen werde es am ehesten Probleme in Hochertragsgebieten und bei ertragreicheren Sorten geben. Zukünftig seien effiziente Winterweizensorten im Vorteil, die bei gleichem Stickstoff-Angebot einen überdurchschnittlichen Rohproteingehalt bringen können. Stickstoff-effiziente Sorten können aus dem Boden durchschnittlich 10 kg N/ha mehr aufnehmen als der Durchschnitt.
Allerdings besteht nur ein sehr loser Zusammenhang zwischen Rohproteingehalt und Brotvolumen. Bei der Weizenanlieferung ist der Rohproteingehalt immer noch das entscheidende Qualitätsmerkmal zur Qualitätseinstufung der Partie und damit zur Preisdifferenzierung. Der Rohproteingehalt dürfte, streng genommen, aber nur zur Qualitätsdifferenzierung innerhalb einer Sorte dienen. Daher schlug Böse bei zu erwartenden zukünftig sinkenden Eiweißgehalten durch reduzierte Stickstoff-Düngung die gemeinsame Erfassung von Weizensorten mit ähnlichem Qualitätsprofil vor.
Die Erweiterung der Fruchtfolge stelle eine weitere Möglichkeit der Anpassung dar. Durch Aufnahme von Sommerungen werde die Fruchtfolge vielgestaltiger. Positive Effekte seien die Reduktion der Ackerfuchsschwanz-Problematik und die Stickstoff-Bindung durch die Leguminosen. Durch die Stickstoff-Bindung werde weit mehr Stickstoff in das System und in den schnell abbaubaren Humusanteil gebracht, wie durch die Düngeverordnung für die Nachfrucht anzurechnen sei. Diesen Stickstoff könne der nachfolgende Winterweizen nutzen.
In der Produktionstechnik sei nach Böse besonderer Wert auf eine harmonische Jugendentwicklung mit leistungsfähigem Wurzelwerk zu legen. Ziel beim Winterweizen sollte eine Vorwinterentwicklung von vier Trieben pro Pflanze sein, nicht wesentlich mehr oder weniger.
Nach einer Pause folgte Georg Horst Schuchmann von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG). Er stellte die DLG-Testmethoden und die Entwicklungstrends im Bereich der Sätechnik vor. Mit 50 Mitarbeitern arbeitet er im DLG Testzentrum Technik und Betriebsmittel in Groß-Umstadt. Hier werden pro Jahr 1 100 technische Prüfungen durchgeführt, 200 Prüfzeichen für Landtechnik vergeben und 2 500 Betriebsmittelproben geprüft. Im Bereich der Außenwirtschaft wird auch die Sätechnik geprüft. So versprechen bei der Einzelkornsätechnik die Hersteller seit rund sieben Jahren, dass bei hoher Arbeitsgeschwindigkeit dennoch eine gute Ablagegenauigkeit erlangt werde. Das hat die DLG beim Sägerät John Deere 1725 NT Exact Emerge bei einer Arbeitsgeschwindigkeit von 20 km/h überprüft. Es wurden beim Feldtest mit drei Maissorten sehr gute Ergebnisse erzielt. Die Trends in der Einzelkornsaat gehen zu elektrischem und hydraulischem Antrieb der Vereinzelungsaggregate, Sensoren überprüfen die Vereinzelungsqualität, Unterfußdüngung ist ein Thema sowie der gleiche Legeabstand bei Kurvenfahrten.
Aussaatmenge wird immer genauer eingestellt
Bei der Drillsaat werde die Dosiergenauigkeit am Hang und bei unterschiedlichen Fahrgeschwindigkeiten getestet. Es zeigte sich laut Schuchmann, dass die Hersteller zunehmend ISOBUS-Funktionen direkt auf den Fahrhebel des Traktors übertragen.Um die Ausbringmenge optimal einzustellen, bieten die Hersteller zukünftig eine automatische Abdrehprobe an. So werden bei Horsch und Väderstad die Körner von optischen Sensoren in den Saatleitungen gezählt. Lemken biete zukünftig ein Bypass-System an, über welches die Abdrehmenge mit einer Wiegezelle verwogen werde. Bei den meisten Herstellern sei spürbar, dass sich der Zugang zur Entnahme der Abdrehprobe verbessert hat. Schuchmann fasste zusammen, dass bei beiden Sätechniken, die Standraumoptimierung ein wichtiges Thema sei, wobei hier die Erntetechnik immer auch Grenzen setze.
Er mahnte, dass der eigentliche Zweck eines Sägerätes nicht aus dem Fokus der Entwickler geraten dürfe. Auf die Frage eines Landwirts, wann sich die Einzelkornsaat in Getreide etablieren werde, zeigte sich Schuchmann bedeckt. Man habe es dann nicht nur mit zehn Pflanzen pro Quadratmeter zu tun, die vereinzelt werden müssen, sondern mit 400. Noch dazu habe sich eine hohe Fahrgeschwindigkeit beim Drillen etabliert, die dazu führt, dass eine hohe Anzahl von Saatkörnern innerhalb kurzer Zeit vereinzelt werden müsse.
Auf dem Zweilindenhof in Hohenstein im Taunus wirtschaftet Torsten Reim auf 290 bis 400 m Höhe auf dem elterlichen Betrieb. Die durchschnittliche Jahrestemperatur beträgt 7,5 °C bei 650 mm Jahresniederschlag. Die Bodenzahlen bewegen sich zwischen 20 und 80 (im Mittel knapp 50). Auf 270 ha werden hauptsächlich Winterraps und Getreide angebaut. Mehrjährig werden bei Raps 42 dt/ha, bei Winterweizen 86 dt/ha und bei Wintergerste 81 dt/ha geerntet. Die 185 bewirtschafteten Schläge haben eine durchschnittliche Größe von 2,3 ha, wobei manche Flächen auch weniger als einen halben Hektar haben können. Daneben werden auf 200 ha Lohnarbeiten zu Pflanzenschutz und Düngung durchgeführt.
Reim hat über viele Jahre geoÂreferenzierte Karten zu mehreren Schlagmerkmalen wie etwa Ertrag, Biomasse, Leitfähigkeit des Bodens, digitales Geländemodell, Geologie, Bodenschätzung, Nährstoffgehalten und eigener Erfahrung erstellt. Die Bodenkarten hat er sich von der Finanzverwaltung besorgt.
Mittels eines Sensors können Merkmale des Pflanzenbestandes wie die Biomasse oder der Stickstoff-Status der Kulturpflanzen gemessen werden.
Teilflächenspezifische Düngung und mehr
Durch übereinander legen der Karten, je nach gewünschter Anwendung, entstehe eine sogenannte Map Overlay-Karte, anhand derer die Pflanzenschutzspritze, der Düngerstreuer oder auch das Bodenbearbeitungsgerät gesteuert werde. Reim stellte zahlreiche Anwendungen vor: Teilflächenspezifische Stickstoff-Düngung zu Wintergetreide und Winterraps zur Überprüfung von Stickstoff-Menge und -verteilung.
Erfassung der Biomasse des Rapses im Herbst und frühem Frühjahr mittels Sensor und teilflächenspezifische Variation der Stickstoff-Aufwandmenge: weniger Biomasse: Zuschläge, mehr Biomasse: Abschläge.
Teilflächenspezifische Variation der Wachstumsregler-Aufwandmengen: weniger auf Teilflächen mit geringer Pflanzenmasse, mehr auf Teilflächen mit stärkerer Biomasse.
Teilflächenspezifische Variation der Aussaatstärken: geringer auf schlechten Stellen, höher auf guten Stellen. Reim nutzt dafür eine Drillmaschine mit hydraulischem Säradantrieb.
Teilflächenspezifische Variation der Bearbeitungstiefe mit dem Grubber (zwischen 9 und 21 cm). Jeder Grubber mit hydraulischer Tiefeneinstellung ist mit einem Nachrüstbausatz dafür einsetzbar. Ziel sind Einsparungen von Treibstoff und Zugkraft und Erhöhung der Arbeitsleistung.
Erste Erfahrungen wurden mit dem Einsatz von Drohnen gemacht. Unterschiedlicher Krankheitsbefall auf den heterogenen Schlägen soll in eine teilflächenspezifische Fungizidanwendung umgesetzt werden.
Nach Erfahrungen von Reim lassen sich durch den Einsatz von Sensoren und anderen „digitalen Werkzeugen“ nicht nur die Erträge steigern und Qualitäten verbessern, sondern durch die gezieltere Anwendung auch der Aufwand an Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, Treibstoff sowie Arbeitszeit deutlich reduzieren. Das Potenzial der Einsparungen an Pflanzenschutzmitteln bei Verwendung einer Pflanzenschutzspritze mit Einzeldüsenabschaltung hänge sehr von der Schlagform ab und reiche von ein bis zwei Prozent bei rechteckigen Schlägen über fünf bis acht Prozent bei rautenförmigen bis zu über zehn Prozent bei verwinkelten Schlägen. Gleichzeitig werde die Umwelt geschont. Aus den bisherigen Erfahrungen ziehe er das folgende Fazit:
- Die Parallelfahrsysteme bei allen Bodenbearbeitungsgängen arbeiten sehr zuverlässig und sind praxisreif.
- Die teilflächenspezifische Düngung (mit geodatenbasierten Karten) ist problemlos.
- Das „Herbstscannen“ bei Raps ist Standard auf dem Betrieb.
- Erste Erfahrungen mit dem „Scannen“ bei Getreide wurden bereits gesammelt.
- Sehr gute Erfahrungen wurden mit „Topsoil Mapper“, einem Sensor im Frontanbau, und der Offlinekartenbearbeitung beim Grubbern gemacht.
Abschließend gab Reim den Kollegen noch einige Ratschläge mit: „Daten sind der neue Rohstoff der Landwirtschaft. Fangen Sie an und sammeln Sie Daten. In zehn Jahren ist der Sensor Standard wie heute der Allrad. Sind Sie vorsichtig und geben Sie Ihre Daten nicht aus der Hand. Daten, die auf Ihren Schlägen erhoben wurden, sind Ihr Eigentum.“
zep/Martin Nanz – LW 5/2017