Bränden im Stall effektiv vorbeugen

LLH-Online-Seminar zum Brandschutz

Stallbrände sind in landwirtschaftlichen Betrieben keine Seltenheit. Neben erheblichen finanziellen Schäden können die emotionalen Belastungen für die Betroffenen dramatisch sein, besonders dann, wenn Menschen oder Tiere dabei zu Schaden kommen. Vor allem in Altgebäuden finden sich oft zahlreiche potenzielle Feuerquellen. Ein Online-Seminar im Rahmen des Fokus Netzwerk Tierwohl, organisiert vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) im Dezember, hat sich mit häufigen Ursachen von Bränden in Ställen und möglichen Vorbeugungsmaßnahmen befasst. Das LW war dabei.

In landwirtschaftlichen Gebäuden befindet sich häufig eine große Menge an brennbaren Stoffen, wie zum Beispiel Stroh oder Futtermittel. In Ställen sollten diese nur in den absolut erforderlichen Tagesbedarsfmengen gelagert werden.

Foto: Imago/Zoonar

Was bei der Bauplanung von Schweineställen zu beachten ist und wie sich Brandschutzkonzepte sinnvoll umsetzen lassen, stellte Bernhard Feller von der Landwirtschaftskammer NRW vor. Neben seiner hauptamtlichen Tätigkeit im Fachbereich Betriebswirtschaft – Bauen –Technik ist Feller Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in seinem Heimatort und konnte auch aus seiner praktischen Erfahrung berichten.

Keine besonderen Anforderungen

„Landwirtschaftliche Gebäude gehören zur Gebäudeklasse I, das heißt sie dürfen ohne besondere Anforderungen an den Brandschutz errichtet werden“, erklärte Feller. Ein Brandschutzkonzept werde erst bei Bauten erforderlich, die eine Fläche von 1 600 m² beziehungsweise 10 000 m³ überschreiten. Die Landesbauordnungen der Bundesländer seien auf Wohngebäude und die Rettung von Menschen abgestimmt, auch die Industriebaurichtlinie passe für landwirtschaftliche Bauten nicht. Die Musterbauordnung (MBO) und auch die Hessische Bauordnung (HBO) schrieben lediglich vor, dass aufgrund der Beschaffenheit der baulichen Anlagen eine Rettung von Menschen und Tieren möglich sein muss. „Tiere verlassen den Stall in der Regel nicht, ohne getrieben oder geführt zu werden. Im Gegenteil – sie suchen bei Gefahr eher noch Schutz in der ihnen bekannten Bucht beziehungsweise dem Stall. Draußen ist es laut und dunkel, und das Blaulicht kennen die Tiere nicht“, so Feller. Aus diesem Grund ist im Brandfall eine Rettung von Tieren aus Stallgebäuden eine große Herausforderung. Die Tiere müssten irgendwo untergebracht werden, außerdem habe das Einsatzpersonal nicht immer Erfahrung mit Tieren, wie Feller aus seiner praktischen Erfahrung berichtet. „Unterm Strich ist eine Tierrettung im Brandfall sehr schwierig. Deswegen müssen Ställe von vorne­herein so gebaut werden, dass sie möglichst nicht brennen“, so seine Schlussfolgerung.

Brandschutzkonzept auf das Objekt anpassen

Der Brandschutz gliedert sich nach Fellers Erklärung in vorbeugenden und abwehrenden Brandschutz. Der abwehrende Brandschutz wird von den Feuerwehren (öffentliche Feuerwehren, Betriebs- und Werksfeuerwehren) ausgeführt. Die Leistungsfähigkeit der Feuerwehren richte sich nach der jeweiligen Hilfsfrist und Schutzzieldefinition (siehe blauer Kasten). Unter vorbeugenden Brandschutz fallen:

  • baulicher Brandschutz,
  • technischer Brandschutz,
  • betrieblicher Brandschutz.

„Stallgebäude sind sehr unterschiedlich. Für eine detaillierte Risikobewertung eines landwirtschaftlichen Anwesens ist jeweils eine genaue Beschreibung der betrieblichen Ausstattung sowie der zu erwartenden Risiken erforderlich. Das ist die Basis, um ein objektspezifisches Brandschutzkonzept zu erstellen“, sagte der Experte. Rettungswege müssen aus den oben beschriebenen Gründen so gestaltet sein, dass sie den Tieren eine Alternative bieten, um Schutz zu suchen, ohne dabei das Einsatzpersonal zu gefährden. „Hier müssen die Lösungen zusammen mit der Feuerwehr gefunden werden. Türen müssen so gestaltet sein, dass sie von den Einsatzkräften von außen geöffnet werden können“, so Feller.

Stallgebäude werden größer

Tierbestandsgrößen und Stallgebäude sind in den letzten Jahren gewachsen, so Feller. Zudem erlaubten die Abläufe in der Tierhaltung oft keine Trennung der Gebäude in Brandabschnitte. In den Bauordnungen werde die Begrenzung von Brandabschnitten nach Volumen vorgenommen. Ein Bezug zur Fläche wäre hier jedoch sinnvoller, findet Feller, da es sich bei landwirtschaftlichen Gebäuden meistens um eingeschossige Bauten handelt. Feuerfeste Wand- und Binderfelder, um Abschnitte zum Beispiel in Boxenlaufställen zu bilden, seien denkbare Alternativen. Zudem solle man die Brandlast generell reduzieren, das heißt beispielsweise von brennbaren Materialien wie Einstreu, Futter oder Betriebsmitteln nur den notwendigen Tagesbedarf im Stall lagern.

Elektrische Anlagen regelmäßig überprüfen

Damit ein Brand entstehen kann, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Die drei wesentlichen „Komponenten“ sind ein brennbarer Stoff, Sauerstoff und Zündenergie, zum Beispiel in Form von Wärme oder Elektrizität. Mit rund 50 Prozent seien Blitzschlag, Elektrizität/Kurzschluss und technische Defekte die Haupt-Brandursachen in Stallgebäuden, so Feller, aber auch unachtsames Arbeiten mit offenem Feuer oder Gas und Überhitzung kämen als Ursache in Frage. „Elektrische Anlagen müssen in einem separaten Raum mit mindestens feuerhemmenden Decken und Wänden untergebracht sein. Die technischen Anlagen müssen zudem regelmäßig überprüft werden“, sagte der Experte.

Wichtiges zusammengefasst

Brände sind nie zu 100 Prozent vermeidbar!

Tierrettung innerhalb des Stalles: Tiere vor den Gefahren eines Brandes schützen, Brandfrüherkennung, Wasservernebelung, Nutzung vorhandener/notwendiger Wasserzapfstellen, Möglichkeit zur Fremdeinspeisung von (Lösch-)Wasser durch die Feuerwehr vorhalten.

Aufteilung der Stromkreise: Stromversorgung der Lüftungsanlage separat für jeden Brandabschnitt anschließen um Funktionserhalt sicherzustellen, eventuell Fremdeinspeisung ermöglichen.

Technische Einrichtungen: zentrale Schaltschränke, Frequenzregler et cetera in einem Raum mit mindestens feuerhemmenden Decken und Wänden.

Brandabschnitte: Brandabschnitte und Brandbekämpfungsabschnitte können innerhalb großer Gebäude die Brandbekämpfung wirksam unterstützen.

Bernhard Feller

Verschiedene Stromkreise nutzen

Fehlender Blitzschutz und mangelhafte Elektroinstallationen, wie lose Klemmverbindungen oder Kabelbrüche müssten unbedingt behoben werden. „Solche Mängel kann man durch einen E-Check mit einer Wärmebildkamera aufdecken“, so Feller. Gegenstände und Gerätschaften, die sich erwärmen können, dürfen laut Feller keinesfalls auf brennbaren Untergründen stehen. Außerdem empfiehlt er, die Stromversorgung über unterschiedliche Stromkreise laufen zu lassen. „In geschlossenen Tierställen ergibt sich das Problem, dass immissionsschutzrechtliche Auflagen eine zentrale Abluftführung mit Abluftreinigung fordern. Dafür werden zentrale Luftsammelkanäle im Dachraum eingebaut. Diese können brandschutztechnisch mit einem enorm hohen Aufwand abgeschottet werden. Die Auswahl an bauaufsichtlich zugelassenen Abschottungen ist klein, die Betriebssicherheit durch Verschmutzung, Staub, Feuchtigkeit und Korrosion ist gering“, erklärte der Referent. Lüftungsanlagen könnten hingegen auch bei der Entrauchung helfen, was besonders bei den geschlossenen Ställen eine Rolle spiele, da dort im Gegensatz zu offenen Ställen keine natürliche Querlüftung gegeben ist. Klassische Brandmeldesysteme wie Rauchmelder aus dem Heim- oder Industriebereich bieten keine ausreichende Betriebsicherheit in Stallgebäuden, die Verschmutzung durch Staub und Feuchtigkeit führt zu häufigen Fehlalarmen, wie der Experte erläuterte. „Hier empfiehlt es sich, zunächst einen Alarm auf das eigene Telefon auslösen zu lassen, anstatt direkt an die Leitstelle. Dann kann man überprüfen, ob es sich wirklich um eine Gefahrensituation handelt oder nur um einen Fehl­alarm“, riet der Experte.

Vorhandene Technik nutzen

Hilfsfrist und Schutzzieldefinition in Hessen

Die Hilfsfrist beschreibt die Zeit vom Eingang eines Notrufes in der Leitstelle bis zum Eintreffen der Kräfte am Einsatzort. Sie wird auf Landesebene geregelt. In Hessen besagt die Hilfsfrist, dass 90 Prozent der Notfälle innerhalb einer Frist von zehn Minuten nach Eingang der Notfallmeldung erreicht werden sollten, dies gilt hessenweit für alle Regionen (Quelle:

gesundheitsbericht.hessen.d...). Die Hilfsfrist ist das wichtigste Planungskriterium für Feuerwehren und Rettungsdienste.

Die Schutzzieldefinition beschreibt, wie viele Einsatzkräfte innerhalb einer bestimmten Zeit am Einsatzort sein sollen. Sie wird nicht landesweit einheitlich festgelegt, sondern von Stadt- oder Gemeinderat festgesetzt. Für verschiedene Einsatzarten werden unterschiedliche Schutzzielbestimmungen festgelegt.

Auf dem Markt erhältlich seien zum Beispiel spezielle Rauchansaugsysteme, die, wenn auch aufwändig in der Wartung, einigermaßen zuverlässig warnen könnten. Auch eine Klima- und Kameraüberwachung sei sinnvoll und könne helfen, den Schaden im Brandfall durch frühzeitiges reagieren deutlich zu mindern: „Ventilatoren haben zum Beispiel einen Thermokontakt, der auf die vorhandene Alarmanlage aufgeschaltet einen Alarm auslösen kann.“ Entsprechend wichtig sei die Installation von Feuerlöschern und Wasserzapfstellen um im Ernstfall sofort reagieren zu können.

Rauchentwicklung je nach Material unterschiedlich

„Die Temperatur ist bei einem Brand oft nicht so sehr das Problem wie die Rauchentwicklung. Besonders moderne Baustoffe wie Polyurethan haben eine hohe Rauchentwicklung“, erklärte der Experte. Je nach dem, welches Material verbrennt, entsteht unterschiedlich viel Rauch. Nach 10 Minuten Branddauer komme es bei Hart-PVC zu einer Rauchentwicklung von etwa 6 000 m³, Birkensperrholz liege bei etwa 7 500 m³ und Schaumgummi oder Heizöl bei rund 25 000 m³ Rauch je 10 Kg Material. „Ein verrauchter Stall ist nicht mehr betretbar“, so Feller. Hinsichtlich der Temperaturentwicklung stellen nach seinen Worten Nagelbinderkonstruktionen im Brandfall ein Risiko dar. Bei diesen Konstruktionen sind die Holzlagen mit Nagelplatten aus Stahl verpresst. Diese Platten bieten eine große Fläche, die leicht Wärme aufnimmt, wie Feller erläuterte. Der Stahl verliere durch die Hitze seine Festigkeit, wodurch die Tragfähigkeit im Brandfall sehr schnell nachlasse. Er berichtete von einem Fall, bei dem die Nagelbinder-Dachkonstruktion bereits 17 Minuten nach Brandentstehung eingestürzt sei.

Löschwasserversorgung im Außenbereich sicherstellen

Da landwirtschaftliche Gebäude in der Regel im Außenbereich angesiedelt sind, ist eine für Wohnhäuser ermittelte Schutzzieldefinition (siehe blauer Kasten) nicht immer einzuhalten, erklärte Feller. „Ein entscheidendes Kriterium ist deswegen die Bereitstellung von ausreichend Löschwasser. In der Anfangsphase eines Einsatzes stehen weder ausreichend Zeit noch Personal zur Verfügung, um eine Löschwasserversorgung über große Entfernungen aufzubauen“, sagte er. Oft bestehe für Gebäude im Außenbereich keine Sammelwasserversorgung. „Die Mindestversorgung mit Löschwasser für die Anfangsphase wird abhängig von der Objektgröße zwischen 800 und 1 600 Litern pro Minute über eine Zeitdauer von zwei Stunden angenommen“, sagte Feller. Deswegen sei ein Reservoir in Form eines Löschwasserbehälters, Löschteiches oder Brunnens notwendig. Da Brunnenwasser in der Landwirtschaft auch für viele andere Dinge benötigt wird, müsse so kalkuliert werden, dass etwa 100 bis 200 m³ Löschwasser immer vorhanden seien. Ebenso wichtig sei es, die Löschwasserstellen regelmäßig zu kontrollieren und zu pflegen, zum Beispiel von Bewuchs zu befreien oder den Zugang sicherzustellen.

Welche Gefahr geht von PV-Anlagen aus?

Auf den Dachflächen vieler landwirtschaftlicher Bauten sind Photovoltaikanlagen angebracht. Werden Anlagenbauteile bei einem Brand beschädigt, sind mögliche Gefahren unter anderem das Entstehen von giftigen Gasen, die vorhandene Elektrizität und die Möglichkeit des Einsturzes der Konstruktion. „In einem Brandfall ist es wichtig, dass die Einsatzkräfte darüber informiert sind, ob eine PV-Anlage vorhanden ist. Auch hier ist eine regelmäßige Abstimmung mit der Feuerwehr sinnvoll, damit im Notfall alle mit der Anlage vertraut sind und diese gegebenenfalls abschalten können“, sagte Feller. Sind die Bauteile der Anlage unversehrt, gehe in der Regel keine erhöhte Gefahr davon aus. Wichtig zu wissen sei aber, dass die Leitungen und Bauteile der PV-Anlage bei Lichteinfall ständig Strom führen, auch dann, wenn die Anlage abgeschaltet ist. Sicherheitsabstände müssen aus diesem Grund unbedingt immer eingehalten werden, resümierte er.

kbü – LW 2/2022