Braugerste aus der Region

Rundfahrt des Hessischen Braugerstenvereins

Der Hessische Braugerstenverein (HBgV) informierte sich in der vergangenen Woche in Nordosthessen über ein Gemeinschaftsprojekt der Braugerstenerzeugergemeinschaft Werra-Meißner-Land und der Klosterbrauerei Eschwege.

Auf dem Bild, von links: Brauereigeschäftsführer Ernst Andreas, Vorsitzen­der des Hessischen Braugerstenvereins Armin Müller, Braumeister Christi­an Flender, Landwirt Hartmut Thiele und EZG-Betreuer Hans-Werner Kretschmer.

Foto: Ernst-August Hildebrandt

HBgV-Vorsitzender Armin Mül­ler begrüßte auf dem Gelände der Klosterbrauerei Eschwege 40 Teilnehmer aus Landwirtschaft, Handel, Mälzerei- und Brauereigewerbe zur diesjährigen Braugerstenrundfahrt und dankte Brauereigeschäftsführer Ernst Andreas und Braumeister Christian Flender für die Vorstel­lung der 175-jährigen Privatbrauerei und der Braugerstendemonstrationsflächen des Be­triebs von Hartmut Thiele in Eschwege-Oberhone, wo die Möglichkeit bestand, spezielle Fragen zu Braugerstensorten im Kontext von Anbau, Mälzung, Brauen und Markt zu diskutieren.

Abläufe im Betrieb vorgestellt

Braumeister Christian Flender führte durch die Brauerei und erläuterte die Abläufe beim Brau­en der traditionellen und teilweise neuen Bierspezialitäten der mittelständischen Eschweger Klosterbrauerei vom traditionsreichen Sudhaus mit einer Braukapazität von 190 Hektoliter, die bei Bedarf täglich bis zu sechs Durchgänge ermöglichen über den Gär-, Lager- und Filterkeller bis zum Probierkeller im Kreuzgewölbe des ältesten Gebäudeteils, in dem sich die Besucher an einem gerade gebrauten naturtrüben Zwickelbier erfrischen durften. Im Anschluss wurden die Abfüllanlagen für die Fassabfüllung, bei der stündlich 70 Kegs gereinigt und befüllt werden und die Flaschenabfüllung mit einer Kapazität von 24 000 Flaschen/Stunde besichtigt. Der Praxisteil führte die Teilnehmer auf Braugersten-Demonstrationsflächen des Betriebes von Hartmut Thiele in Eschwege-Oberhone. Der 330 ha (im Mittel 49 Bodenpunkte) große, viehlose Ackerbaubetrieb arbeitet seit 1997 pfluglos mit Mulchsaat­verfahren. Angebaut werden 30 ha Zuckerrüben sowie 65 ha Winterraps und 5 ha Ackerbohnen als Blattfrüchte und 15 ha Ha­fer, 15 ha Braugerste, 40 ha Win­tergerste und 160 ha Winterweizen.

Hartmut Thiele erläutert am Braugerstenschlag produktionstechnische Maßnahmen im Anbaujahr 2014.

Foto: Ernst-August Hildebrandt

Auf 40 ha wird Saat­gutvermeh­rung für Sommergerste und Win­terweizen betrieben. Der Betriebsleiter erläuterte die Besonderheiten des Schlages auf rund 250 m über Normalnull und informierte über die diesjährigen Witterungsbedingungen, Aussaatbedingungen, Dünge- und Pflanzenschutzmaß­nahmen zur seit zehn Jahren im Vertragsanbau kultivierten Sommergerstensorte Marthe und fünf Demonstrationssorten im Schlag.

Infos über Ertrag, Reife und Vermarktung

LLH-Marktfruchtreferentin Gabriele Käufler erläuterte den Demonstrationsanbau und die Qualitätskriterien, die neben Ertrag und Reifezeit den Wert und die Vermarktungschance der Braugersten bestimmt. Dabei verwies sie auch auf das „Berliner Programm“ mit technischen Brau­­eignungsuntersuchungen, deren Ergebnisse als Grundlage für Anbauempfehlungen dienen. Auch ging die Pflanzenbauexpertin auf die Sorteneigenschaften der an­ge­bauten Marthe und den neueren Sorten Solist, Avalon, Propino sowie Catamaran und Grace hin­sichtlich ihrer Ertragsleistung, Braueigenschaft, Standfestigkeit, Reifezeit, wie auch Blattgesundheit sowie Ähren- und Halm­knicken, Tausendkorngewicht und hl-Gewicht ein. Dies alles vor dem Hintergrund der be­sonderen Witterungsbedingungen im Frühjahr 2014, die auf dem ertragsärmeren Standort mit Wasserdefizit zu erkennbaren Unterschieden führte aber noch keine Aussagen über die Marktleistungen zulassen.

500 t Braugerste von Landwirten aus der Region

Ernst Andreas, Geschäftsführer der Eschweger Klosterbrauerei, stellte die Philosophie seines Unternehmens vor, bei der die regionalen Wirtschaftskreisläufe im Mittelpunkt stehen. Im Fokus steht dabei die regional erzeugte Braugerste, von der die Brauerei jährlich rund 500 t aufnimmt und den Landwirten zum Marktpreis nochmals 20 Euro/t zulegt. Andreas sieht in den Vereinbarungen mit den Landwirten einen großen Vorteil, wobei auch die Sichtweisen von Brauerei und Landwirten ausgetauscht werden und zu einem besseren Verständnis führen. Dabei bemühe man sich gemeinsam auch um Öffentlichkeitsarbeit über die Presse, bei PR-Aktionen zur Aussaat und Ernte, wie auch durch Feldschilder, die auf die regionale Erzeugung, Verarbeitung und das Produkt hinweisen.

Entwicklung der Erzeugergemeinschaft

Hans-Werner Kretschmer von der Braugerstenerzeugergemeinschaft Werra-Meißner-Land ging auf die Geschichte der Erzeugergemeinschaft und die Entwicklung der Beziehungen mit der Eschweger Klosterbrauerei ein. Er stellte heraus, dass sich mit der Zeit eine starke Gemeinschaft zwischen Landwirten, Händlern, Mälzern und Brau­erei gebildet habe, die durch gegenseitige vertragliche Bindung zum Wohle aller beigetragen und von Jahr zu Jahr akzepta­ble Preise zur Folge hatte. Da­zu trage auch bei, dass sich die Erzeugergemeinschaft mit der Brauerei auf eine Sorte für den Anbau einige und die Ernte sofort einer Reinigung und Lagerung zugeführt werde, um Probleme durch Fusarien und an­dere Verunreinigungen auszuschließen. Die gute und einvernehmliche Zusammenarbeit dauere inzwischen seit 15 Jahren an und werde durch gegenseitiges Vertrauen getragen, das auch für die Zukunft positive Entwicklungen erwarten lasse.

Braugersten-Proben einreichen

Braugerstenvereinsvorsitzender Müller wies auf die nächste Braugerstentagung hin, die am 3. Dezember stattfindet und zu der die Ergebnisse aus den Braugerstenversuchen in Hessen vorgestellt werden. Geschäftsführer Bernd Weber teilte mit, dass zur Prämierung der besten Braugersten Proben eingereicht werden sollen. Diese nehmen die Pflan­zenbauberater des LLH so­wie die Getreideläger der Raiffeisen-Warengenossenschaften oder des Landhandels entgegen.

Dr. Hildebrandt, LLH  – LW 28/2014