DBV zur Novellierung der Düngeverordnung
Bedarfsgerechte Düngung muss sichergestellt sein
Deutschland hat die europäische Nitratrichtlinie anders als andere Mitgliedstaaten flächendeckend umgesetzt. Die deutsche Düngeverordnung hat sich bewährt und wird auch in Zukunft für weitere Verbesserungen im Gewässerschutz sorgen. Das Düngerecht mit der zuletzt geschaffenen Verbringensverordnung entfaltet derzeit seine volle Wirkung. Deshalb ist für den Deutschen Bauernverband (DBV) die Forderung nach einer grundlegenden Novellierung der Düngeverordnung nicht nachvollziehbar.
Foto: Wiesler
Nicht-repräsentatives Messnetz verwendet
Das Präsidium des Deutschen Bauernverbandes bemängelt außerdem, dass die Kritik der EU-Kommission über unzureichende Fortschritte bei der Wasserqualität in Deutschland auf einem nicht repräsentativen Messnetz basiert. Das von Bund und Ländern verwendete Belastungsmessnetz mit knapp 170 Messstellen sei nicht geeignet, ein aussagekräftiges Bild über die Qualität der Gewässer in Deutschland zu vermitteln, da es lediglich aus Messstellen an Problemstandorten bestehe.
Demgegenüber bestätigt das für Deutschland repräsentative sogenannte EUA-Messnetz mit rund 800 Messstellen, dass der strenge Trinkwassergrenzwert für Nitrat an über 85 Prozent der Messstellen eingehalten wird. „Damit ist die Situation
in Deutschland wesentlich besser, als von Bund und Ländern gegenüber der EU-Kommission dargestellt“, so der Deutsche Bauernverband.
Das Verbands-Präsidium fordert daher mit Nachdruck, die Datengrundlage des nationalen Nitratberichtes zu verbreitern und auf ein geeignetes, repräÂsentatives Messnetz umzustellen. Gefordert wird auch, dass sich das Düngerecht in Zukunft weiterhin am Düngebedarf landwirtschaftlicher Kulturen orientiert und in der Praxis der Betriebe umsetzbar sein muss. Realitätsferne Auflagen, übertriebene Dokumentationsanforderungen, pauschale Verbote oder Obergrenzen, wie sie von Seiten der EU-Kommission und einigen Bundesländern gefordert werden, müssen verhindert werden.
Im Einzelnen stellt der DBV neun Forderungen auf:
1) Das in Deutschland bewährte und fachlich gerechtfertigte System der bedarfs- und standortgerechten Düngung muss auch in Zukunft Bestand haben. Die von der EU-Kommission geforderten starren Obergrenzen für die Düngung gefährden die hohen Erträge und das Qualitätsniveau beispielsweise beim Anbau von Brotweizen und Gemüse. Eine Verlagerung der Produktion ins Ausland kann jedoch nicht das Ziel sein und stößt bei den deutschen Landwirten auf fundamentale Ablehnung. Die Düngebedarfsermittlung muss sich weiterhin an der tatsächlichen Ertragserwartung orientieren und darf nicht in unverhältnismäßiger Weise bürokratisiert werden. Auch für den Gemüsebau mit einem breiten Kulturspektrum und einem oftmals kleinflächigen satzweisen Anbau müssen einfache Lösungen gefunden werden. Die zusätzlichen Dokumentationsanforderungen für die Düngebedarfsermittlung sollten nicht für Betriebe gelten, bei denen der betriebliche Nährstoffvergleich keine nachhaltigen Überschreitungen aufweist.
2) Mit Blick auf die Obergrenze für Stickstoff aus Wirtschaftsdüngern in Höhe von 170 kg N/ha weist das Präsidium des Deutschen Bauernverbandes darauf hin, dass für eine Einbeziehung der pflanzlichen Gärreste keine EU-rechtliche Grundlage und Notwendigkeit bestehen. Bereits heute müssen die Nährstoffe aus pflanzlichen Gärresten in die Nährstoffbilanzierung der Betriebe einbezogen werden. Eine von den Ländern geforderte nationale Verschärfung der europäischen Vorgaben wird abgelehnt. Wenn aber die pflanzlichen Gärreste dennoch in die N-Obergrenze einbezogen werden sollten, bedarf es dringend einer nationalen Öffnungsklausel für pflanzliche Gärreste zur Ausbringung auf Acker- und Grünland. Auch bei Gärresten sollte es möglich sein, unbürokratisch unter bestimmten Bedingungen im Sinne der Kreislaufwirtschaft einen Nährstoffbedarf von bis zu 250 kg N/ha mit wirtschaftseigenen Düngern decken zu können.
3) Das Ziel, den Nährstoffbedarf landwirtschaftlicher Kulturen soweit wie möglich mit wirtschaftseigenen Düngemitteln decken zu können und damit Kreisläufe zu schließen, muss stärker berücksichtigt werden. Dies ist aus landwirtschaftlicher und fachlicher Sicht gewollt und umweltpolitisch sinnvoll. Den Betrieben ist es jedoch nicht vermittelbar, den vorhandenen Bedarf landwirtschaftlicher Kulturen über Mineraldünger decken zu müssen und andererseits Wirtschaftsdünger überbetrieblich verbringen zu müssen. Am Ziel einer Kreislaufwirtschaft mit wirtschaftseigenen organischen Düngemitteln ist festzuhalten, auch wenn dies aufgrund von natürlichen Prozessen zu unvermeidbaren Verlusten führt im ökologischen Landbau ebenso wie im konventionellen Landbau.
4) Die Neu-Genehmigung der Derogationsregelung für Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft ist dringend erforderlich. Hierbei können Betriebe bei hohem Nährstoffbedarf auf Grünland unter Auflagen bis zu 230 kg Stickstoff aus Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft zur Düngung nutzen. Diese Regelung hat sich bewährt und findet auch bei Umweltpolitikern Unterstützung. Die Derogationsregelung muss daher dringend verlängert, auch auf Ackerland ausgedehnt und für einen höheren Stickstoffbedarf genutzt werden. Für die Betriebe, die die Derogationsregelung bisher bereits nutzen, bedarf es einer Übergangsregelung für das Jahr 2014.
5) Erst vor wenigen Jahren wurde bundesweit die Pflicht für eine sechsmonatige Lagerkapazität geschaffen. Eine darüber hinausgehende pauschale Ausdehnung der Lagerkapazität ist für die Landwirte in Deutschland nicht akzeptabel und würde den Strukturwandel bei tierhaltenden Betrieben deutlich verschärfen. Bestand haben sollten die bisherigen Länderregelungen hinsichtlich der Lagerung von Wirtschaftsdüngern, die den Ländern auch weiterhin die Förderung der Lagerkapazität für mehr als sechs Monate ermöglicht.
6) Von gravierender Bedeutung für die landwirtschaftliche Praxis sind daneben die geplanten Regelungen für die Ausbringung von Düngemitteln im Herbst. Ein von der EU-Kommission gefordertes vollständiges Verbot der Düngung landwirtschaftlicher Kulturen im Herbst sowie einer Nährstoffgabe zur Strohrotte lehnt der Deutsche Bauernverband als fachlich nicht gerechtfertigt und überzogen ab. Die unterschiedlichen Klima-, Boden-und Wuchsbedingungen innerhalb Deutschlands machen eine flexible Regelung erforderlich. Maßstab sollten der Nährstoffbedarf der Kulturen und die Praxistauglichkeit sein und keine starren Sperrfristen. Ferner sollte die Möglichkeit des Einsatzes von Nitrifikationshemmern eingeräumt werden.
7) An der Realität vorbei gehen zudem Forderungen, die zulässigen Grenzen des Nährstoffvergleichs für Stickstoff und Phosphor weiter zu verschärfen. Die deutschen Landwirte sind bestrebt, die Effizienz der Düngung weiter zu steigern. Jedoch sind Verluste von Nährstoffen aufgrund von natürlichen Prozessen und Unsicherheiten beim Witterungsverlauf nicht per se zu vermeiden. Hierfür ist es unter anderem erforderlich, bei Stickstoff und Phosphor sowohl die Düngebedarfsermittlung als auch den Nährstoffvergleich auf die Fruchtfolge auszurichten.
8) Verständliche und praxistaugliche Regelungen zur Ausbringung beziehungsweise zum Verbot der Ausbringung von Düngemitteln sind erforderlich. Das Ziel der Vermeidung von Düngemitteleinträgen in Gewässer wird ausdrücklich unterstützt. Damit die Landwirte nicht vor unlösbare Probleme in der Düngemittelanwendung gestellt werden, bedarf es verständlicher und umsetzbarer Definitionen für die Verbote des Ausbringens auf „durchgefrorenem“ oder „schneebedecktem“ Boden sowie für die Regelungen zur Düngung auf hängigem Gelände.
9) Weitere Verschärfungen bei der zu verwendenden Ausbringungstechnik beziehungsweise der Verteil- und Dosiergenauigkeit sollten auf Neugeräte abzielen, Altgeräte benötigen Bestandsschutz. Erforderlich ist es ferner, naturräumlich und agrarstrukturell begründete Ausnahmen zu ermöglichen.
Auch in Zukunft müsse die Einheitlichkeit des Düngerechts in Deutschland gewahrt werden. Weitgehende Länderöffnungsklauseln werden abgelehnt. Stattdessen seien innerhalb einer einheitlichen Düngeverordnung regionale, standort- und betriebsbezogene Abstufungen und Ausnahmemöglichkeiten bei einzelnen Regelungen erforderlich, so der DBV. Die Umsetzung der Düngeverordnung müsse für die Betriebe leistbar sein und dürfe den Strukturwandel nicht zusätzlich anfachen.
LW – LW 12/2014