Deckungsbeiträge auf Winterweizen-Niveau
Praktische Erfahrungen im Soja-Anbau
Gut 60 Interessenten haben am 12. September in Groß-Gerau und Trebur-Geinsheim an einem Sojafeldtag teilgenommen, der auf Einladung des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Justus-Liebig-Universität Gießen, des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen und durch Unterstützung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen der BMEL Eiweißpflanzenstrategie stattgefunden hat. Ziel des Projekts „Modellhaftes Demonstrationsnetzwerk Sojabohne“ ist die Ausweitung und Verbesserung des Anbaus und der Verarbeitung von Sojabohnen in Deutschland.
Durch die Ausweitung des Soja-Anbaus erhofft man sich eine Reduzierung der Importabhängigkeit von GVO-Sorten aus den Hauptexportländern USA, Brasilien und Argentinien. Ein heimischer Sojabohnenanbau könnte zudem die Fruchtfolgen bereichern und als Körnerleguminose auf den „Greeningflächen etabliert werden. Im Vergleich zu Ackerbohnen und Erbsen hinterlässt die Sojabohne weniger Stickstoff im Boden und empfiehlt sich so für den Anbau auf Böden, bei denen eine Nitratabwanderung in tiefere Bodenschichten und das Grundwasser zu befürchten ist.Nach der Vortsellung hessischer LSV-Ergebnisse informierte Landwirt und Pflanzenbauberater Jürgen Unsleber aus Baldersheim südlich von Würzburg anschließend über seine Erfahrungen im Soja-Anbau. Der Landwirt erzeugt auf seinem 100 ha Betrieb seit einigen Jahren auf 15 ha Sojabohnen. Mit durchschnittlich 30 dt/ha erzielt Unsleber Deckungsbeiträge, die auf dem Niveau von Winterweizen liegt.
Durch den Wärmebedarf der Sojabohne sei warmes und trockenes Klima erforderlich, sodass bisher eine geografische Anbaugrenze am 50. Breitengrad gesehen wurde. Für die sehr frühe Reifegruppe der Sojabohnen seien Klimabedingungen für Körnermais mit FAO-Zahl 240 und für die frühe Reifegruppe Körnermaissorten mit der FAO-Zahl 280 vergleichbar.
Neuerdings zeige sich, dass die Strahlungsintensität des Standorts einen größeren Einfluss auf die Anbaueignung von Sojabohnen hat und im Vergleich zu Photovoltaikerträgen von 1000 W und mehr ein entscheidendes Indiz zu sehen ist. Entsprechende Karten zur Anbauempfehlung von Sojabohnen seien derzeit in Arbeit.
Zum Anbau selbst geht Unsleber zunächst auf die Stellung der Sojabohne in der Fruchtfolge ein, wobei ein Nachbau im Folgejahr vermieden werden sollte. Eine gute Vorfrucht sei Getreide. Ein Anbau nach späträumenden Zuckerrüben und Körnermais komme ebenfalls in Frage, während Raps, Tabak und Sonnenblumen wegen der Sclerotinia-Problematik ungünstige Vorfrüchte seien. Als Nachfrucht empfiehlt Unsleber Getreide, da Soja mit 20 kg N und einer guten Bodengare als günstige Vorfrucht gilt.
Faustregeln zur Sortenwahl vom Anbauprofi
Pilzkrankheiten spielen im Sojabohnenanbau derzeit noch keine Rolle, zumal die hohe Blattmasse der Pflanze Krankheiten gut kompensieren kann. Beim Auftreten von Sclerotinia wird eine Anbaupause von zwei Jahren empfohlen. Sojarost als Krankheit mit den höchsten Ertragsverlusten trete bisher in Europa noch nicht auf. Unter den tierischen Schädlingen seien Tauben, Feldhasen, Distelfalter und die Bohnenfliege von Bedeutung. Wildschweine würden keine Rolle spielen.
Zur Sortenwahl hält der Referent Faustregeln bereit. Bei warmen und trockenen Standorten gilt: Je später die Sorte ist, desto höher sind meist Ertrag und Proteingehalt. An kühlen Standorten bringen sehr frühe Sorten sicherere Erträge. Je später die Sorte, desto stärkere Verzweigung und höhere Hülsenzahl sind zu erwarten. Tendenziell sind frühe Sorten standfester, setzen aber die unteren Hülsen zumeist sehr tief an. Entsprechend sind spätere Sorten tendenziell weniger standfest, setzen aber dafür die unteren Hülsen höher an. Die Wahl der geeigneten Sorte sollte daher über Ergebnisse aus regionalen Sortenversuchen abgeleitet werden. Die Sortenwahl sollte so erfolgen, dass unbedingt noch im September geerntet werden kann.
Unsleber empfiehlt so für ungünstige, kühle, eher feuchte Standorte die sehr frühen Sorten Merlin, Aligator und Amandine. Bei ebenfalls ungünstigen, kühlen aber trockenen Standorten komme die frühreife Sorte Gallec mit guter Kältetoleranz aber schlechter Standfestigkeit in Frage. Für warme Standorte mit guter Wasserversorgung empfiehlt der Sojaprofi die sehr kurze und standfeste Sorte Sultana. Ihr Nachteil besteht in einem sehr niedrigen Hülsenansatz, sie brilliert allerdings durch sehr hohe Proteingehalte.
Bodenbearbeitung soll das Saatbeet schneller erwärmen
Bei warmen Standorten mit schlechterer Wasserversorgung sei die standfeste Lissabon die Sorte der Wahl. Bei ihr sei auch der untere Hülsenansatz nicht so tief. Neuerdings kämen auch die vergleichbaren Sorten Solena, Sirelia und PZO Meridian in Betracht. Auf sehr warmen und trockenen Südhängen seien die spätreifen, langstrohigen und wüchsigen Sorten PZO Sivia und OAC Wallace zu empfehlen, die zudem sehr ertragreich seien. Generell sollten Anbauer auf dem eigenen Standort auch immer verschiedene Sorten nebeneinander ausprobieren.
Die Produktionstechnik auf Betrieb Unsleber startet eine Woche vor der Aussaat mit der Bodenbearbeitung. Hierdurch soll sich das Saatbeet schneller erwärmen und bessere Auflaufbedingungen mit schnellerer Jugendentwicklung für die Bohnen bieten. Dabei ist eine mechanische Unkrautbekämpfung möglich. Wichtig ist ein ebenes Saatbeet. Durch den niedrigen Hülsenansatz sind sonst Ernteverluste vorprogrammiert.
Die Aussaat mit 65 bis 75 Körnern/m² sollte bei Bodentemperaturen ab 10 0C erfolgen. Eine frühe Aussaat im April führe zu einer besseren Wurzelentwicklung und kürzerem Wuchs, zu besserer Verzweigung und zügigerer Blütenanlage. Wichtig sei, dass nach der Aussaat eine Wetterhochdrucklage eintritt. Nach Erfahrungen von Unsleber sollte die Aussaat unterbleiben, wenn eine Tiefdrucklage gemeldet ist. Zur Aussaat können Getreidesämaschienen verwendet werden, wenn eine gleichmäßige Saattiefe von 3 cm eingehalten werden kann. Im konventionellen Anbau können ansonsten Auflaufprobleme durch Herbizideinsatz auftreten. Bei frühen Sorten mit geringer Verzweigungsleistung sind Reihenweiten von 12 bis 15 cm zu empfehlen.
Höhere Saatstärken mit 75 Körnern/m² verwendet Unsleber bei geringer Lagergefahr, hohem Unkrautdruck und schwerem, grobkrümeligem Boden. Niedrigere Saatstärken von 65 Bohnen/m² wählt er bei hoher Lagergefahr, niedrigem Unkrautdruck und feinkrümeligem Boden. Bei späteren Sorten mit hoher Verzweigungsleistung reduziert er die Saatstärken auf 55 bis 65 Bohnen/m². Um den Bodenschluss nach der Aussaat zu verbessern und ein ebenes Saatbeet zu erzielen, sollte der abgetrocknete Boden gewalzt werden.
Sojabohnen beimpfen, aber nicht mit N versorgen
Sojabohnen brauchen keine N-Düngung, müssen aber mit Rhizobien geimpft werden. Die Saatgutimpfung sollte routinemäßig immer durchgeführt werden. Dabei ist zu beachten, dass Rhizobien weder UV-Licht noch große Hitze vertragen. Als sehr gute Präparate nennt Unsleber die Impfmittel Hi Stick, Force 48 und Biodoz. Nicht funktionierende Impfmittel wie Fix fertig (in 2010) und Radicin hätten hohe Ertragsverluste zur Folge gehabt. P- und K-Düngung sei bei Versorgungsstufe C nicht notwendig, da eine Ernte von 30 dt Soja/ha nur 45 kg P2O5 und 51 kg K2O/ha entziehen.
Zum Pflanzenschutz bemerkt Unsleber, dass Soja keine Verunkrautung vertrage, andererseits aber sehr empfindlich gegen Herbizide sei. Trotzdem gehe Wirksamkeit vor Verträglichkeit. Als Grundsatz gelte: Standorte mit Winden oder Disteln sind für den Soja-Anbau nicht geeignet. Entscheidend für den Herbizideinsatz sind Maßnahmen im Vorauflauf. Je nach Leitverunkrautung werden derzeit die Mittel Artist (breite Mischverunkrautung ohne Klette und Knöteriche), Centium CS (Klettenlabkraut und Knötericharten), Sencor WG (vor allem Melde und Gänsefuß), Spectrum (Hirse, Amarant, Nachtschatten) und Stomp aqua (bei allgemeiner Verunkrautung; Schädigungsgefahr bei Einwaschung) verwendet.
Empfindlich gegenüber Pflanzenschutz und Frost
Unsleber gab anschließend Beispiele für Aufwandmengen und Mischungen bei verschiedenen Bodenarten sowie Pflanzenschutzmaßnahmen im Nachauflauf. Dabei weist er darauf hin, dass keinesfalls Stomp mit Sencor kombiniert werden sollen, Überdosierungen mit Harmony SX vermieden werden müssen und die Sojasorten Daccor, ES Mentor, Quito und Labrador eine große Empfindlichkeit gegen Metribuzin besitzen, weswegen Unsleber diese Sorten nur für den ökologischen Anbau empfiehlt.
Zur Frostempfindlichkeit der Sojabohne stellen sich Schäden bei Temperaturen < -7 0C ein. Probleme entstehen häufig in Senken und an Hindernissen, wobei Schäden in erster Linie bei der Entfaltung des ersten Laubblattpaares auftreten. Das Keimblattstadium und spätere Stadien sind gegen leichte Frosttemperaturen unempfindlich. Ein hoher Wasserbedarf tritt Ende Blüte (Juli) bis zur Mitte der Kornfüllungsphase (August) auf. In Trockengebieten kann durch Beregnung eine erhebliche Ertragssteigerung (bis zu 400 Prozent) erzielt werden.
Dreschen, wenn die Hülsen rasseln
Die Ernte kann durchgeführt werden, wenn die Blätter abgeworfen wurden. Die Pflanze trocknet anschließend bei entsprechender Witterung sehr schnell ab. Druschreife mit 12 bis 15 Prozent H2O wird dann erreicht, wenn die Bohnen in den Hülsen rasseln. Zur Reduzierung der Schneidwerksverluste muss dieses durch den tiefen Hülsenansatz von etwa 10 cm über dem Boden sehr niedrig geführt werden. Mähdrescherfahrer sollten daher über entsprechende Erfahrungen verfügen. Da die größte Verlustquelle bei der Sojabohnenernte durch das Schneidwerk besteht, sollten möglichst schmale Schneidtische eingesetzt werden, bei denen die Ährenheber zu entfernen sind und die Kufen unter dem Schneidwerk abgesenkt werden.
Die Fahrgeschwindigkeit sollte 4,5 km/h nicht übersteigen, um das Umdrücken von Bohnenpflanzen zu verhindern. Zusätzlich empfiehlt Unsleber einen Wickelschutz für die Mähdrescherhaspel, die er für seine Maschine aus aufgeschnittenen HT-Rohren gefertigt hat.
Abschließend fasst der Referent die Vorteile des Soja-Anbaus zusammen: Keinerlei N-Düngung erforderlich, keine zusätzliche Mechanisierung erforderlich, günstig bei warmen und trockenen Klimabedingungen, Vertragsanbau, keine Preisabzüge wegen Qualität, Vielfältige Verwendungsmöglichkeiten als Lebensmittel und Futtermittel.
Zu Futterzwecken mobile Toast-Anlagen nutzen
Bei der Verwendung als Futtermittel für Schweine und Geflügel müssen Sojabohnen wärmebehandelt werden. Dabei sollen Trypsininhibitoren zum Beispiel durch Toasten inaktiviert werden. In Ermangelung stationärer Aufbereitungsanlagen werden in Süddeutschland mobile Toast-Anlagen angeboten, die die Bearbeitung für 11 Euro/dt vornehmen. Eine neue Verfahrenstechnik aus Österreich soll die Toastkosten erheblich reduzieren (3 bis 4 Euro/dt).
Für Neueinsteiger empfiehlt Unsleber den Absatz durch Anbauverträge zu sichern, wobei nach Fläche und nicht nach Menge vereinbart werden soll. Zum Anbau sind unkrautfreie Flächen zuwählen – keine Disteln und Ackerwinden, möglichst wenig weißer Gänsefuß! Die Schläge solltenlicht erwärmbar sein. Tendenziell sollten anfänglich zum Anbau sehr frühe und frühe Sorten und die Saatstärke nicht zu knapp gewählt werden.
„Nicht mit Impfmittel sparen und vorsichtshalber eine Spritzfolge mit Vor- und Nachauflaufmitteln einplanen“, empfiehlt der Fachmann. Bei der Aussaat solle man sich Zeit lassen und sorgfältig arbeiten. Während der Vegetation sind häufige Feldkontrollen vorzunehmen und die Abreife rechtzeitig zu kontrollieren. Falls grüne Hülsen im Erntegut enthalten sind, sollte man diese herausreinigen oder nach zwei Tagen – wegen der Gefahr von Schimmelbildung – umlagern.
Dr. Ernst-August Hildebrandt, LLH Presse- und Öffentlichkeits-arbeit – LW 43/2014