Druscheignung im Wandel

Eine optimale Beerntbarkeit lastet den Mähdrescher voll aus

Vor etwa 10 000 Jahren begann die Positivauslese der Wildgräser durch den Menschen. Damals wurden die Körner noch mit der Hand von den Ähren abgestriffelt beziehungsweise die Ähren „gepflückt“. In der Zeit der Ernte mit Sichel, Sense und Mähbinder rückte dann die Ertragssteigerung in den Vordergrund. Die Ansprüche an eine gute Druscheignung waren aber auch hier nur gering, weil das Getreide auf der Tenne nachreifen konnte. Als der Mähdrescher Einzug auf den Feldern hielt, verlagerte sich die Ausreife von der Garbe auf den Halm und der Erntetermin von der Gelb- zur Totreife. Die Druscheignung stand plötzlich in hoher Priorität und veränderte die Zuchtziele drastisch.

Jedes Abweichen von den optimalen Druscheigenschaften führt zu Leistungsminderungen des Mähdreschers mit großen monetären Auswirkungen.

Foto: landpixel

Übermannshohe Sorten, die schnell ins Lager gingen, waren für den Mähdrusch ungeeignet. Sorten mit guter Strohstabilität und weniger Strohaufkommen waren dagegen gefragt. Über den Mähdrusch kam es zur starken Selektion der Sorten und viele gut etablierte Sorten für die Binderernte schieden im Rennen um die Mähdruschsorten aus. Mit der rasanten Entwicklung der Landtechnik kehrte sich das Bild dann wieder um. Nicht die Züchtung selektierte nun weiter für den Mähdrusch, sondern der Maschinenbau passte die Mähdrescher in Leistung und Ausstattung an die neuen Sorten und deren Druscheigenschaften an. Es war einfacher und schneller möglich die Motorleistung zu erhöhen als eine Sorte mit guten Ertrags- und Druscheigenschaften zu züchten. Damit wurde die Druscheignung wieder ein untergeordnetes Kriterium im Katalog der Zuchtziele.

Die Technik konnte schneller verändert werden als die Sorten

Betrachtet man sich jedoch das Erntegeschehen, so wird ganz offensichtlich, dass die Druscheignung einen überaus großen Einfluss auf das ökonomische Ergebnis hat. So bringen heutige Mähdrescher nur weniger als die Hälfte ihrer potenziellen Leistung auf das Feld und die Gesamternteverluste betragen durchschnittlich 10 Prozent. Das ist auch ein Ergebnis der vernachlässigten Druscheignung, die als Produktionskriterium neben dem Ertrag bisher keinen Eingang finden konnte. Gemeinhin wird angenommen, dass die Druscheignung eines Bestandes durch die Genetik der Sorte und den Witterungsverlauf festgelegt ist und vom Landwirt weitestgehend unbeeinflusst bleibt. Vielmehr jedoch verändert der Landwirt mit all seinen Entscheidungen von der Auswahl der Sorte, über die Düngung, den Pflanzenschutz bis hin zum Erntemanagement die Druscheignung und dies mehr als es die Züchtung vermag.

Die Bestandesführung beeinflusst die Druscheignung

Die Auswirkung der Applikation von Stobilurinen in den späten Ährenbereich ist bekannt. Wenn das Korn mit Ertrag, Qualität und Kornfeuchte sein optimales Erntefenster erreicht hat, ist dennoch die Druscheignung aufgrund des Greenings beim Stroh nicht gegeben. Feuchtes, zähes Stroh führt zu einer deutlich schlechteren Abscheideleistung des Mähdreschers, zu erhöhten Verlusten, zu einem schlechteren Häckselbild und zur Wiederbefeuchtung des Korns. Oft wurde der gewonnene Ertrag von der verschlechterten Druscheignung aufgezehrt. Ein anderes Beispiel ist die unterlassene Einkürzung der Pflanzen und infolge dessen Lager. Neben Ertrags- und Qualitätseinbußen schlägt sich die schlechte Druscheignung besonders in erhöhten Kosten durch Schnittähren, Auswuchs, Unkrautdurchwuchs, schlechte Abtrocknung, ungleichmäßigen Gutfluss, erhöhten Kraftstoffbedarf, steigende Verluste und Kornfeuchten nieder. Die Ernte von totalem Lager kann letztlich teurer werden, als der Gesamterlös einbringt. Druscheignung der Sorte als weiteres Kriterium. Ein weiteres Beispiel ist die differenzierte Stickstoffdüngung. Sie homogenisiert die Abreifeunterschiede sowohl auf den Teilflächen als auch kleinsträumig innerhalb eines Quadratmeters. Auf einem laufenden Meter schwankt die Anzahl der Ähren sehr viel weniger, sie sind gleichmäßiger auf einer bestimmten Wuchsetage angeordnet, und die oft zähen, grünen Nebentriebe sind stärker reduziert. Das verbessert die Gesamtabreife und damit die Druscheignung erheblich.

Ein letztes Beispiel ist der zu frühe Erntetermin beim Raps. Das Ertragspotenzial wird nicht ausgeschöpft und ebenso wenig das Leistungspotenzial des Mähdreschers, weil die Druscheignung schlecht ist. Die Beispiele zeigen, dass der Landwirt in puncto Druscheignung letztlich stärker gefragt ist als die Züchtung, weil er über bestandesführende Maßnahmen die Druscheignung viel entscheidender beeinflussen kann. Demnach muss die Druscheignung schon beim Anbau und der Bestandesführung neben dem Ertrag als ein wichtiges Kriterium etabliert werden, weil die Druscheignung dann später in der Ernte das Hauptkriterium sein wird.

Dem Mähdrescher mundgerechte Bestände anbieten

Mähdrescher sind Hochleistungs­aggregate. Die Wirkprinzipien der Arbeitsorgane, wie Schneidwerk, Dreschwerk, Reinigung sind jedoch über 200 Jahre alt und bis heute „nur“ stetig hochgezüchtet und deshalb sehr empfindlich. Jegliches Abweichen von den optimalen Druscheigenschaften führt zu Leistungsminderung und erhöhten Verlusten mit großen monetären Auswirkungen. Deswegen müssen alle Verfahrensabschnitte von der Sortenwahl, Pflanzenernährung und Gesunderhaltung nicht nur vom Streben nach Höchstertrag geprägt sein, sondern auch vom Ziel, dem Mähdrescher mundgerechte und gut verdauliche Bestände anzubieten. Ansonsten produziert man mit viel Aufwand hohe Erträge, die infolge ungünstiger Druscheignung nicht umgesetzt werden können.

Erhöhte Wertschöpfung in der Verfahrenskette

Aufgrund der Komplexität ist eine stärkere, interdisziplinäre Forschung und eine verbindende Gemeinschaftsarbeit von Züchtung, Mittelhersteller, Technik- und Technologieunternehmen sowie Beratern notwendig. Seinerzeit hat feiffer consult dazu einen ersten Schritt getan, wobei in einer Projektpartnerschaft neue Sorten, Mittel, Techniken und Technologien in ihren Interaktionen bis hin zur Druscheignung und Ernte getestet und bewertet werden. Damit erhöht sich die Wertschöpfung der Verfahrenskette durchgängig bis zum Drusch. Man hebt nicht nur den Ertrag an, sondern schafft zugleich die Plattform für eine leistungsstarke Beerntung. Der Fokus der Landwirte bei neuen Sorten wird sich zukünftig verstärkt auf die Ressourceneffizienz richten. Mit welcher Sorte lässt sich die höchste Nutzung der Sonnenenergie, der Mähdrescherleistung, bestandesführender Maßnahmen und so weiter erzielen bei gleichzeitig hohen Erträgen. Sorten werden vorzüglicher, die sich unkompliziert, leistungsstark und verlustarm in einem gewünschten Erntefenster dreschen lassen sowie im Produktionsmanagement sicher und einfach zu handhaben sind.

Dr. Andreas Feiffer, feiffer consult – LW 41/2017