Elektrofahrzeuge für die Verkehrswende
Auch für die Landwirtschaft interessant
In Deutschland werden rund 25 Prozent der gesamten Kohlendioxid-Emissionen im Verkehr ausgestoßen. Mit Blick auf die Klimaschutzziele ist deshalb neben der Energiewende eine grundlegende Verkehrswende erforderlich. Und dabei werden Fahrzeuge mit Elektroantrieb eine bedeutende Rolle spielen, besonders für langsame doch stetige Arbeiten in Ställen, Gewächshäusern oder Folientunnels.
Das aktuelle Angebot von Elektrofahrzeugen konzentriert sich in erster Linie auf PKW und leichte Nutzfahrzeuge, die mit einer aufladbaren Traktionsbatterie, meist in Form eines lithiumbasierten Akkus, angetrieben werden.Energie aus Brennstoffzellen ist mittlerweile marktreif
Neben den rein batterieelektrischen Fahrzeugen gibt es auch Hybridelektrofahrzeuge in unterschiedlicher Ausprägung, die neben einem herkömmlichen Verbrennungsmotor über einen akkubetriebenen Unterstützungsmotor verfügen. Der entscheidende Vorteil von batterieelektrischen Fahrzeugen liegt darin, dass sie nicht nur an speziellen Ladestationen, sondern quasi an jeder Steckdose aufgeladen werden können.
Ein alternatives Konzept zum Akkubetrieb stellen brennstoffzellenelektrische Fahrzeuge dar, die ihre Energie aus einer mit flüssigem Wasserstoff betriebenen Brennstoffzelle beziehen. Wenngleich die Brennstoffzellentechnik für Fahrzeuge mittlerweile marktreif ist und auch für den Lastverkehr und schwere Nutzfahrzeuge prinzipiell in Frage kommt, geht die Marktentwicklung heute und vermutlich auch in der nahen Zukunft nur schleppend voran. Die Hauptursachen dafür liegen in den hohen Fahrzeugkosten und in der lückenhaften Tankstelleninfrastruktur. Denn bislang gibt es in Deutschland nur knapp 50 Wasserstoff-Tankstellen.
Wirkungsgrade von über 90 Prozent
Die Vorteile von Elektroantrieben sind vielseitig und überzeugend, wie Dr. Peter Götting, Leiter der Lotsenstelle für alternative Antriebe bei der Energieagentur Rheinland-Pfalz, erläutert: „Zu den technischen Vorteilen gehört, dass Elektromotoren die eingesetzte elektrische Energie sehr effektiv umwandeln und dabei Wirkungsgrade von über 90 Prozent aufweisen. Elektrische Antriebe sind zudem leichter zu regeln und verschleißärmer und weisen bereits ab den ersten Umdrehungen ein hohes Drehmoment auf. Sie sind leiser als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, was gerade in tierhaltenden Betrieben ein großer Vorteil ist, denn dadurch sinkt für Kühe und Pferde das Stresslevel. Auch der Wartungsaufwand ist deutlich geringer als bei Verbrennungsmotoren.“
Neben den technischen Vorzügen bieten elektrische Antriebe auch Umweltvorteile: Elektrofahrzeuge verursachen vor Ort weder klimaschädliche CO2-Emissionen noch gesundheitsschädigende Schadstoffe wie Stickoxide und Feinstäube. Gerade für den Einsatz in und um die Stallgebäude ist dieser Aspekt sehr wichtig, denn die Emissionsfreiheit von Elektrofahrzeugen kommt Tier und Mensch zugute. Im Gegensatz zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren verlieren Elektrofahrzeuge weder Schmier- noch Treibstoffe, was gerade in der Landwirtschaft ein großer Vorteil ist. Ein weiterer auf die Zukunft weisender Vorteil von Elektroantrieben ist ihre Verknüpfbarkeit mit digitalen Anwendungen, weshalb sie optimale Entwicklungsmöglichkeiten zunächst für den automatisierten und später den autonomen Fahrbetrieb bieten.
Elektromobilität in der Landwirtschaft

Foto: John Deere
Die Marktentwicklung für elektrische Landmaschinen befindet sich noch in den Kinderschuhen. So forschen verschiedene Hersteller zwar bereits seit Jahren an Konzepten für mittelgroße und große Elektrotraktoren und an mobilen Plug-in-Batteriespeichern für Traktoren zur Antriebsunterstützung, aber erst Ende 2017 kündigte das Unternehmen Fendt als erstes an, einen batterieelektrischen Kompakt-Traktor in Kleinserie zu produzieren. Dieser Traktor vom Typ e100 Vario soll über 50 Kilowatt (kW) Antriebsleistung und einen Hochvolt-Akku mit rund 100 Kilowattstunden (kWh) Speicherleistung verfügen und bis zu fünf Betriebsstunden unter realen Einsatzbedingungen arbeiten können. Nach Angaben des Herstellers ist der Traktor besonders geeignet für den Einsatz im Stall, im Gewächshaus, auf dem Hof, im Wald oder im Kommunaleinsatz, auch im innerstädtischen Bereich oder in Wohngebieten.
Für die Zukunft ist davon auszugehen, dass sich ein attraktives und diversifiziertes Angebot von elektrischen Landmaschinen entwickeln wird. Denn die Anforderungen an eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Landwirtschaft, bei gleichzeitiger Ertragsteigerung zur Versorgung einer wachsenden Weltbevölkerung, werden zu einer zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung der Feldarbeit führen, bei der autonom operierende, elektrische Landmaschinen eine wesentliche Rolle spielen werden.
Dass es sich dabei nicht allein um batterieelektrische Fahrzeuge handeln muss, zeigt ein aktuelles Entwicklungsprojekt von John Deere.

Foto: Weidemann
Radlader schon einige Modelle auf dem Markt
Während bei der Marktentwicklung für elektrische Traktoren und Landmaschinen sicherlich noch etwas Geduld erforderlich ist, gibt es im Bereich batterieelektrischer Hof- und Transportfahrzeuge schon ein recht gutes Angebot für Landwirte. So bieten die Hersteller Kramer, Schäffer und Weidmann bereits vollelektrische Rad-, Schaufellader und Hoftrucks an.
Noch besser stellt sich für Landwirte die Verfügbarkeit von elektrischen PKW, Kastenwagen, Kleinbussen, Hochdachkombis und Pritschenwagen für den Einsatz im Transport-, Liefer- und Marktverkehr oder zur Personenbeförderung von Feld- und Saisonarbeitern dar. Viele namhafte Hersteller bieten mittlerweile in diesen Marktsegmenten Serienfahrzeuge an. Diese verfügen über durchzugsstarke Motoren, sehr gute Fahrleistungen und Ausstattungen, die denen herkömmlicher Modelle in nichts nachstehen. Die Reichweiten sind für die meisten AlltagsÂfahrten ausreichend. Außerdem haben sich die Fahrzeuge mit hoher Zuverlässigkeit in der Praxis bewährt. Und Langzeiterfahrungen mit Serienfahrzeugen, die in Deutschland erstmals 2010 auf den Markt, sowie mit Fahrzeugen mit hohen Kilometerlaufleistungen zeigen auch, dass die Antriebsakkus ausgesprochen langlebig sind und kaum an Leistung verlieren.
Langlebige Akkus sind eine Voraussetzung
Während im Nutzfahrzeugbereich rein batterieelektrische Modelle vorherrschen mit Reichweiten zwischen 80 bis 200 Kilometer, sind im PKW-Bereich in zunehmendem Maße auch Plug-In-Hybridfahrzeuge zu finden, deren Elektroantrieb über eine externe Stromquelle aufgeladen werden kann. Anders als reine E-Autos mit Reichweiten zwischen 150 und 500 Kilometern können Plug-In-Hybride aber nur auf Kurzstrecken unter 50 km rein elektrisch fahren, während auf Langstrecken der konventionelle Verbrennungsmotor zum Einsatz kommt.
Wenngleich die Preise für E-Autos schon deutlich gesunken sind, liegen sie noch immer über denen für vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Daraus eine mangelnde Wirtschaftlichkeit abzuleiten, wäre jedoch falsch. Denn aufgrund deutlich niedrigerer Betriebs-und Werkstattkosten sowie geringerer Wertverluste rechnen sich E-Autos, wie sich beispielsweise über den Online-Kalkulator des Öko-Instituts unter emob-kostenrechner.oeko.de nachprüfen lässt. Dies gilt besonders für Fahrzeuge mit hohen Jahreskilometerleistungen und für Autos in landwirtschaftlichen Fuhrparks, die mit hofeigenem Solarstrom geladen werden. Weitere finanzielle Anreize bieten der sogenannte Umweltbonus mit Kaufprämien in Höhe von 4 000 Euro für vollelektrische Fahrzeuge und 3 000 Euro für Plug-in-Hybride sowie die zehnjährige Befreiung von der KFZ-Steuer für rein batterieelektrische Autos.
Ladeinfrastruktur für PKW deutlich ausbaufähig
Mit Blick auf die erforderliche LadeÂinfrastruktur im Landwirtschaftsbetrieb ist bei der Nutzung von E-Autos die Installation einer Ladesäule und einer wandhängenden Ladestation mit Ladeleistungen von 3,7 bis 22 kW empfehlenswert, die mittlerweile bereits ab 500 Euro erhältlich sind. Ebenfalls möglich und immer beliebter ist der Einsatz von mobilen Ladelösungen, die an allen einphasigen Steckdosen und CEE-Drehstrom-Steckdosen betrieben werden können. Für längere Fahrten, die die Fahrzeug-Reichweite überschreiten, gibt es in Deutschland bereits heute ein Netz von rund 16 100 öffentlich zugänglichen Ladepunkten, das beständig weiter ausgebaut wird. Probleme mit unterschiedlichen Steckertypen bei den Ladesäulen gehören übrigens Dank der hier erfolgten Standardisierung der Vergangenheit an. Gleiches gilt für Ladekarten zur Benutzung von öffentlichen Ladesäulen. Hier ist es nicht mehr notwendig, im Besitz der Kundenkarte des jeweiligen Ladesäulenbetreibers zu sein, da Verbundladekarten heute eine flächendeckende Nutzung von Ladestationen ermöglichen.
Digitalisierung der Landwirtschaft wird sich fortsetzen
Für die Zukunft ist davon auszugehen, dass die Elektromobilität den Landwirtschaftssektor immer stärker durchdringt und die Stromtankstelle auf dem Hof zur Normalität wird. Dabei werden E-Fahrzeuge mit leistungsfähigen Akkus nicht nur die Mobilität auf Feld, Hof und Straße ermöglichen, sondern sich über die Funktion des bidirektionalen Ladens auch zu Energiespeichern weiterentwickeln, die zur Netzstabilisierung beitragen. Außerdem unterstützt die Elektromobilität die umfassende Digitalisierung und Automatisierung landwirtschaftlicher Arbeiten und Prozesse, die aufgrund ihrer Potenziale für eine kostenoptimierte und nachhaltige Bewirtschaftung bei zugleich zunehmendem Fachkräftemangel von großer Bedeutung für eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft sein wird.
Digitalisierung hilft der E-Mobilität in den Markt

Foto: Nissan
Sicher ist, dass die Digitalisierung in der Landwirtschaft fortschreiten wird. Allein schon deshalb, weil die Landwirtschaft durch die fortschreitende Globalisierung und die Zunahme extremer Witterungsverhältnisse unter erheblichem Druck steht, kostenoptimierter und nachhaltiger zu produzieren.
Autonome Fahrzeuge werden bald weitverbreitet sein
In der 2016 vom Bauernverband und dem Digitalverband Bitkom veröffentlichen Studie „Digitalisierung in der Landwirtschaft“ gingen 49 Prozent der befragten Landwirte und Lohnunternehmer davon aus, dass bis zum Jahr 2030 der Einsatz von autonomen Traktoren und Feldrobotern (43 Prozent) sehr verbreitet sein wird. Allerdings müssen bis zum flächendeckenden Einsatz von autonomen Traktoren in Deutschland noch einige Hürden genommen werden. Die juristischen Voraussetzungen müssen geschaffen, der Breitbandausbau und die Netzabdeckung im ländlichen Raum erheblich verbessert werden. Dann steht der Landwirtschaft 6.0 nichts mehr im Wege.
Die Energieagentur Rheinland-Pfalz unterstützt als kompetenter Dienstleister Kommunen und ihre Bürger sowie Unternehmen in Rheinland-Pfalz bei der Umsetzung von Aktivitäten zur Energiewende und zum Klimaschutz. Sie wurde 2012 als Einrichtung des Landes gegründet und informiert unabhängig, produkt- sowie anbieterneutral.
Energieagentur Rheinland-Pfalz – LW 19/2020