Erst Bilanz ziehen, dann Stickstoff düngen
Sinnvolle Güllegaben auf Grünland im Herbst
Bekanntlich beginnt ab Dienstag, dem 15. November 2011 (Ackerland schon 1.11. 2011, auch Feldfutterbestände sind Ackerkulturen) wieder die Sperrfrist für die Gülleausbringung. Bis zum 31. Januar 2012 dürfen dann keine flüssigen Wirtschaftsdünger mehr ausgefahren werden. Daneben müssen Betriebe, die Dauergrünland bewirtschaften, dafür Sorge tragen, dass die noch anstehenden Begüllungen bis zum Beginn der Sperrfrist ökologisch und ökonomisch zu vertreten sind.
Voraussetzung für eine sinnvolle Düngeplanung ist generell eine auf den Standort und die Ertragslage abgestimmte Betrachtungsweise. Grundsätzlich liefern Wirtschaftsdünger in den Grünlandbetrieben einen Großteil der mineralischen Nährstoffe, die über die Fütterung zugeführt wurden, wieder in den Kreislauf der Ertragsbildung zurück. Gülle enthält bei 7,5 Prozent Trockenmasse pro Kubikmeter neben etwa 4 kg Stickstoff (davon 2 kg mineralisches Ammonium-N) noch 1,5 kg Phosphat und bis zu 6 kg Kalium. Je nach Mineraldüngerpreis ergibt sich somit allein für die Hauptnährstoffe ein beachtlicher Geldwert.Es muss ein Bedarf bestehen
Nährstoffe sind notwendig und für die Umwelt unbedenklich, wenn ein Bedarf für die Entwicklung und Ertragsbildung der Pflanze besteht. Wenn also noch ein Schnitt vorgesehen ist, können bei einer Ertragserwartung von 15 bis 20 dt Trockenmasse pro ha die Nährstoffe von 15 Kubikmeter Gülle gut verwertet werden. Wenn ab Mitte bis Ende Oktober kein Schnitt mehr erwartet werden kann, besteht ein Bedarf in dem Sinne natürlich nicht mehr.
Dauergrünland hat dabei gegenüber einjährigen Ackerkulturen den Vorteil, dass dauernder Bewuchs gewährleistet ist. Unter der Voraussetzung, dass leistungsfähige Narben vorliegen, enthalten Dauergrünlandböden sehr viel organische Bestandteile mit hohen Wurzelmassen, es erfolgt bei vernünftiger Mengenbemessung kaum Auswaschung.
Düngung und Ertragsbildung des ganzen Jahres berücksichtigen
Natürlich ist bei der Planung einer Gülledüngung im Herbst auch das Düngemanagement und die Ertragsbildung des abgelaufenen Jahres zu bedenken. Der erste und der zweite Schnitt waren in diesem Jahr in der Regel sehr ertragsschwach, nach Einsetzen der Niederschläge konnte dies aber in der Regel durch die Folgeschnitte teilweise kompensiert werden. Dabei wurde auch sehr viel Stickstoff mineralisiert und mobilisiert.
Es ist dementsprechend unerlässlich, eine Bilanz der tatsächlichen Ertragsleistung und des bisher ganzjährig eingesetzten Stickstoffes zu ziehen. Wenn deutliche Überhänge bestehen (z. B. wenn nicht entzogene Mengen des ersten Schnittes keine Berücksichtigung fanden), sollte auf die Güllegabe verzichtet werden. Die Verhältnisse sind in der Regel nicht auf allen Flächen der Betriebe gleich, das heißt, es sollten möglichst alle Grünlandflächen des Betriebes in die Vorplanungen mit einbezogen werden.
Sind die Vorräte aufgebraucht, sichert eine Güllegabe den Neuaustrieb
Wenn also kein Bedarf für eine Ertragsbildung im eigentlichen Sinne mehr besteht, kann es dennoch sein, dass ein Pflanzenbedarf in Abhängigkeit von der Düngepraxis des Gesamtjahres besteht. Wenn keine Vorräte vorhanden sind, sichert eine Güllegabe von 10 bis 15 Kubikmetern eine Speicherung der Nährstoffe in den Wurzeln und dadurch einen zeitigen Neuaustrieb im Frühjahr. Durch diese Maßnahme kann also der erste N-Bedarf zu Vegetationsbeginn gedeckt werden.
Für einen sicheren Ertragsaufbau im Grünland ist einerseits eine rechtzeitige Nährstoffversorgung zu Beginn der Vegetation notwendig, andererseits sind Düngemaßnahmen oft nicht möglich (zum Beispiel „tief gefrorener Boden“ nach Düngeverordnung, der tagsüber nicht auftaut).
Wann ist der optimale Zeitpunkt?
Liegt also noch ein Pflanzenbedarf in diesem Sinne vor, stellt sich als nächstes die Frage nach dem letztlich optimalen Termin. Kühle Witterung und bedeckter Himmel verhindert eine Ausgasung des Stickstoffes und unterbindet die Verluste als Ammoniak. Weiterhin sollte ein zu starkes Austreiben der Gräser in jedem Falle verhindert werden, um die Winterhärte der wertvollen Gräser nicht zu stark herabzusetzen.
Die optimale Wuchshöhe für die Überwinterung beträgt 7 bis 8 cm, wobei nach dem letzten Schnitt noch eine Regeneration möglich sein sollte. Möglicherweise ist bei zu starkem Aufwuchs aber noch ein Mulchgang (bei größeren Mengen Abfahren nicht zu vermeiden) notwendig oder optimalerweise ein Weidegang, wobei das schöne und warme Wetter Ende September die Massenbildung wiederum etwas gebremst hat.
Diese Faktoren sprechen einerseits für ein möglichst langes Hinausschieben des Termines in Richtung Beginn der Sperrfrist. Andererseits besteht nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre Anfang November ein hohes Wetterrisiko mit Niederschlägen, so dass ein Befahren der Flächen dann unmöglich ist. Das sollte um jeden Preis vermieden werden, auch unter dem Aspekt der öffentlichen Meinungsbildung zu dem Thema Gülle.
Ein entscheidender Faktor ist die Befahrbarkeit
Es ist also unbedingt erforderlich, auch die Wetterentwicklung im Auge zu behalten. Ein entscheidender Faktor ist die Befahrbarkeit der Flächen. Ein großer, kaum wieder gut zu machender Fehler ist das Befahren bei zu feuchten Bodenbedingungen. Die entstehenden Narbenschäden in den Fahrspuren lassen kein Regenerieren oder Wachstum der Pflanzen mehr zu und dementsprechend ist auch keine Wirksamkeit der Nährstoffe vorhanden.
Auch diese Tatsache kann für eine Gülledüngung unter guten Bedingungen mit überschaubaren Mengen im Herbst sprechen, da nach Ablauf der Sperrfrist und dann eher vollen Lägern und entsprechendem Druck die Ausbringmöglichkeiten oft nicht gegeben sind (z. B. „wassergesättigter Boden“ nach Düngeverordnung)
Eine frühzeitige Planung des Ausbringens der Herbstgülle unter Berücksichtigung der entscheidenden Kriterien sichert in der Regel ein optimales Ergebnis. Stefan Thiex, DLR Eifel