EU-Kommission unterstützt Milchsektor

Beihilfen für private Lagerhaltung angekündigt

Um die Auswirkungen der russischen Einfuhrbeschränkungen für EU-Milchprodukte zu lindern und die negativen Auswirkungen auf den Binnenmarkt zu begrenzen, will die Europäische Kommission die private Lagerhaltung von Butter und Magermilchpulver unterstützen und Hilfsmaßnahmen für bestimmte Käsesorten anstoßen. Nach den Beihilfen im Obst- und Gemüsesektor handelt es sich nun um die zweite Produktgruppe, bei der die Kommission eingreift.

Die EU-Kommission hat angekündigt, den Milchsektor zu unterstützen, um die Auswirkungen der russischen Einfuhrbeschränkungen abzumildern.

Foto: imago images/Christian Ohde

Wie ein Kommissionsprecher am Donnerstag vergangener Woche vor Journalisten in Brüssel betonte, soll es sich nicht um weitreichende Interventionsmaßnahmen nach altem Muster handeln. Man wolle lediglich den Druck aus dem Markt nehmen und den Milchproduzenten Zeit geben, andere Verarbeitungs- und Vermarktungswege aufzutun. Die Kommission will die Lagerkosten für die private Vorhaltung von Butter und Magermilchpulver über einen Zeitraum von drei bis sieben Monaten übernehmen. Gleichzeitig wird aber auch die Frist für die öffentliche Intervention von Butter und Magermilchpulver bis Ende des Jahres verlängert.

Für die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) gehen die Maßnahmen in die richtige Richtung, weitere Schritte seien jedoch von entscheidender Bedeutung. Der EU-Dachverband der Milchindustrie (EDA) begrüßte die Ankündigung und zeigte sich zuversichtlich, die Krise mittelfristig zu überwinden. Aus Sicht des Deutschen Bauernverbandes (DBV) ist es vor allem wichtig, weitere Absatzmärkte zu erschließen.

Unterschiedliche Exportstrategien

Nach Angaben des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat) wurden im Jahr 2013 insgesamt 33 Prozent der EU-Drittlandexporte nach Russland geliefert sowie 28 Prozent der Butterausfuhren, 10 Prozent der Lieferungen von Molkereifrischprodukten und 9 Prozent der Milchzubereitungen. Zusammen wurden damit 2,2 Mio. t Milchäquivalent exportiert; das entspricht rund 1,5 Prozent der EU-weiten Milchproduktion. Allerdings ist die Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich. Vor allem Finnland und die baltischen Staaten hätten ihre Produktion auf den russischen Markt ausgerichtet, berichtete der Kommissionsprecher. Sie exportierten rund 90 Prozent ihrer Käseausfuhren nach Russland. Deutschland liefere 38 Prozent seiner Exporte dorthin; dies entspreche 2 Prozent der nationalen Produktion. Ein Teil der Rohstoffe könne sicherlich über die Butter- und Magermilchpulverproduktion abgefangen werden. Eine problematische Restmenge werde jedoch bleiben.

Mittelfristige Strategie nötig

Im Bereich der Käseproduktion seien aber noch einige Unklarheiten zu regeln, hob der Kommissionsprecher hervor. So gebe es bisher keine Regelung für Käse ohne geschützte Herkunftsbezeichnung. Für Butter und Magermilchpulver wird der zuständige Expertenausschuss der EU-Staaten bereits in dieser Woche über den Rechtsakt abstimmen. Den Rechtsakt für die Lagerung von Käse und die Verlängerung der Interventionsperiode will die Kommission „so schnell wie möglich“ vorlegen. Die Kommission strebt außerdem an, in dieser Woche eine Liste über die Art und den Umfang der Maßnahmen für die relevanten Käsesorten vorzulegen. Zudem will EU-Agrarkommissar Dr. Dacian Ciolos kommende Woche eine mittelfristige Strategie für den Agrarsektor präsentieren. Es sei wichtig, dass man auch vorbeugend agiere und dem Markt Zeit gebe, sich anzupassen. Gleichzeitig sicherte Ciolos zu, den Markt weiter zu beobachten und bei Bedarf zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen.

Nachfrage stimulieren

Der Generalsekretär von COPA-COGECA, Pekka Pesonen befürwortete das rasche Handeln der Kommission. Es sei wichtig die Märkte zu stabilisieren, doch die Maßnahmen gingen nicht weit genug. In einigen Fällen seien die Milchpreise bereits um bis zu 30 Prozent gesunken. Die Branche müsse auch hart daran arbeiten, schnell neue Märkte für ihre Produkte zu finden, Werbekampagnen zu entwickeln und die Nachfrage zu stimulieren. Pesonen lenkte den Blick auch auf den EU-Schweinefleischsektor. Die Branche leide hier schon seit Monaten unter einem russischen Importstopp und benötige Unterstützung. Für EDA-Generalsekretär Alexander Anton kommt die Ankündigung der Kommission zum gegenwärtigen Zeitpunkt überraschend. Er erklärte gegenüber Age, der Markt sei seit der Mitteilung Russlands über das Einfuhrverbot am 6. August unter Druck, allein durch die Umschichtung der Warenströme, und zwar nicht nur in der EU, sondern auch in anderen vom Importstopp betroffenen Ländern. Die Märkte reagierten aber verantwortungsvoll, so Anton. Wenn die konkreten Modalitäten geklärt seien, werde man sehen, wie stark die Maßnahmen wirklich genutzt würden.

Der DBV betonte, dass der globale Markt für Milcherzeugnisse nach wie vor aufnahmefähig sei. Daher habe er wenig Verständnis für Marktteilnehmer, die die aktuelle Verunsicherung zur kurzfristigen Preispositionierung nutzten. Vom Lebensmitteleinzelhandel erwartet der DBV, dass er seiner Verantwortung für die Wertschöpfungskette Milch gerecht werde. Der DBV forderte außerdem Bundesregierung und EU-Kommission auf, Absatzförderungsmaßnahmen zu unterstützen und eine Diversifizierung im Export über Veterinärvereinbarungen mit Drittländern zu begleiten, denn die Nachfrage auf vielen internationalen Milchmärkten sei weiterhin hoch.

Milchbauern von Superabgaben entlasten

Ebenso müsse endlich eine Entlastung der europäischen Milchbauern von den hohen Superabgabezahlungen über eine Änderung der Fettkorrekturfaktoren erfolgen. Die Milchbauern in der EU würden in den beiden letzten Milchquotenjahren voraussichtlich mit 1 Mrd. Euro an Superabgaben belastet. Der DBV sieht hier einen gravierenden Widerspruch zu der von Brüssel zugesicherten sanften Landung aus der Milchquote und dem eigentlichen Ziel der Hilfsmaßnahmen für die Milchbauern infolge des russischen Importstopps.

age – LW 36/2014