Fläche zur Ernährung der Menschheit schrumpft rapide
Infoveranstaltung des KBV Limburg-Weilburg in Dehrn
Bei einer Informationsveranstaltung des Kreisbauernverbandes Limburg-Weilburg in der vergangenen Woche in Runkel wurde die Verständigung zwischen Landwirten und Imkern thematisiert. Weiterhin ging es um den weiterhin noch zu starken Verbrauch guter landwirtschaftlicher Böden für Baumaßnahmen sowie für naturschutzrechtliche Ausgleichsflächen.

Foto: Dieter Fluck
Bodenprofil am Standort erläutert
Dazu hatte der Kreisbauernverband mit Mathias Hellemann vom Finanzamt Weilburg einen der 18 hessischen Bodenschätzer eingeladen, die im Auftrag der Oberfinanzdirektion Frankfurt die Ertragsfähigkeit der Böden zur Festlegung der Grundsteuer berechnen. Die Bewertung der landwirtschaftlichen Böden stellt eine wichtige Aufgabe dar. Hellemann bot die Möglichkeit, vor Ort die Ansprache der Böden durch die Bodenschätzung kennenzulernen.
500 ha in bester Lage für den Bau der ICE-Strecke verloren
Diese Aufgabe ist beispielsweise im Falle einer Flurbereinigung besonders wichtig, wenn landwirtschaftlichen Flächen neu zugeteilt werden müssen. Die Ansprache der einzelnen Bodenhorizonte (wie die Humusschicht), ist zu unterscheiden von der Zuordnung eines Bodens zu einer Bodenart (wie Löß, Sand, Lehm oder Ton). Für die Ansprache des Bodens durch die Bodenschätzer kann auch auf Musterstücke zurückgegriffen werden. Ferner ist die Erfahrung der Bodenschätzer besonders wichtig. In einer 1,20 Meter tiefen Grube zeigte Hellemann den feinsandigen Lehm, der sich durch den in der Eiszeit angewehten Löss eingelagert hat und in den unteren Schichten kalkhaltig sei. „Das hier ist ein Sahnestückchen für die Landwirtschaft“, machte der Experte dem Landwirt Schäfer ein Kompliment für sein Feld und gab zugleich Armin Müller Anlass für den Hinweis: „Von diesen guten Böden haben wir von Elz bis Würges 500 ha in bester Lage für den Bau der ICE-Strecke verloren.“
2015 ist Internationales Jahr des Bodens
Müller nahm das von den Vereinten Nationen 2015 ausgerufene „Internationale Jahr des Bodens“ zum Anlass, auf den Raubbau auch in der heimischen Region hinzuweisen. Allein für den vierspurigen Ausbau der B 49 würden weitere 200 ha geopfert. Müller kritisierte den geplanten Unsinn, die Trasse bei Heckholzhausen quer durch beste Böden zu führen. Limburg bevorrate derzeit 100 ha für Gewerbezwecke, allein acht ha Land sei durch ein Regenrückhaltebecken bei Offheim verbraucht worden.
Der Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes und zugleich Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Limburg-Weilburg mahnte: „Jeden Tag gehen in Hessen fünf bis sechs ha, bundesweit knapp 100 ha Ackerfläche für Baumaßnahmen jeglicher Art verloren. Den Landwirten werde damit der wichtigste Produktionsfaktor für die Ernährung der Bevölkerung entzogen.“ Habe der Flächenbestand in den 1960-er Jahren noch 3 700 Quadratmeter pro Einwohner betragen, so seien es heute nur noch 2 100 qm und die Prognose für 2050 laute 1 500 qm. Einwendungen der Landwirte in Genehmigungsverfahren würden „weggewogen“.
„Der Boden hat keine Lobby“
Hellemann bemerkte: „Der Boden hat keine Lobby.“ Ein Imker gab zu bedenken: „Die Menschen haben dann ein Haus, aber irgendwann nichts mehr zu essen.“ Zu den Bodeneigenschaften informierte der Bodenschätzer: „Um ein Kilogramm Getreide zu erzeugen, bedarf es 400 bis 500 Liter Wasser.“ Ein Kubikmeter Ackerboden enthalte 1,5 Kilogramm Organismen. Unzählige Regenwürmer seien im Untergrund aktiv und „die besten Schwarzarbeiter des Landwirts“.
HBV-Vize Müller informierte auch über die aktuellen Arbeiten der Landwirte in ihren Betrieben. Beispielsweise sei der Raps, der durch viel Regen im vergangenen August später als üblich ausgesät werden konnte, in der Anbaufläche verringert worden. Die derzeit herrlich gelb leuchtenden Flächen vermittelten vielen zwar einen recht hohen Anteil in der Fruchtfolge, aber mit 12 bis 13 Prozent der Ackerfläche falle der Rapsanbau in der Region in diesem Jahr niedriger aus. „Momentan erfreut der Raps die Bienen. Nach Aussage des Bieneninstituts in Kirchhain hat sich der Honigertrag in den letzten Jahren verdoppelt“, so Müller. Die Kultur habe sich in den letzten Jahren zur Ölpflanze Nummer eins in Deutschland entwickelt. „Aus dem mittleren Rapsertrag eines Hektars Anbaufläche lassen sich 1 800 Liter Öl oder Biodiesel, 2 400 kg Eiweißfutter und bis zu 100 kg Bienenhonig erzielen“, informierte Müller von Seiten des bäuerlichen Berufsstandes.
Fluck – LW 20/2015