Forstpolitik und praktischer Waldbau in Bellersheim

Kanzleramtsminister besucht Markgenossenschaft

Nach seinem Besuch im Bleiwald bei Reiskirchen vor zwei Jahren wollte der aus Gießen stammende Kanzleramtsminister, Dr. Helge Braun, wieder einmal nach den Waldbauern sehen. Die katastrophalen Schäden durch Dürre und Schädlinge und die Notlage vieler Waldeigentümer ließen ihm nach eigenem Bekunden keine Ruhe. Bei einem Waldbegang in der Markgenossenschaft Bellersheim bekam der Minister aktuelle Informationen aus erster Hand. Stellvertretend für den Vorstand des Hessischen Waldbesitzerverbandes begrüßte Markmeisterin Sylvia Ruppel den hochrangigen Gast.

Kanzleramtsminister Dr. Helge Braun, Förster Burkhardt Peppler und Markmeisterin Sylvia Ruppel.

Foto: Graf

Ruppel dankte dem Minister für die vielfältige Unterstützung der Bundesregierung für die von Dürre- und Borkenkäferschäden betroffenen Waldbesitzer. Braun hatte sich sehr für die mit 800 Mio. Euro ausgestatteten Extremwetter-Förderrichtlinie von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner eingesetzt. Auch die Bundeswaldprämie und das Investitionsförderprogramm mit 700 Mio. Euro aus Mitteln des Corona-Hilfspaketes hatte der Kanzleramtsminister stark unterstützt.

Mit elf Baumarten Wald zukunftsfähig machen

Trotz der großen Herausforderung, die durch Dürre und Borkenkäferbefall kahlgefallenen Waldflächen wieder aufzuforsten, wollten die Bellersheimer nicht jammern, sondern dem Krisenmanager aus der Berliner Regierungszentrale schöne Erlebnisse bereiten. Förster Burkhard Peppler, der den Wald seit Januar 2020 bewirtschaftet, erläuterte die Wiederaufforstungsaktivitäten der Markgenossen. Elf verschiedene Baumarten sollen den Mischwald zukunftsfähig machen. Auf einigen Kahlflächen pflanzten die Bellersheimer auch Schwarznuss, eine trockenheitsverträgliche und schnell wachsende Baumart mit einem wertvollen Holz für die Möbelindustrie. Förster Peppler zeigte Braun, wie man Eichen und Kirschen pflanzt. Der Minister griff sich den Hohlspaten, ging mit den Markgenossen an die Arbeit und hatte sichtlich Freude daran. Um den Einfluss des Wildes auf den jungen, nachwachsenden Wald in den Griff zu bekommen, brachten er Fegespiralen an den neuen Setzlingen an.

Lebensraum für viele Tierarten

Die Gegend bietet vielen Tieren Lebensraum, wie Sylvia Ruppel erläuterte. „In unserem Wald kommen 15 der 19 Fledermausarten in Hessen vor.“ Die Markmeisterin zeigte dem Minister einen der größten Rast- und Sammelplätze für Rot- und Schwarzmilane, die sich jeden Herbst zu Hunderten in Bellersheim für ihre Reise in den Süden formieren. Die Markgenossen sind seit vielen Jahren Partner der Universität Gießen und betreiben mit wissenschaftlicher Begleitung aktiven Fledermaus- und Rotmilanschutz.

Gewinne größtenteils in den Wald investiert

Der Markwald Bellersheim ist etwa 200 Hektar groß und ein Gemeinschaftswald mit 49 Eigentumsanteilen. Er gehört Bürgerinnen und Bürgern aus dem Dorf gemeinschaftlich, die Stadt Hungen und die Kirche hat ebenfalls Anteile. Die Eigentümer können nur gemeinschaftlich über die Bewirtschaftung des Waldes entscheiden. Eigentums­anteile dürfen nur vererbt, aber nicht verkauft werden.

Ruppel beschrieb es als die größte und wichtigste Aufgabe der Markgenossenschaft, den Bellersheimer Wald für die nachkommenden Generationen und als natürlichen Landschaftsraum für das Dorf zu erhalten. Deshalb werde der weitaus größte Teil der erwirtschafteten Gewinne wieder im Wald investiert. Da im Markwald das Nadelholz bis auf geringe Douglasienbestände in den letzten drei Jahren der Dürre zum Opfer gefallen ist und auch etliche der alten Buchen absterben, rechne sie in den nächsten Jahren nicht mit Gewinnen.

Mehr Wald als CO2-Senke nötig

Natürlich wurden am Rande auch aktuelle politische Probleme erörtert, wie das Klimaschutzgesetz und die Novellierung des Bundesjagdgesetzes. Braun war bestens mit den Themen vertraut. Die knappe Zeit bis zur Sommerpause des Parlaments lasse kaum noch Spielraum für Veränderungen der Gesetzentwürfe. Der Minister stellte die große Bedeutung der Wälder für die Stabilisierung des Klimas heraus und ließ erkennen, welche Rolle der Wald in der Klimaschutzpolitik der Bundesregierung einnehme. „Wir müssen mehr Wald als CO2-Senke anpflanzen, durch die Dürreschäden aber verlieren wir gerade viele Waldflächen“, auf diese einfache Formel brachte der Minister die Situation. Er dankte den Waldbesitzern für ihr Engagement.

Christian Raupach – LW 21/2021