Fusarien mit pflanzenbaulichen Maßnahmen entgegenwirken
Sortenwahl, Fruchtfolge und Feldhygiene im Maisanbau
2014 wurden in Maisbeständen zum Teil sehr hohe Belastungen mit Mykotoxinen festgestellt. Betroffen waren Bestände mit hohem Inokulumpotenzial und feuchten Bedingungen in den Sommermonaten. Eine Abschätzung für die aktuelle Saison 2015 ist schwierig. Jedoch sind die Risikofaktoren für eine erhöhte Infektionswahrscheinlichkeit mit Fusarium bereits bekannt und sollten im Maisanbau mehr Berücksichtigung finden. Uwe Preiß, Pflanzenschutz-Experte beim Dienstleistungszentrum ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, berichtet.
Primärinfektionen mit Fusarium in Maisbeständen gehen meist von Ernterückständen aus, die schon im Vorjahr Befall aufgewiesen hatten. Die am Mais festzustellenden Fusarien sind nicht streng wirtsspezifisch, sodass als Vorkultur nicht nur Mais, sondern auch infiziertes Getreide ein Risiko darstellen kann. Wenn von diesen Kulturen Pflanzenreste den Winter überdauern, dienen sie den Fusarien als Nahrungsquelle und als Ursprung für neue Sporulation und Ausbreitung in der Folgekultur.Befall mit verschiedenen Fusarienarten möglich
Der Mais kann im Laufe der Vegetationszeit von verschiedenen Fusarienarten befallen werden. Bereits am Keimling können Auflaufschäden durch Fusarium entstehen. Der Befall durch Fusarium-Wurzel- und Stängelfäulen ist während der gesamten Wachstumsperioden möglich.
Fusarium-Infektionen am Kolben und somit an den Körnern sind für Körnermais von hoher Bedeutung. Doch auch bei der Futterverarbeitung nehmen sie eine bedeutende Rolle ein.
Feuchte Bedingungen in den Beständen wirken sich förderlich auf eine Befallsausbreitung aus. In den Pflanzen selbst kann es witterungsunabhängig zu einer systemischen Ausbreitung des Erregers kommen – wobei die Stängelinfektionen meist nicht gleichzeitig Kolbeninfektionen hervorrufen. Die Kolbenanlagen können leicht über die Narbenfäden infiziert werden. Die Fusariumsporen werden dabei durch Wind und Wasserspritzer zu den Kolbenanlagen transportiert.
Kolben werden über Narbenfäden oder Verletzungen infiziert
Ist der Erreger in der Kolbenanlage etabliert, werden sowohl die Spindel als auch die Körner befallen und mit Mykotoxinenausscheidungen aus dem Stoffwechsel der Fusarien belastet. Verletzungen wie Insektenfraß, Bohrlöcher des Maiszünslers oder abÂiÂotisch Einwirkungen wie Hagel können neben den Narbenfäden ebenfalls als Eintrittspforten dienen. Auch gestresste Maispflanzen sind anfälliger gegenüber Pathogenen und können deren Angriffe nicht so gut abwehren.
Vom Zeitpunkt der Kolbeninfektion, meist zum Blütezeitpunkt, bis zur Abreife werden die für Mensch und Tier schädlichen Mykotoxine gebildet. Lange Abreifezeiten und feuchte Bedingungen fördern die pilzliche Entwicklung und somit die Mykotoxinbildung zusätzlich. Auch wenn die Lieschblätter den Kolben so dicht umhüllen, dass die Feuchtigkeit am Kolben bleibt, entsteht eine ungünstiges feuchtes Mikroklima, welches die weitere Entwicklung des Pilzes am Kolben fördern kann.
Symptome an Stängeln, Blättern und Kolben
An Keimpflanzen sind vor allem Fusarium oxisporum, F. culmorum und F. sacchari var. subglutinans, F. solani und weitere Arten zu finden. Die jungen Pflanzen zeigen braune Verfärbungen, kümmern oder sterben ab. Die Wurzel- und Stängelfusariosen, die auch an den Blattscheiden zu finden sind, werden oft durch die oben genannten Fusariumarten hervorgerufen, doch auch F. graminearum und F. equiseti und weitere Arten können beteiligt sein. Insgesamt ist das Auftreten der jeweiligen vorkommenden Fusariumarten vom Standort und Jahreswitterung abhängig.
Die Stängelnekrosen zeigen rötliche Verfärbung, sind jedoch leicht mit anderen Schädigungen zu verwechseln, da Mais oft mit intensiver „Rotfärbung“ auf Störungen reagiert. Deutlich sichtbar sind die Stängelnekrosen meist erst ab dem Zeitpunkt der Kolbenausbildung. Intensiv geschädigte Pflanzen zeigen Symptome von Trockenstress oder auch Blattaufhellungen.
Bei Kolbenfäule beziehungsweise Kolbenfusariosen sind am Kolben selbst meist nur die Bereiche an der Spitze durch abgestorbene und verkümmerte Kornanlagen auffällig. Seltener und bei starkem Befall sind auch Verfärbungen oder Deformationen am gesamten Kolben festzustellen. Die Kolbeninfektionen werden meist durch Fusarium graminearum hervorgerufen. Aber auch F. moniliforme, F. poliferatum, F. subglutinans und andere kommen vor.
Die Verteilung des Fusarienpilzes und der Mykotoxine (zum Beispiel ZEA, DON) in der Maispflanze wurde in den vergangenen Jahren von verschiedenen Institutionen untersucht. Die höchste Mykotoxinbelastungen wurden dabei stets in den Kolbenanlage festgestellt. Besonders die Spindelinfektion kann bei der ganzheitlichen Verwertung der Pflanzen zu problematischen Mykotoxinbelastungen führen.
Für Stängelfusariosen konnte bisher kein Zusammenhang zwischen Verfärbung und DON-Gehalt festgestellt werden. Generell ist es nicht möglich, von den Symptomen, wie beispielsweise viel Mycel oder starke Verfärbung, einen Rückschluss auf den Mykotoxingehalt vorzunehmen. Die natürliche Variation der Fusariumstämme und der Einfluss der aktuellen Umweltbedingungen bei der Toxinbildung sind dafür zu hoch.
Befallene Partien dürfen nicht verschnitten werden
Mit der Höchstmengenverordnung vom September 2007 wurden maximal tolerierbare Höchstmengen für Mykotoxine festgesetzt. Für die Toxine der sogenannten Feldpilze kommen dabei besonders DON, ZEA und FUM zum tragen. Für NIV und T2 –HT2 –Toxine wurden noch keine Werte festgesetzt, dies ist aber zu erwarten. Die Verordnung regelt zudem die Toxingehalte von weiteren Pilzen wie beispielsweise für Aflatoxin (von Aspergillus-Arten.) und Ochatoxin (von Penicillium-Arten) die meist als Lagerpilze auftreten.
Für alle befallenen Partien gilt, dass sie nicht verschnitten werden dürfen, um so beispielsweise geringere Toxingehalte für eine Partie zu erzeugen.Auch für die Maiserzeugnisse gelten die Bestimmungen der Verordnung. So dürfen Maismahlerzeugnisse, die nicht unmittelbar dem menschlichen Verzehr dienen 750 µg/kg DON, 200 µg/kg ZEA oder 1400 µg/kg FUM nicht überschreiten. Erzeugnisse für Säuglinge und Kleinkindern unterliegen den strengsten Höchstmengenregelungen und liegen bei 200 µg/kg DON, 20 µg/kg ZEA oder 200 µg/kg für FUM.
Für Futtermittel liegt eine Empfehlung der EU-Kommission vom 17. August mit Richtwerten zur Tierfütterung vor. Besonders empfindlich reagieren Schweine auf das Vorhandensein von Mykotoxinen, sodass hier der tatsächlich angewandte Orientierungswert zum Teil noch unter dem von der Kommision festgesetzten Grenze liegt.
Nachweismethoden für Mykotoxine
Der sichere Nachweis von Mykotoxinen an Mais kann nur mit Labormethoden erfolgen. Besonders bei der Ernte von Ganzpflanzen für Futtermittel und Biogasanlagen ist eine visuelle Diagnose oder Vorort-Analyse kaum möglich. Bei der Probenahme direkt vom Hänger oder aus dem Silo müssen die Stichproben so verteilt sein, dass das Analyseergebnis dann auf die komplette beprobte Partie übertragen werden kann. Das heißt, es ist eine gut homogenisierte repräsentative Mischprobe notwendig, weil die Verteilung des Befalls und der Mykotoxine im Feld und an der Pflanze und somit auch innerhalb der Partie nicht gleichmäßig ist.
Bei der Beprobung von Körnermais ist es wie bei Kornproben von Getreide wichtig, eine repräsentative Stichprobe zu erzeugen, um ein korrekte Analyseergebnis zu bekommen. Als Faustzahl sollten je 5 Tonnen Erntegut mit einem Probestecher an zehn Stellen Körner entnommen werden und eine Mischprobe von 1 kg ergeben. Die Kornprobe sollte atmungsaktiv verpackt (Leinensack) und umgehend ins Labor gegeben werden.
Der Labornachweis kann dann über Laborschnelltests zum Beispiel DON-ELISA (Enzyme Linked Immunosorbent Assay) erfolgen. Justiziabel Ergebnisse werden beispielsweise durch den Einsatz von HPLC-Methoden (High-performance liquid chromatography) erzeugt.
Den größten Einfluss hat die Witterung
Den größten Einfluss auf das Auftreten und die Intensität des Auftretens von Fusarien in Mais hat die Witterung. Wenn anhaltende Feuchte und günstige Temperaturen in den Sommermonaten auftreten, ist mit einem erhöhten Infektionsrisiko für Maisbestände zu rechnen. Dies war beispielsweise in den Jahren 2010 und 2014 in Rheinland-Pfalz der Fall. Die Feuchte ist notwendig, um die Keimung der Perithezien (Überdauerungsform von Fusarium) auf den überwinterten Pflanzenmaterialien in Gang zu bringen und Sporulation zu erzeugen und auch, um die neuen Infektionen erfolgreich zu etablieren.
Das Jahr 2014 zeigte sich mit seinem intensiven Auftreten von Mykotoxinen, insbesondere des Leittoxins DON, als ein Ausnahmejahr. Im Jahr 2010 war ein Auftreten mit ähnlicher Häufigkeit, aber nicht mit der hohen Intensität festzustellen. Über die Jahre sind auch Sortenunterschiede festgestellt worden, eine offizielle Einstufung der Sorten gegenüber Kolbenfusariosen ist bisher aber nicht verfügbar.
Welche Maßnahmen sind zu ergreifen?
Um gezielte Maßnahmen ergreifen zu können, müssen die Risikofaktoren bekannt sein. Neben der Witterung gibt es Faktoren, die der Landwirt beeinflussen kann.
- Risikofaktoren enge Fruchtfolge oder Monomais
- Mulchsaat oder Direktsaat nach Mais oder nach Weizen
- hohe Sortenempfindlichkeit gegenüber Fusarium
- feuchte Lage oder Region mit regenreichem Sommer und Frühherbst
- intensiver Maiszünslerbefall bietet zusätzliche Eintrittspforten
- feuchte Bedingungen in der Abreife und durch Nässe verzögerte Ernte
- Gegenmaßnahmen
- Fruchtfolgegestaltung (Maisanteil geringer als 50 Prozent, kein Monomais)
- Sortenwahl (wenig anfällige und schnell abreifende Sorten mit gutem Dry-down-Eigenschaften)
- Stoppelbearbeitung und Rotteförderung durch Schlegeln und Mulchen sowie gezielte Einarbeitung des Materials (Herstellung von Bodenschluss)
- Optimierung der Aussaat und Wachstumsbedingungen durch pflanzenbauliche Maßnahmen (Bodenleben, Nährstoffverfügbarkeit, Bodenstruktur)
- bei Gefährdung wendende Bodenbearbeitung (Pflug im Herbst)
- möglichst frühe Ernte (direkt nach Abreife)
- Rottefördernde Maßnahmen sind sinnvoll.
Mais als Vorfrucht wurde schon längst als inokulumsfördernd identifiziert. Hier gilt es die Rotte der auf dem Acker verbleibenden Stängelreste zu fördern. Besonders bei konservierender Bodenbearbeitung ist dieser Faktoren zu beachten. Zum Beispiel verrotten auf der Bodenoberfläche liegende Stängel nur schlecht, weil der Bodenschluss fehlt, was die Besiedlung durch zersetzende Mikroorganismen erschwert. Je kleiner die Maisreste zerkleinert werden, desto besser.
Stoppeln mulchen und Rotte fördern
Mulchen der Stoppeln hat sich bewährt, aber je nach Maschinenverfügbarkeit sind auch andere Zerkleinerungstechniken einsetzbar. Eine leichte Einarbeitung des Materials zur Förderung des Zersetzungsprozesses kann die Besiedlung mit Organismen fördern und eine verbesserte Zersetzung begünstigen. Der rasche Stoppel- und Strohabbau hat einen zusätzlichen positiven Effekt gegen den Maiszünsler.
Tiefes Einpflügen von Strohresten und Maisstoppeln kann allerdings das Gegenteil bewirken, wenn dadurch die Verrottung gehemmt wird. Solche Pflanzenteile können bei der nächsten wendenden Bodenbearbeitung wieder an die Oberfläche gelangen, und belastetes Material kann auch nach dieser langen Verweildauer erneut sporulieren.
Neue Ansätze durch Maisstrohabfuhr und neue Sorten
Zukünftig könnte auch bei Körnermais das Maisstroh zur Biogaserzeugung genutzt werden. Der Vorteil liegt dabei insbesondere darin, dass potenzielles Trägermaterial für die Überdauerung von Fusarium-Inokulum von der Fläche entfernt wird. Auch für andere pilzliche Pathogene und für den Maiszünsler könnte so die Überdauerung auf dem Schlag erschwert werden. Diese innovative Nutzungsmöglichkeit wir derzeit erprobt. Erste positive Erfahrungen wurden von der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft bereits veröffentlicht.
Für die Auswirkung der verschiedenen Möglichkeiten von Greeningmaßnahmen auf das Auftreten von Fusariosen im Mais liegen bisher keine Erfahrungen vor. Es kann davon ausgegangen werden, dass mögliche Effekte von den Witterungseffekten (zum Beispiel regenreicher Sommer) überlagert werden.
Bei Körnermais ist eine Verwendung von Sorten, die eine schnelle Abreife „Dry down“ aufweisen, günstig, um möglichst früh zu ernten. Das Bundessortenamt veröffentlicht bisher keine Daten zur Einstufung der Körnermaissorten. Das Fehlen dieser Information ist für die landwirtschaftliche Praxis sehr problematisch. Die Pflanzenschutzdienste der Länder stellen daher teilweise Einzeluntersuchungen zu den Sortenempfindlichkeiten bereit und berücksichtigen bei ihren Sortenempfehlungen die Anfälligkeiten pilzlichen Erregern gegenüber.
Fungizide nur mit befristeter Notfallzulassung in Körnermais
Gegen Fusariumbefall gibt es keine regulär zugelassenen Fungizide in Mais. Mit einer Ausnahmegenehmigung für 2015 wurde das Mittel Retengo Plus gegen Fusarium in Körnermais zugelassen. Das Fungizid mit dem Wirkstoff Epoxiconazol und Pyraclostrobin hat eine reguläre Zulassung gegen Blattkrankheiten in Mais und kann auf Grund der zur Zeit vorliegenden befristeten Notfallzulassung in Körnermais zum BBCH 30 bis 65 vom 16. Juni bis 13. Oktober gegen Fusarium eingesetzt werden. Für entsprechende Risikoschläge sollte ein Fungizideinsatz im Mais schlagspezifisch und nach Warndienstaufruf erfolgen. Die Zulassung gilt nicht für Silomais.
Fazit: Fusariumbefall im Mais ist stark witterungsabhängig. Anhaltende oder starke Sommerniederschläge können in einzelnen Jahren zu intensivem Befall und hohen Mykotoxinbelastungen im Erntegut führen. Durch gezielte pflanzenbauliche Maßnahmen wie Sortenwahl, Fruchtfolge und optimale Feldhygiene kann einer Fusariuminfektion entgegengewirkt werden.
– LW 33/2015