GAP, Insektenschutzpaket, Bauland, Klimaschutz

HBV-Verbandsrat und Präsidium tauschen sich über Politik aus

Das Klimaschutzgesetz, das Insektenschutzpaket sowie die kurz zuvor vertagte Entscheidung des Trilogs zwischen Agrarrat, EU-Kommission und Europaparlament über die neue Gemeinsame Agrarpolitik waren einige der Themen, über die im erweiterten Verbandsrat und erweiterten Präsidium des Hessischen Bauernverbandes (HBV) am Montag via Internet gesprochen wurde.

Ein weiteres Mal fand die Gremiensitzung über das Internet statt. Der Diskussionsfreude tat dies keinen Abbruch, und die Beteilung war mit rund 50 Personen sehr gut.

Foto: Mohr

HBV-Präsident Karsten Schmal wies in seinem Bericht auf das kürzlich vom Bundeskabinett beschlossene Klimaschutzgesetz hin, mit dem Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden soll – fünf Jahre früher als bislang geplant. Über die Eile, mit der die Politik damit auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes reagiert habe, zeigte sich Schmal erstaunt.

Ambitionierte Klimaziele der Regierung

Die ambitionierten Ziele stellten jedenfalls eine große Herausforderung für die Branche dar. So solle die Landwirtschaft bis 2030 nur noch 56 statt 58 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente gegenüber 1990 ausstoßen dürfen. Eine der wichtigsten Forderungen der Agrarwirtschaft ist laut Schmal, dass die Produktivität und eine nachhaltige Lebensmittelversorgung dadurch nicht gefährdet werden dürften. Ihn ärgere es, dass diese Aspekte in der Diskussion kaum eine Rolle spielten. Auch müssten die Chancen, die die Land- und Forstwirtschaft als Kohlenstoffsenke böten, mehr anerkannt werden.

Positive Signale bei Biokraftstoffen

Positive Signale gebe es unterdessen bei Biokraftstoffen im Verkehrssektor. Mit dem Beschluss des Bundestages über die Treibhausgasminderungsquoten im Verkehr gebe es nach über zehn Jahren der Stagnation nun deutliche Vorgaben für einen Ausbau der erneuerbaren Energien. Die ursprünglich destruktive Haltung des Bundesumweltministeriums habe durch den Bundestag überwunden werden können, so Schmal. Positiv seien unter anderem die Bestandssicherung für konventionelle Biokraftstoffe mit Aussicht auf Wachstum.

Eco-Schemes müssen praktikabel sein

Mit Blick auf die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik beklagte Schmal, dass die Basisprämie von derzeit etwa 250 Euro auf 150 Euro pro Hektar gekürzt werde. Deshalb sei es unbedingt erforderlich, dass die im Gegenzug eingerichteten Eco-Schemes in der Ersten Säule praktikabel sind und der Landwirt damit Einkommen erzielen kann. Derzeit seien aber die Vorschläge unzureichend. Insbesondere bestehe die Gefahr, dass durch die Eco-Schemes erfolgreiche Umweltprogramme aus der Zweiten Säule, wie die vielfältigen Fruchtfolgen in Hessen, kannibalisiert werden. Nach wie vor gebe es keine geeigneten Eco-Schemes für reine Grünlandbetriebe, kritisierte Schmal.

Dass der Trilog in der vergangenen Woche keine Einigung erzielt hat, lastet Schmal auch der schwachen portugiesischen Ratspräsidentschaft an. Klar sprach sich der HBV-Präsident gegen die Verknüpfung der EU-Direktzahlungen mit sozialen Auflagen aus, weil dies zusätzlich die Bürokratie erhöhen würde und die Einhaltung von Sozialstandards in die Zuständigkeit der Nationalstaaten und deren Behörden falle.

Kritik am Gesetz zur Baulandbeschleunigung

Kritik übte Schmal an dem Baulandbeschleunigungsgesetz, dass ohne die Tierwohlverbesserungsgenehmigung im Bundesrat beschlossen wurde. Der HBV habe sich erst kürzlich an die Landesregierung gewandt und darum gebeten, dass diese Genehmigung für Maßnahmen zur Tierwohlverbesserung in das Baugesetzbuch Eingang findet. Dies sei erforderlich, um das allseits gewünschte höhere Tierwohlniveau zu erreichen. In diesem Zusammenhang beklagte der HBV-Präsident, dass das von der Borchert-Kommission entworfene Konzept zum Umbau der Tierhaltung keinen ausreichenden politischen Rückhalt hat. Schmal befürchtet, dass vor der Bundestagswahl Ende September keine politischen Entscheidung hierzu getroffen wird.

Gravierende Folgen hätte nach seiner Einschätzung die von der Bundesregierung geplante Senkung des pauschalen Umsatzsteuersatzes von derzeit 10,7 auf 9.6 Prozent. Dies würde dazu führen, dass alle pauschalierenden Betriebe Mindereinahmen haben. Das Bundeslandwirtschaftsministerium habe bei der Neuberechnung des Pauschalierungssatzes methodische Fehler gemacht, die ausgeräumt werden müssen, so Schmal.

Länderöffnungsklausel erforderlich

Richtig sei es, dass die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung als Teil des Insektenschutzpaketes vergangene Woche von der Tagesordnung des Bundesrates genommen worden sei (siehe S. 7). Es müsse sichergestellt werden, dass eine Länderöffnungsklausel im Gesetz verankert ist, damit kooperative Ansätze in den Bundesländern umgesetzt werden können. Dieser Ansatz werde jetzt auch beim Runden Tisch Insektenschutz in Hessen diskutiert. In der Diskussion der Sitzungsteilnehmer wurde klargestellt, dass ohne eine entsprechende Klausel im Bundesgesetz alle Länderinitiativen weitgehend hinfällig würden.

Der hessische Managementplan Wolf verfolgt nach Auffassung von Schmal den falschen Ansatz. Es gehe zu viel um Dokumentation und zu wenig um den Schutz der Weidetiere. Der HBV-Präsident wies außerdem auf das Förderprogramm des Landes „hundert nachhaltige Bauernhöfe“ hin, für das aus dem Corona-Fonds insgesamt 5 Mio. Euro Fördergelder zur Verfügung stehen (siehe S. 47)). Außerdem wies er auf die Initiative des Berufstandes hin, die Ernährungssicherung als Staatsziel in das Grundgesetz aufzunehmen.

PV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen

In der Diskussion unter den Vorsitzenden der Kreis- und Regionalbauernverbände und den Vertretern der dem erweiterten Präsidium angehörenden Branchenorganisationen ging es um die derzeit im Bundesvergleich niedrigen Milch-Auszahlungspreise der hiesigen Molkereien. Diskutiert wurde auch über die Installation von PV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen. Hier gibt es auch in der Mitgliedschaft Interessenunterschiede, zumal unter Landeigentürmern und -pächtern. Gleichwohl sei es erforderlich, dass der Berufsstand, der immer wieder den hohen Flächenverbrauch durch Infrastrukturmaßnahmen und Bauland anprangert, konsequent und schlüssig argumentiere. Außerdem gebe es mit den vielen Gewerbegebäuden, beispielsweise Logistikzentren, ein großes Potenzial für den Bau von PV-Anlagen auf Dächern. Ein weiteres Thema war die Tierhaltung. Sie gerate immer mehr unter Druck, und auch die Landespolitik biete keine hinreichende Unterstützung. Die regionale Erzeugung und Verarbeitung von Fleisch habe es zunehmend schwerer durch fehlende regionale Schlachtstätten aber auch der starken Konkurrenz von Schlachtkonzernen, die eine viel günstigere Kostenstruktur haben. Durch reißerische Berichterstattung, gerade auch in öffentlich-rechtlichen Sendern wie beispielsweise kürzlich über familiengeführte kleine Schlachtstätten in Südhessen, gerate die Branche weiter unter Druck.

HBV-Generalsekretär Hans-Georg Paulus berichtete von den Gremiensitzungen des Deutschen Bauernverbandes. Der DBV habe kürzlich die Kernanliegen des Berufsstandes zur Bundestagswahl formuliert. Auf Landesebene würden derzeit Konzepte entwickelt, die interne und externe Kommunikation weiter zu stärken. So werde eine neue Internetseite vorbereitet. Außerdem soll es eine HBV-App geben.

CM – LW 22/2021