Globaler Hähnchenmarkt wächst trotz Vogelgrippe

Importbedarf vieler Länder nimmt zu

Die Geflügelpest hat in den vergangenen Monaten in mehreren Regionen der Welt zu Tierverlusten und Handelsrestriktionen geführt. Einer aktuellen Prognose des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums (USDA) zufolge dürfte das die Expansion der globalen Hähnchenfleischerzeugung 2017 zwar bremsen, aber nicht zum Stillstand bringen. Die Washingtoner Experten gehen davon aus, dass die weltweite Produktion von Hähnchenfleisch gegenüber 2016 um 0,8 Prozent auf 89,47 Mio. t zunehmen wird; das wäre ein neuer Rekord.

Die globale Hähnchenproduktion wächst weiter. Das US-Landwirtschaftsministerium rechnet mit einem Wachstum von 0,8 Prozent gegenüber 2016 auf die Rekordmenge von 89 Mio.t.

Foto: agrarfoto

Im Oktober 2016, also vor dem Ausbruch der aktuellen aviären Influenza-Welle, waren die US-Analysten allerdings noch von einer Erzeugung oberhalb der Marke von 90 Mio. t ausgegangen. Mit Ausnahme von China wird für alle wichtigen Produzentenländer 2017 ein höheres Hähnchenfleischaufkommen erwartet. Beim weltweit führenden Erzeuger, den USA, soll die Erzeugung gegenüber dem Vorjahr um 2 Prozent auf 18,63 Mio. t zulegen, in der EU um 1,1 Prozent auf 11,45 Mio. t. Noch stärker sollen die brasilianischen Landwirte ihre Produktion ausweiten, nämlich um 4,1 Prozent auf 13,44 Mio. t; in Indien ist mit einem Wachstum um 7,1 Prozent auf 4,50 Mio. t zu rechnen. Anders sieht die Lage in China aus. Nachdem die Produktion von Hähnchenfleisch dort bereits 2016 um 8,2 Prozent rückläufig war, soll sie im laufenden Jahr um weitere 10,6 Prozent auf 11 Mio. t sinken. Innerhalb von zwei Jahren hätte sich die Erzeugung damit um 2,4 Mio. t oder rund 18 Prozent verringert. Ein wichtiger Grund dafür ist laut USDA das Fehlen von Elterntieren zum Wiederaufbau des Bestandes. Zum Schutz vor der Geflügelpest hatten die chinesischen Behörden Anfang 2015 den Import von Zuchttieren des wichtigsten Lieferanten USA untersagt; zuletzt kamen nach den Geflügelpestfällen auch wichtige EU-Anbieter hinzu. Zudem wurden wegen der aviären Influenza wichtige Lebendmärkte für Geflügel in China geschlossen, nachdem sich dort Menschen mit dem Virus angesteckt hatten. Dadurch versiegte eine weitere Quelle für Elterntiere, die gerne von kleineren Erzeugern genutzt wurde. Die Produktionsausfälle in China werden dort laut USDA zu einem spürbar höheren Importbedarf führen. Im vergangenen Jahr nahm die Einfuhr von Hähnchenfleisch bereits um 162 000 t (60 Prozent) auf 430 000 t zu, und im laufenden Jahr soll die Bezugsmenge um weitere 40 Prozent auf die neue Rekordmarke von 600 000 t steigen.

Damit ist die Volksrepublik innerhalb kurzer Zeit vom Nettoexporteur zum Nettoimporteur geworden, wobei sich das Handelsbilanzdefizit 2017 auf rund 250 000 t belaufen dürfte. Aber nicht nur China, sondern auch viele andere Länder dürften 2017 mehr Ware importieren. In Südkorea fielen mehr als 30 Mio. Stück Geflügel der aviären Influenza zum Opfer; die Einfuhr von Hähnchenfleisch soll gegenüber 2016 um 13 Prozent auf 145 000 t zunehmen. In Südafrika konnte die heimische Produktion wegen hoher Futterpreise nicht so stark ausgedehnt werden, wie es für den wachsenden Verbrauch nötig gewesen wäre. Der Import von Hähnchenfleisch dürfte 2017 nach einem Zuwachs von 15,6 Prozent im vergangenen Jahr um weitere 11,1 Prozent auf 560 000 t steigen. Die beiden größten Importeure der Welt, Mexiko und Japan, haben dem USDA zufolge wegen der Vogelgrippe für den Geflügelfleischimport Einfuhrrestriktionen erlassen. Sie folgen dabei aber dem Regionalisierungsansatz, was die Handelswirkungen begrenzt. Für Mexiko erwarten die US-Analysten 2017 einen Anstieg der Hähnchenfleischimporte um 4,3 Prozent auf 825 000 t, während Japan den Bezug moderat um 1,3 Prozent auf 960 000 t einschränken dürfte. Das USDA erwartet für 2017 gegenüber 2016 einen Zuwachs bei den Welt-Importen um 450 000 t (5,1 Prozent) auf 9,31 Mio. t.

Brasilien zählt zu den Gewinnern

Zu den Gewinnern der international zunehmenden Importnachfrage für Hähnchenfleisch werde mit Sicherheit Brasilien zählen. Die Südamerikaner können von ihrem Status „frei von Geflügelpest“ profitieren und zudem in diesem Jahr auf eine größere Produktion zurückgreifen, denn die Margen der Erzeuger haben sich durch nachgebende Futterkosten wieder verbessert. Das USDA geht davon aus, dass die brasilianischen Hähnchenfleischexporte gegenüber 2016 überdurchschnittlich um 10 Prozent auf 4,28 Mio. t zunehmen werden und das Land seine Position als weltführender Exporteur ausbauen wird. Bessere Absatzmöglichkeiten werden in Asien gesehen. Die brasilianische Regierung bemüht sich zudem intensiv darum, neue Märkte zu erschließen und für bestehende die Zulassung weiterer Exportbetriebe zu erreichen. Optimistisch beurteilt das USDA auch die Ausfuhraussichten für das eigene Land. Der Hähnchenfleischexport soll um 4,2 Prozent auf 3,14 Mio. t zunehmen. Die Ausfuhr von US-Hähnchenfleisch auf den Wachstumsmarkt China ist nach den Geflügelpestfällen 2015 aber noch gesperrt.

EU-Exporte aufgrund von Einfuhrverboten rückläufig

Zu den Verlierern des Geflügelpestgeschehens am Weltmarkt könnte die EU werden. Zwar hat die Erzeugung von Hähnchenfleisch durch das Seuchengeschehen direkt kaum Schaden genommen, doch erschweren Einfuhrverbote von Importeuren wie Japan, Südafrika oder China die Ausfuhr für Mitgliedstaaten mit Geflügelpestfällen. Das USDA geht deshalb davon aus, dass der Drittlandsabsatz von Hähnchenfleisch aus der EU 2017 gegenüber 2016 um 8 Prozent auf 1,17 Mio. t zurückgehen wird. Laut EU-Kommission konnte der Export von Geflügelfleisch im Januar und Februar 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum jedoch um 5,2 Prozent auf 240 213 t gesteigert werden, wofür höhere Lieferungen nach Hongkong und in die Ukraine verantwortlich waren. Dagegen brach der Absatz in Südafrika um 40 Prozent ein, was neben Einfuhrbeschränkungen wegen der Geflügelpest auch an den Strafzöllen für EU-Ware lag. In ihrer Kurzfristprognose ging die EU-Kommission im März davon aus, dass 2017 die EU-Geflügelfleischausfuhren trotz der Probleme mit der aviären Influenza das Vorjahresniveau um 1 Prozent übertreffen können. Die Erzeugung von Geflügelfleisch veranschlagte sie auf 14,5 Mio. t; das wären 0,7 Prozent mehr als 2016. Zu einer ähnlichen Einschätzung gelangte das USDA für die EU-Hähnchenfleischerzeugung, die 2017 im Vorjahresvergleich um gut 1 Prozent auf 11,45 Mio. t zunehmen soll.

age – LW 18/2017