Glyphosat in der Diskussion: nicht mehr als nötig
Geringe Anwendertoxizität, hohe Umweltverträglichkeit
In der modernen pflanzlichen Produktion ist der Nutzen von Glyphosat unbestritten. Das belegt letztlich der vielfältige Einsatz in Ackerbau und Sonderkulturen. Insbesondere aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, aber auch zur Schonung von Bodenorganismen und für das Management von resistenten Ungräsern ist der Wirkstoff unverzichtbar. Dennoch gibt es keinen anderen Pflanzenschutzmittelwirkstoff, der mit solcher Beständigkeit in der Öffentlichkeit diskutiert und kritisiert wird.
Glyphosat ist noch bis Ende 2015 auf EU-Ebene im so genannten Annex I gelistet (=Voraussetzung für nationale Zulassungen in der EU). Bis dahin muss es neu bewertet werden, damit die Zulassungsfähigkeit erhalten bleibt. Berichterstattendes Mitgliedsland ist Deutschland. Das BVL (Bundesinstitut für Landwirtschaft und Verbraucherschutz) ist zuständig und koordiniert den Bewertungsbericht unter Mitwirkung weiterer Behörden (BfR Bundesinstitut für Risikobewertung, JKI Julius Kühn Institut, UBA Umweltbundesamt).Glyphosat ist noch bis Ende 2015 auf EU-Ebene im so genannten Annex I gelistet (=Voraussetzung für nationale Zulassungen in der EU). Bis dahin muss es neu bewertet werden, damit die Zulassungsfähigkeit erhalten bleibt. Berichterstattendes Mitgliedsland ist Deutschland. Das BVL (Bundesinstitut für Landwirtschaft und Verbraucherschutz) ist zuständig und koordiniert den Bewertungsbericht unter Mitwirkung weiterer Behörden (BfR Bundesinstitut für Risikobewertung, JKI Julius Kühn Institut, UBA Umweltbundesamt).
Stand der Neubewertung
Nach Prüfung von mehr als 1000 neuen wissenschaftlichen Studien über den Wirkstoff Glyphosat bestätigt das BfR im aktuellen Teilberichtsentwurf (Januar 2014) die bisherige Einschätzung der geringen Anwendertoxizität und der hohen Umweltverträglichkeit. Eine neuerliche Studie, die dem Wirkstoff ein gewisses kanzerogenes Potenzial bescheinigt, hat daran bisher nichts geändert. Sie wird aber sicherlich Anlass für weitere Prüfungen sein.
Entgegen erster Meldungen wurde die Anwendung von Glyphosat im Haus- und Kleingarten in Frankreich nicht verboten. Lediglich die Abgabe von Glyphosatmitteln wurde reglementiert, ähnlich wie es auch in Deutschland schon gehandhabt wird.
Im Durchschnitt werden in Deutschland jedes Jahr 5000 t Glyphosatmittel verbraucht. Das sind mengenmäßig etwa ein Sechstel aller bei uns eingesetzten Pflanzenschutzmittelwirkstoffe. Im Sinne des Nationalen Aktionsplanes (nachhaltige Nutzung von PSM-Wirkstoffen und Risikominderung um 25 Prozent) müssen Überlegungen angestellt werden, ob und in welchen Bereichen weniger Glyphosat-Präparate eingesetzt werden können.
Glyphosat – ein mengenmäßiges Problem
Derzeit läuft eine aktuelle Praxisumfrage zur Anwendung von Glyphosaten. Die bisherigen Erkenntnisse fußen auf der bekannten Befragung der Universität Göttingen im Winter 2010/11. Danach werden 80 Prozent der Glyphosatmenge (4000 t) im Ackerbau eingesetzt. Rein rechnerisch werden damit 39 Prozent der Ackerfläche behandelt. Davon entfällt der größte Teil der Anwendungsfläche (68 Prozent) auf Stoppelbehandlungen gefolgt von Vorsaat- (21 Prozent) und einem kleinen Anteil an Vorernteanwendungen (11 Prozent).
Letzterer dürfte im LW-Gebiet noch deutlich niedriger liegen. Bezogen auf die Anbaufläche der behandelten Fruchtarten ist es vor allem Raps, der zu 87 Prozent behandelt wird, gefolgt von Körnerleguminosen und Wintergerste. Da der Anbau von Körnerleguminosen im Zuge des Greenings ausgedehnt wurde, ist zu erwarten, dass die Stoppelbehandlungsfläche erneut ausgedehnt wurde.
Stoppelbewirtschaftung überdenken
Neben arbeitswirtschaftlichen Gesichtspunkten ist der zunehmende Verbrauch von Glyphosat-Mitteln auch auf die Ausdehnung der Minimalbodenbewirtschaftung zurück zu führen, verbunden mit dem erwünschten Effekt, dass Bodenerosion, Nährstoff- und Wirkstoffausträge minimiert werden. Dabei gewinnen Ungräser (Ackerfuchsschwanz, Windhalm, Trespen) und Wurzelunkräuter (Disteln, Ackerwinde) an Bedeutung. Sofern diese Probleme vorhanden sind, können sie auf der Stoppel mit Glyphosatpräparaten sicher kontrolliert werden. Daher wird die Glyphosatbehandlung im Vergleich mit der mechanischen Stoppelbearbeitung deutlich später durchgeführt, wenn die Wurzelunkräuter ausreichend Blattmasse gebildet haben.
Häufig sind es aber nicht die Wurzelunkräuter, sondern arbeitswirtschaftliche Gründe für eine Glyphosatbehandlung der Stoppel ursächlich. Dabei gilt es zu bedenken, dass eine spätere Stoppelbewirtschaftung auch eine Ausdehnung der grünen Brücke bedeutet. Bestimmte Schaderreger, wie Mäuse und Schnecken, werden dadurch gefördert. Besonders nach milden Wintern kommt einer zügigen Beseitigung des Ausfallgetreides besondere Bedeutung zu. Blattläuse und Zikaden haben weniger Gelegenheit sich mit Getreidevirosen (BYDV Gerstengelbverzwergung und WDV Weizenverzwergungvirus) zu beladen und diese auf die Neuansaaten zu übertragen. Das gilt in diesem Jahr besonders für das spät aufgetretene Gersten-Gelbverzwergungsvirus.
Grüne Brücken müssen unterbrochen werden
Tipp der Woche
Scharfe Klingen erhöhen die Mähdrescher-Leistung
Klingen und Doppelfinger werden oft zu lange gefahren. Dabei leisten Klingen und Finger Höchstleistungen: Etwa 90 Halme schneidet jede Klinge pro Sekunde. Wer hier spart, zahlt an Schnitt- und Flächenleistung sowie an Diesel und Nerven drauf.
Gerade in schwierigen Jahren mit feuchtem Erntegut oder auch bei den diesjährigen notreifen Beständen, wo zügig gefahren werden muss, kommt es auf einwandfreie Klingen und Finger an. Verschlissene oder defekte Klingen sind unverzüglich zu wechseln. Doppelfinger mit zu großem Spiel und abgenutzten Kanten können nicht gegenhalten. Das ist wie bei einer Nagelschere mit loser Niete oder Spiel.
Das Messer ist auf Leichtzügigkeit zu prüfen; lässt sich zum Beispiel der Messerantrieb von Hand leicht durchdrehen? Wird ein verbogener Doppelfinger gerichtet oder getauscht, sollten auch die dazugehörenden Klingen kontrolliert werden. Zum Beispiel sind häufig im Bereich der Ährenheber auch die Klingen nach oben gebogen und verschleißen den neuen Finger im Nu.
Auch auf einen korrekten Hubwechsel des Messers ist zu achten. Sind die Messerführungen verschlissen, schlackert das Messer im Schnittspalt der Finger. Auch die Andrücker der Messer müssen nahezu spielfrei eingestellt beziehungsweise ausgeglichen werden.
Bernd Christian Behrens, New Holland, Andrea Feiffer, feiffer consultÜberständiger Ausfallraps wirkt als Überhälter von Schädlingen (Rapserdfloh) und Krankheiten (Phoma) für benachbarte Neuansaaten. Die Kohlhernie kann innerhalb von 30 Tagen auch an Ausfallraps die gefürchteten Dauersporen bilden. Neben den Ausfallkulturen entwickeln sich auf der Stoppel auch einjährige Unkräuter. In feuchten Sommern sind häufig Gänsefuß, Windenknöterich und Bingelkraut zu beobachten. Mit dem späten Glyphosateinsatz lässt sich die Samenbildung verhindern.
In Rübenfruchtfolgen kann die verzögerte Stoppelbewirtschaftung dabei ungewollt zu einer Vermehrung des Rübenzystennematoden führen. Dieser kann sich auch an verschiedenen Unkrautarten vermehren bevor sie vom Herbizid beseitigt werden. Häufig wird dieser Beitrag zur Populationsentwicklung unterschätzt. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Vermehrung auf der Getreidestoppel vergleichbar mit der an seiner eigentlichen Wirtspflanze, der Zuckerrübe sein kann.Eine flache Bodenbearbeitung beseitigt den Bewuchs schneller und verdient unter solchen Voraussetzungen den Vorzug.
Neben den Auswirkungen auf die Schaderreger gibt es auch ackerbauliche Gesichtspunkte (Wassereinsparung durch Kapillarunterbrechung usw.) die praktizierte Stoppelbewirtschaftung kritisch zu hinterfragen.
Welche Mittel auf der Stoppel – Vor- und Nachteile
Glyphosat-Mittel eignen sich zur dauerhaften Quecken- und Distelbekämpfung mit etwa 1800 g/ha Aktivsubstanz. Winde-Arten und Ackerschachtelhalm werden hiermit kaum erfasst. Einzige Ausnahme ist die Zulassung von Roundup UltraMax mit 8 l/ha gegen Ackerwinde auf der Getreidestoppel. Allerdings wird das Mittel aufgrund seines Tallowamin-Gehaltes nicht mehr empfohlen.
Bei den verschiedenen Glyphosaten ist darauf zu achten, dass der beabsichtigte Verwendungszweck als Indikation ausgewiesen ist. Auch wenn sie noch nicht in der Gebrauchsanweisung aufgeführt ist, muss die neue bußgeldbewehrte Anwendungsbestimmung NG351 umgesetzt werden, die für alle Glyphosat-Mittel gilt. Auf einer Fläche dürfen nicht mehr als zwei Glyphosat-Anwendungen im Jahr mit einem zeitlichen Mindestabstand von 90 Tagen erfolgen. Darüber hinaus wird der maximale Wirkstoffeinsatz je Hektar und Jahr auf 3,6 kg begrenzt. Die Auflagen gelten unabhängig vom Mittel. Die Einhaltung dieser Bestimmung stellt normalerweise kein Problem dar.
Kyleo, die Kombination aus 240 g/l Glyphosat und 160 g/l 2,4-D-Wuchsstoff, erfasst mit 5,0 l/ha alle Wurzelunkräuter, hat aber aufgrund der Zusammensetzung seine besonderen Vorzüge bei Winde-Arten und Ackerschachtelhalm. Auch bei Kyleo ist die Auflage NG351 zu beachten.
Ein Nachteil von Kyleo ist die Bodenwirkung des Wuchsstoffanteils. In Abhängigkeit von der Folgekultur (betrifft auch Zwischenfrüchte) muss zur Vermeidung von Kulturschäden eine Wartezeit eingehalten werden. Getreide kann bereits nach drei Tagen bestellt werden. Vor der Aussaat von Leguminosen und Raps sind 28 Tage Sicherheitsabstand erforderlich. Hierzu ist unbedingt die Produktinformation zu beachten.
Starane XL, das Getreideherbizid, eignet sich mit einer Aufwandmenge von 1,8 l/ha zur Bekämpfung der Zaunwinde (Ackerwinde wird mit erfasst) auf der Stoppel nach Getreide oder Raps. Sollen weitere ausdauernde Unkräuter bekämpft werden, empfiehlt sich der Zusatz von Dominator 480 TF mit 3,75 l/ha.
Bei allen genannten Optionen hängt der Erfolg einer nachhaltigen Wirkung von mehreren Faktoren ab. Einerseits müssen die Pflanzen genügend grüne Blattmasse aufweisen, andererseits muss zum Zeitpunkt der Behandlung ausreichend wüchsiges Wetter herrschen. Eine günstige Wasserversorgung und gemäßigte Temperaturen wirken vorteilhaft, wogegen anhaltende Trockenheit den Wirkstofftransport in die Wurzeln behindert.
Handhabung der Glyphosatmittel optimieren
Die optimale Wassermenge liegt bei rund 200 l/ha. Höhere Wasseraufwandmengen verzögern oder mindern die Wirkung. Nachlässigkeiten beim Umgang mit Glyphosaten sind in der Landschaft leicht erkennbar. Deshalb ist es unerlässlich, Behandlungen nur bei günstigen Windverhältnissen durchzuführen. Ein abdriftfreies Arbeiten (Randdüsen verwenden) ist oberstes Gebot. Nur auf der landwirtschaftlich genutzten Fläche dürfen Pflanzenschutzmittel angewendet werden. Das vorsätzliche Mitbehandeln von Feldrainen ist unzulässig und kann schwerwiegende Folgen haben (Cross Compliance relevant oder Sachkunde-Nachweis-Überprüfung).
Nach Verwendung von Glyphosat-Mitteln ist die Pflanzenschutzspritze gründlich durchzuspülen, damit bei nachfolgenden Arbeiten keine bösen Überraschungen auftreten. Die Reinigung wird am besten auf dem zuletzt behandelten Feld erledigt und keinesfalls auf befestigtem Gelände. Durch Abschwemmung mit Regenwasser in die Kanalisation werden letztlich Oberflächengewässer belastet. Diese werden im Zuge der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie verstärkt untersucht. Jetzt gilt es zu zeigen, dass im Rahmen der normalen Pflanzenschutzanwendung keine relevanten Rückstände an Pflanzenschutzmitteln auftreten.
Damit sich die Belastungen erkennbar verringern, geben dürfen keine Glyphosatmittel an Kleinanwender abgegeben werden; diese sind über die Umstände aufzuklären. Die illegale Behandlung von befestigten Flächen durch Kleinstanwender wird allgemein als Hauptursache für die Gewässerbelastungen angesehen. Der Handel darf diesen Nutzern daher nur Präparate in kleinen Mengen abgeben, wenn sie für den Haus- und Kleingarten vorgesehen sind und eine entsprechende Aufklärung voraus gegangen ist.
Fazit: Kritikern kein Futter liefern
Glyphosat ist ein wichtiger Wirkstoff, insbesondere bei reduzierter Bodenbearbeitung und er bleibt als Instrument gegen schwer bekämpfbare Ungräser und -kräuter unverzichtbar. Die Vorzüge liegen in der sicheren Wirkung gegen mehrjährige Arten und den gilt es gezielt zu nutzen. Das gilt auch für die Stoppelbehandlung, die den mengenmäßig größten Anwendungsbereich ausmacht. Sind auf der Stoppel keine ausdauernden Arten vorhanden (Ackerwinde, Distel, Quecke) liefern ein bis zwei Grubberstriche vergleichbare Ergebnisse. Gleichzeitig wird die grüne Brücke verkürzt und dem Aufbau entsprechender Schaderreger entgegen gewirkt (Blattläuse, Viruskrankheiten, Schnecken, Mäuse).
Derzeit befindet sich der Wirkstoff Glyphosat in einer kritischen Phase der Neubewertung. Vor dem Hintergrund einer nachlassenden öffentlichen Akzeptanz weisen die politischen Tendenzen klar in Richtung Mengenbegrenzung und Reglementierung. Dem kann die Praxis nur mit einem verantwortungsvollen Umgang entgegenwirken, damit der wichtige Wirkstoff in wünschenswertem Umfang erhalten bleibt.
Dr. Bernd Augustin, Ulrich Nöth, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück – LW 28/2015