Größtes Landfrauentreffen in Hessen

Landfrauentag in Herborn mit Sissi Perlinger

Mehr als 3 000 Landfrauen hatten sich zum Landfrauentag zum Hessentag im Festzelt in Herborn eingefunden, um mit ihrer Anwesenheit den Forderungen des Landfrauenverbandes Hessen an die Hessische Landesregierung Gewicht zu verleihen.

Die 15-jährige Laura Pöhlig überreichte Ministerpräsident Volker Bouffier eine Mappe mit „Problemen und Wünschen der Jugend auf dem Land“.

Foto: LFV Hessen

Zur Eröffnung des jährlich größten Treffens der hessischen Landfrauen begrüßte Präsidentin Hildegard Schuster die politisch Verantwortlichen in Hessen, Ministerpräsident Volker Bouffier, Priska Hinz, Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, den Hessischen Sozialminister Stefan Grüttner und zahlreiche Landtagsabgeordnete aller Parteien, sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Ministerien und der hessischen Verbände, mit denen der Landfrauenverband Hessen (LFV Hessen) zusammenarbeitet.

Ein Mehr an Infrastruktur, Kinderbetreuungseinrichtungen, Verkehrsanbindungen, Freizeitmöglichkeiten für junge Leute und schnelles Internet für familienfreundliche Arbeitsplätze, an finanzieller Ausstattung für die Gemeinden im ländlichen Raum forderte Präsidentin Schuster, „damit die Lebensqualität attraktiv ausgebaut werden kann und der ländliche Raum jungen Menschen und Familien eine Bleibe-Perspektive bietet“.

„Stärken Sie das Ehrenamt!“, rief die Präsidentin den politisch Verantwortlichen zu. Dazu gehöre nicht nur Anerkennung und Wertschätzung, sondern auch eine finanzielle Entschädigung für den erbrachten Aufwand, forderte Schuster. Mindestens gelte es, seitens des Landes und der Kommunen den Ehrenamtlichen ihre Arbeit zu erleichtern, so Schuster, und den Vereinen kostenfrei Räume für ihre Arbeit zur Verfügung zu stellen. Damit Frauen, auch jüngere Frauen, bereit seien, weiterhin gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, sei es an der Zeit, den gesetzlichen Rahmen zu schaffen, dass Seminare und Kurse zur Vereinsführung als Bildungsurlaub anerkannt werden.

Projekt „Bauernhof im Klassenzimmer“

Als Verband, dem sowohl Erzeugerinnen als auch Verbraucherinnen angehören, setze sich der LFV Hessen dafür ein, dass Lebensmittel ihren Preis haben, den Preis, den die bäuerlichen Familien brauchen, damit sie mit ihren Familien leben können, führte Präsidentin Schuster aus. Einen Beitrag dazu leiste der LFV Hessen mit dem durch das hessische Landwirtschaftsministerium erstmals geförderten Projekt „Bauernhof im Klassenzimmer“, in dem Bäuerinnen zur Öffentlichkeitsarbeit geschult werden, um Kindern und Jugendlichen die Bedeutung und den Wert ihrer Arbeit auf den Bauernhöfen zu erklären.

Um den „Zukunftspakt für die hessische Landwirtschaft“ mit Leben zu erfüllen, seien auch die erforderlichen finanziellen Mittel bereitzustellen, die dies möglich machten, für das Projekt Bauernhof als oder im Klassenzimmer und für Maßnahmen zur Ernährungsbildung wie Kinder-Kochkurse oder die von den Landfrauen geplante erste mobile hessische Kinder-Kochschule. „Zeigen Sie uns Landfrauen, dass Sie ernsthaft interessiert sind, die festgeschriebenen Aufgaben des Zukunftspaktes Landwirtschaft umzusetzen, dass es Ihnen wichtig ist, kleine und große Verbraucher über gesunde Ernährung mit Lebensmitteln aus der Region aufzuklären und praktisch zu vermitteln, was und wie unsere Bäuerinnen anbauen und dass wir damit unsere Kulturlandschaft erhalten“, rief Präsidentin Schuster dem Ministerpräsidenten und der Landwirtschaftsministerin zu.

Volker Bouffier lobte vielfältiges Engagement

Solange es solche jungen Menschen gebe, die sich für unser Land einsetzten, sei ihm um die Zukunft nicht bange, sagte Ministerpräsident Volker Bouffier zu Beginn seiner Ansprache, nachdem ihm Laura Pöhlig, 15-jährige Landfrau aus dem Bezirksverein Lauterbach, eine Mappe mit „Problemen und Wünschen der Jugend auf dem Land“ überreichte und ganz besonders auf die fehlenden Busverbindungen, kulturelle Angebote für Jugendliche und schlechte Internetverbindungen im ländlichen Raum hinwies. Sie werde auf jeden Punkt eine ausführliche Antwort erhalten, versprach ihr der Ministerpräsident.

„Die Landfrauen sind mit über 50 000 Mitgliedern eine starke Stimme in Hessen. Sie sind eine vielfältige Gemeinschaft, die aus dieser Vielfalt ihre große Kraft schöpft. Und vielfältig sind auch die Bereiche, für die Sie sich einsetzen: Wirtschaft, Bildung, Kultur, Soziales und Politik. Es ist wirklich beeindruckend, wo Sie sich überall engagieren“, würdigte der Ministerpräsident den Einsatz und die Arbeit der Landfrauen. „Die Herausforderungen, vor denen unser Land steht, werden nicht weniger. Umso wichtiger ist es, dass möglichst viele Menschen sich engagieren und mitgestalten. Die Landfrauen sind dafür echte Vorbilder. Denn Sie schauen nicht einfach nur zu, sondern packen tatkräftig mit an und stehen füreinander ein. Die Landfrauen leben den Gemeinschaftssinn und tragen damit wesentlich dazu bei, dass so viele Menschen gerne und gut bei uns in Hessen leben“, sagte Ministerpräsident Bouffier.

Landfrauenpräsidentin Hildegard Schuster.

Foto: LFV Hessen

Karsten Schmal, Präsident des Hessischen Bauernverbandes.

Staatsministerin Priska Hinz.

Verbraucherschutz und Landfrauen

Die Hessische Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Priska Hinz, gebürtige Herbornerin, hielt eine Rede zum Thema „Transparenz, Beratung, Nachhaltigkeit: Für starke Verbraucherinnen und Verbraucher in Hessen“. „Verbraucherschutz und Landfrauen: Das gehört in Hessen zusammen“, sagte die Ministerin und erinnerte, dass es die Landfrauenverbände Hessen-Nassau und Kurhessen waren, die vor knapp 60 Jahren zusammen mit dem Hausfrauenverband die Verbraucherzentrale Hessen gegründet hatten. Bis heute sei der Landfrauenverband Mitglied im Aufsichtsgremium der Verbraucherzentrale, dem Verwaltungsrat.

Bürgermeister Hans Benner (Mitte) und das Hessentagspaar Janina Till und Cetin Celik.

Foto: LFV Hessen

Sie wies auf die anstehenden Aufgaben im Verbraucherschutz hin. So gelte es unter anderem, das Gender Pricing – Kosmetik- und Pflegeprodukte für Frauen kosten mehr als ähnliche für Männer – zu beenden, Vergleichsportale im Internet transparenter zu machen, die sogenannten sozialen Medien auch für ältere Menschen einfach zu erklären und Ernährungsbildung in den Fokus zu rücken, beispielsweise mit dem Projekt „Bauernhof als Klassenzimmer“.

Auch wenn es derzeit noch keine Bereitschaft gebe, ein Unterrichtsfach „Ernährungsbildung, Verbraucherbildung, Alltagskompetenzen“, wie die Landfrauen es forderten, einzuführen, ist sie überzeugt, dass die Inhalte im Unterricht vorkommen müssen. Sie machte den Landfrauen Mut, an diesem Thema dranzubleiben: „Nicht alles lässt sich schnell umsetzen. Und es ist gut, wenn der Landfrauenverband die Themen Verbraucherbildung und Ernährungsbildung „am Kochen hält!“

Um nachhaltiger zu wirtschaften, um Regionalität und Saisonalität zu stärken, um uns gesünder zu ernähren, brauche man in unserer Gesellschaft ein bisschen mehr Information, ein bisschen mehr Motivation – und viele gute Vorbilder. „Und hier auf dem Hessentag sitzen Tausende von Vorbildern, von denen vor allem junge Menschen etwas lernen können“, dankte sie den Landfrauen für ihren Einsatz.

Gute Zusammenarbeit mit Hessischem Bauernverband

Karsten Schmal freute sich, erstmals als Präsident des Hessischen Bauernverbandes auf dem Landfrauentag zum Hessentag zu sprechen. „Wir sind stolz darauf, Sie an unserer Seite zu haben“, sagte Präsident Schmal. Ganz besonders hoch sei es zu bewerten, dass die Landfrauen – obwohl viele keine Bäuerinnen seien – für den Berufsstand Partei ergriffen und gemeinsam mit den Bauernfamilien für bessere Erzeugerpreise und damit eine höhere Wertschätzung ihrer Arbeit einträten. Gerade weil die Landfrauen aus verschiedenen Berufsgruppen stammten und nicht nur in ländlichen Räumen unterwegs seien, sondern auch in Städten und Ballungsräumen, seien sie dazu prädestiniert, eine Mittlerrolle zwischen Bauern und Verbrauchern einzunehmen. Stellvertretend für alle Landfrauen in den Bezirks- und Ortsvereinen dankte Schmal Präsidentin Hildegard Schuster für die gute Zusammenarbeit mit dem Hessischen Bauernverband und die großartige Unterstützung, die die Landwirte durch die Bäuerinnen und Landfrauen immer wieder erführen.

Bürgermeister Hans Benner und das Hessentagspaar Janina Till und Cetin Celik begrüßten die Landfrauen aus den 40 Bezirksvereinen in der Hessentagsstadt und luden ein, die Stadt kennenzulernen und die vielfältigen Angebote in Herborn zu nutzen.

Dass der Landfrauentag zum Hessentag nicht nur eine Plattform zum Austausch mit der Politik, sondern auch ein Fest der Landfrauen ist, stellte auch der diesjährige Landfrauentag unter Beweis. Gleich zu Beginn sorgten „Die Westerwäller“ im wunderschön mit mehr als 800 von den Herborner Landfrauen selbst gefertigten Hüten dekorierten Festzelt mit Original Westerwälder Musik für gute Stimmung. Eine zünftige Trachtenmodenschau brachte alpenländisches Flair in den Westerwald.

Auftritt von Sissi Perlinger

Stargast des Landfrauentages war die Entertainerin Sissi Perlinger. Blitzschnell schlüpfte sie in verschiedene Rollen und verriet so manchen Trick, wie es gelingt, „jung zu sterben, und das so spät wie möglich! Man ist so alt, wie man sich macht – da heißt es lügen, lügen, lügen!“, rief Perlinger ihrem bestens gelaunten Publikum zu.

LFV – LW 22/2016