Hafer kann oft nicht mithalten

Landessortenversuche Sommerhafer 2015

Der Haferanbau wurde in Rheinland-Pfalz in den letzten 25 Jahren um etwa 20 000 ha zurückgefahren. Zur vergangenen Ernte ist nunmehr mit 4800 ha der absolute Tiefstand erreicht worden. Dies ist insofern verwunderlich, als die Nachfrage in den zurückliegenden Jahren relativ stabil war. Denn Sommerhafer wird hierzulande in erster Linie zu Futterzwecken angebaut, also für die Pferdehaltung oder für den eigenen Betrieb zur Aufwertung des Kraftfutters. Hierfür wird eine mehr oder weniger jährlich feststehende Fläche benötigt. Andere Verwertungsrichtungen wie etwa für die Nahrungsmittelindustrie haben kaum Bedeutung.

Letztendlich liegt aber die schwindende Bedeutung des Hafers in seiner geringen Konkurrenzfähigkeit gegenüber den anderen Kulturen. Vor allem auf besseren Böden und bei entsprechender Produktionstechnik ist Hafer so flächenstarken Kulturen wie Winterweizen oder Winterraps ökonomisch deutlich unterlegen. Selbst mit Sommergerste kann er nicht mithalten. Während beispielsweise im für Sommerungen schwierigen Jahr 2015 bei Hafer im Landesmittel etwa 47 dt/ha geerntet wurden, lagen die vergleichbaren Hektarerträge von Sommergerste immerhin noch 8 dt/ha höher.

Diese geringeren Ertragsleistungen des Sommerhafers lassen sich auch dadurch erklären, dass er häufig auf ohnehin ertragsschwächeren, meist höher gelegenen Standorten und dort auch noch meist extensiv angebaut wird. Schließlich schlagen Trockenperioden beim Hafer meist recht negativ zu Buche. Deshalb sind frühe Aussaattermine, gut Wasser nachliefernde Böden sowie eine entsprechende Produktionstechnik Voraussetzung für gute Erträge. Auf der anderen Seite kann Hafer vor allem enge Weizen- und Rapsfruchtfolgen durch seine gute Vorfruchtwirkung auflockern und als Sommerung der Resistenzbildung bei Ungräsern besser entgegenwirken. Nach dem sehr trockenen Frühjahr 2015 hatte man sowohl im Versuchswesen als auch in der Praxis den Sommerhafer fast schon abgeschrieben. Doch die örtlich ergiebigen Juniniederschläge verhinderten Schlimmeres. So konnte man am Ende mit den Erträgen zufrieden sein, wenn auch in der Praxis der langjährige, ohnehin bereits niedrige Mittelwert von 44 dt/ha nur wenig übertroffen wurde. In den Landessortenversuchen (LSV) wurden Erträge und Qualitäten erzielt, die sich im Mittel auf dem guten Niveau des Jahres 2013 bewegten.

Landessortenversuche im Trockenjahr 2015

Aufgrund der geringen Anbaubedeutung des Sommerhafers in Rheinland-Pfalz (1,2 Prozent der Ackerfläche) erfolgt die Auswertung der Landessortenversuche in Kooperation mit Baden-Württemberg. Im Jahr 2015 wurden elf Sommerhafersorten auf sechs Standorten in Brecht/Eifel und Nomborn/Westerwald (Rheinland-Pfalz), Döggingen, Eiselau, Krauchenwies und Tailfingen (Baden-Württemberg) geprüft. Im Mittel aller Orte und Sorten wurden in den Intensitätsstufen 65,9 beziehungsweise 68,8 dt/ha (Tabelle 1; Spalte 2015) gedroschen. Damit wurden die langjährigen Mittelwerte (72,7 beziehungsweise 75,2 dt/ha) relativ deutlich unterschritten. Die höchsten Erträge wurden wieder am Standort Tailfingen erzielt. Hier wurden im Mittel aller Sorten 88,1 in der unbehandelten beziehungsweise 99,6 dt/ha in den intensiven Stufen geerntet.

Einige Sorten brachten über 100 dt/ha, was als Beleg dafür gewertet werden kann, dass bei entsprechenden Voraussetzungen auch bei Hafer absolute Spitzenerträge möglich sind. Insgesamt gesehen liegen die Sortenleistungen mit Ausnahme von Ivory in etwa auf einem Niveau. Das heißt, auch bei den Sommerhafersorten besteht eine sehr hohe Leistungsdichte.

Behandlungsmaßnahmen bringen nicht immer mehr

Auf den Standorten Nomborn, Tailfingen und Eiselau trat leichtes bis mittleres Lager auf, wobei eine gute Sortendifferenzierung zu beobachten war. Halmknicken erreichte lediglich in Tailfingen und Eiselau ein stärkeres Niveau. Nahezu alle Sorten waren auf dem Westerwaldstandort Nomborn von Mehltau befallen, was offenbar aber keine Auswirkungen auf die Erträge hatte (+2,1 dt/ha). Fungizide und Wachstumsregler brachten ähnlich geringe Ertragsvorteile wie im Vorjahr. So wurden im Mittel der Orte und Sorten lediglich 2,9 dt/ha höhere Erträge erzielt. Unter Berücksichtigung der Erzeugerpreise und der Behandlungskosten rechnete sich somit die höhere Intensität auch im Jahr 2015 meist nicht.

Eine Ausnahme machte hier lediglich der Standort Tailfingen, wo im Mittel Mehrerträge von 11,5 dt/ha erzielt werden konnten. Ein anderes Bild ergibt sich bei der Betrachtung einzelner Sorten auf den Prüforten. Hier konnten mitunter Ertragssteigerungen von über 15 dt/ha erzielt werden. Es gab aber auch Sorten, die mit deutlichen Mindererträgen auf die Behandlungsmaßnahmen reagierten: Im Mittel der Orte bewegten sich die Sortenunterschiede zwischen +1,0 bis +5,6 dt/ha. Daraus wird erneut deutlich, dass Behandlungsmaßnahmen auch bei Hafer in Abhängigkeit vom Standort, der Jahreswitterung und der Sorte vorzunehmen sind.

Wie schneiden die Sorten mehrjährig ab?

In Tabelle 1 wird die Rangfolge der Prüfkandidaten im mehrjährigen, überregionalen Vergleich dargestellt. Daraus wird ersichtlich, dass in den behandelten Intensitätsstufen relativ geringe Ertragsunterschiede bestehen. So liegen die Sorten Simon, Max, Poseidon und Tim alle auf einem Leistungsniveau (relativ 102,5 bis 102). Lediglich Bison und die ältere Sorte Ivory fallen hier deutlich ab. In den unbehandelten Stufen ändert sich die Rangfolge der Sorten etwas. Hier führt Yukon das Sortiment an, gefolgt von Ozon, Max, Apollon, Tim und Simon. Die Leistungen bei den zuletzt genannten Sorten liegen wiederum alle sehr dicht beieinander. Auch hier bildet Ivory dass Schlusslicht.

Sortenempfehlung für 2016

Bei Hafer gilt es bei der Sortenwahl neben den agronomischen Eigenschaften auch die spätere Verwertung zu berücksichtigen. So spielen beispielsweise bei Futterhafer Spelzenanteile, Rohfettgehalte oder Hektolitergewichte eine wichtige Rolle. Pferdehalter favorisieren häufig Gelb- oder Schwarzhafersorten. Die Schälhaferindustrie stellt dagegen besondere Anforderungen hinsichtlich Kernausbeute, Tausendkorngewicht, Spelzenanteil oder Schälbarkeit. Deshalb gibt hier der Vermarktungspartner in der Regel auch die Sorten vor. Für die Frühjahrsaussaat 2016 werden für Rheinland-Pfalz die Sorten Max und Symphony empfohlen. In Tabelle 2 sind die Eigenschaften ausgewählter Sorten dargestellt.

Max (Gelbhafer, Zulassung 2008) brachte im vergangenen Prüfjahr lediglich durchschnittliche Leistungen. Im mehrjährigen Vergleich kann er sich aber in beiden Intensitätsstufen auf den vorderen Rängen platzieren. Bei mittlerer Reifezeit schiebt Max etwas früher die Rispen als der Rest des Sortiments und verfügt über eine recht gleichmäßige Strohabreife. Als Schwachpunkt erwies sich bisher die geringe Standfestigkeit (BSA-Note 6), die bei entsprechenden Anbaubedingungen eine Absicherung durch Wachstumsregler erforderlich macht. Daneben ist in manchen Jahren auch das stärkere Halmknicken (BSA-Note 6) zu beachten. Die Anfälligkeit für Mehltau liegt in einem mittleren Bereich. Die Tausendkorngewichte fallen mitunter knapp aus. Dagegen erreicht Max mit die höchsten Hektolitergewichte im Prüfsortiment.

Symphony (Weißhafer, Zulassung 2012) zählte in den Landessortenversuchen des vergangenen Jahres bei intensiver Bestandesführung zu den ertragsstärksten Sorten. Auch die mehrjährigen Leistungen sind in den Behandlungsstufen über dem Sortimentsmittel angesiedelt. Aus qualitativer Sicht ist das hohe Tausendkorngewicht hervorzuheben, während das Hektolitergewicht (BSA-Note 6) etwas unter dem von Max liegt. Bei mittlerer Reife verfügt Symphony trotz des etwas längeren Strohs über eine ausreichende Standfestigkeit (BSA-Note 4). Beim Halmknicken wurden bisher keine Schwächen beobachtet. Dagegen reifte das Stroh in vergangenen Prüfjahren im Vergleich zu Max etwas später ab. Gegenüber Mehltau ist Symphony gering bis mittel anfällig (BSA-Note 5).

Weitere Sorten: In seinem zwei-

ten Prüfjahr schnitt die Gelbhafersorte Tim (Zulassung 2013) recht gut ab, was auch für die mehrjährigen Leistungen zutrifft. Schwächen zeigte sie in unseren bisherigen Versuchen in der Standfestigkeit. Die bereits mehrjährig geprüfte Gelbhafersorte Simon (Zulassung 2011) bringt beständig über dem Versuchsdurchschnitt liegende Erträge, zeigte aber Schwächen in der Standfestigkeit und Blattgesundheit. Mehrjährig gute Leistungen wurden bei Poseidon (Zulassung 2012, Gelbhafer) in den behandelten Stufen festgestellt. Bei recht ordentlichen agronomischen Eigenschaften fiel uns die vergleichsweise stärkere Reifverzögerung des Strohs auf.

Ferdinand Hoffmann, Dr. Albert Anderl, Marko Goetz, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück – LW 4/2016