HBV verlangt sachgerechte Abgrenzung roter Gebiete
Wasserdialog zeigt Unmut über jetzige Ausweisung auf
Der Hessische Bauernverband (HBV) dringt weiter auf eine sachgerechte Ausweisung von belasteten Gebieten nach Paragraph 13 der Düngeverordnung. Die für die sogenannten roten Gebiete vorgesehenen Bewirtschaftungs-Einschränkungen sollen, so die HBV-Forderung, nur dort angewendet werden, wo tatsächlich eine Nitrat-Belastung des Grundwassers vorliegt und diese eine landwirtschaftliche Ursache hat. Dies hat der Verband auf seiner Veranstaltung „Wasserdialog“ mit Vertretern der Kreis- und Regionalbauernverbände sowie mit Mitarbeitern des hessischen Umweltministeriums vergangene Woche in Alsfeld deutlich gemacht.

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Wir brauchen eine Differenzierung
KBV-Geschäftsführerin Stephanie Wetekam berichtete aus Waldeck. Dort ist ein großer Teil der Fläche als belastetes Gebiet ausgewiesen. Es gebe aber Brunnen in diesem Gebiet, die nur Nitratgehalte von 10 bis 20 mg/Liter aufwiesen. Den Landwirten sei kaum zu vermitteln, dass dies ein rotes Gebiet sein soll. „Wir brauchen auf jeden Fall eine Differenzierung“, so die Geschäftsführerin. Wetekam verwies außerdem auf die langjährige Kooperation zwischen der Wasser- und Landwirtschaft. Diese sinnvolle Zusammenarbeit, mit dem Ziel, die Düngung durch Beratung weiter im Sinne des Wasserschutzes zu verbessern, werde durch das Ordnungsrecht null und nichtig.
Ralf Desel vom Regionalbauernverband Kurhessen berichtete von dem roten Gebiet rund um Gudensberg, das 20 Gemarkungen und rund 4500 Hektar umfasst. Von den vier in diesem Gebiet ausgewerteten Messstellen weise lediglich eine einen Nitratgehalt von knapp über 50 mg/l auf. Bei dieser Messstelle in der Gemarkung Dissen bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Belastung von einer ehemaligen Sandgrube, die mit Industrieabfällen befüllt wurde, herrühre. Es sei nicht einzusehen, dass aufgrund einer Messstelle die gesamte Fläche in „Mithaft“ genommen werde.
Geringe Werte trotz intensiven Gemüseanbaus
Aus dem Hessischen Ried, das vollständig als belastetes Gebiet ausgewiesen wurde, berichtete Wolfgang Dörr vom Regionalbauernverband Starkenburg. Der RBV habe Proben aus 50 Brunnen in dem von Sonderkulturanbau gekennzeichneten Gebiet gezogen. Fast alle Messungen hätten Werte von unter 10 mg/l Nitrat ergeben. Der dortige intensive Gemüseanbau ist nach Überzeugung von Dörr nicht der Verursacher von höheren Messwerten, diese gebe es vielmehr in der Nähe von Siedlungen. Alle drei Berichterstatter bekräftigten, dass die Landwirte, da wo es Probleme gebe, sehr wohl bereit sind, an der Verbesserung der Grundwasserqualität mitzuwirken.
Dr. Jörg Hüther vom hessischen Umweltministerium hatte zuvor die Historie der Düngeverordnung und die einzelnen Maßnahmen insbesondere in den vom Land definierten belasteten Gebieten aufgezeigt (siehe auch LW Nr. 36/2019). Als im Sinne der EG-Nitratrichtlinie gefährdete Gebiete gelten in Hessen Grundwasserkörper, die aufgrund der Nitrat-Konzentration im schlechten chemischen Zustand nach den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie sind (über 50 mg Nitrat/l) und Gebiete von Grundwasserkörpern mit steigendem Trend beim Nitratgehalt und einer Nitratkonzentration von mindestens 37,5 mg/l. Die derzeit geltenden zusätzlichen drei Anforderungen sind: erstens die Untersuchung des Stickstoff- und Phosphatgehalts in Wirtschaftsdüngern vor dem Aufbringen, zweitens abgesenkte Kontrollwerte bei den zu erstellenden Nährstoffvergleichen und drittens die Einhaltung größerer Abstände zu Oberflächengewässern. Weit problematischer sind allerdings die Vorschläge, die die Bundesregierung auf Verlangen der Kommission nachgeliefert hat und die aller Voraussicht nach in einer erneut geänderten Düngeverordnung Eingang finden werden. Dies sind unter anderem eine Reduktion der N-Düngung um 20 Prozent unterhalb des Bedarfs, die Mengenobergrenze von 170 kg Stickstoff pro Hektar und die Ausweitung der Sperrfristen für organische Dünger.
Ausschlaggebend für die Einstufung als „belastetes Gebiet“ sind in Hessen 122 Messstellen, wie Ute Göttlicher, ebenfalls vom Umweltministerium, erläuterte. Diese Messstellen seien mit anderen Messstellen in landwirtschaftlich geprägten Gebiete zur Überprüfung der Repräsentativität abgeglichen worden. Alle Messstellen seien demnach repräsentativ, sagte Göttlicher. Sie und ihr Kollege Dr. Arnold Quadflieg betonten, dass man einen Dialog mit der Landwirtschaft anstrebe. Einzelne Messstellen, die zuvor angesprochen wurden, wolle man sich gerne noch einmal anschauen.
Ministerium: Einstufung rechtsverbindlich
Gleichwohl machte Göttlicher in ihren Vortrag deutlich, dass „eine Diskussion um Messstellen die Einstufung roter Grundwasserkörper (GWK)“ nicht ändern könne. Die Einstufung des schlechten chemischen Zustands sei rechtsverbindlich bis Ende 2021. Zudem werde die Einstufung roter GWK für Nitrat voraussichtlich auch ab 2022 für den folgenden fünfjährigen Bewirtschaftungsplan bestehen bleiben. Quadflieg sagte, dass man hydrogeologische Einzugsgebiete sehr genau einschätzen könne. Andrea Rahn-Farr, Vorsitzende des Regionalbauernverbandes Wetterau Frankfurt, fragte, warum dann Wasserschutzgebiete relativ kleinräumig abgegrenzt werden können, einzelne belastete Messstellen aber große rote Gebiete nach sich zögen. In einer internen Sitzung im Anschluss haben die Vertreter des HBV über weitere Schritte beraten.
CM – LW 47/2019