Hessische Braugerstenerzeuger mit neuer Spitze

Armin Müller übergibt an Werner Wald

Bei der diesjährigen Tagung des Hessischen Braugerstenvereins stand eine Vorstandsumbildung im Mittelpunkt: Armin Müller stand wegen Erreichens der Altersgrenze für eine Wiederwahl nicht zur Verfügung; Werner Wald, Riedstadt, übernahm die Führung des Verbandes.

Der Vorstand des Braugerstenvereins in alter und neuer Besetzung (v.l.): Egid Orth, Willy Hahn, Werner Wald, Armin Müller, Carl Offergeld, Clemens Lischka, Christian Leisler und Dr. Ulrich Peters.

Foto: Bernd Weber

Letzten Mittwoch begrüßte letztmalig Armin Müller als Vor­sitzender die rund 50 Teilnehmer im Schalander der Licher Privatbrauerei. Er ließ das abgelaufene Braugerstenjahr Revue passieren und konnte vermelden, dass trotz der Trockenheit zufriedenstellende Erträge und gute Qualitäten eingefahren wurden. „Leider haben wir es wieder mit einer echten Preismisere bei der Braugerste zu tun“, beklagte der scheidende Vorsitzende. Sortenmäßig stehe aktuell ein Wechsel von Propino zu Avalon als Hauptempfehlungssorte an.

Vorstand neu zusammengesetzt

Werner Wald (61), bisheriger Stellvertretender Vorsitzender des Hessischen Braugerstenvereins (HBgV), wurde auf der Mitgliederversammlung am 2. Dezember in Lich einstimmig zum neuen Vorsitzenden des Vereins gewählt. Er folgt damit auf Armin Müller (65), der wegen Erreichens der Altersgrenze nicht wiedergewählt werden konnte.

Wie der HBgV mitteilt, wurde Armin Müller, der dem Verein seit seiner Gründung 2012 vorstand und zuvor über Jahrzehnte hinweg den Verein zur Förderung des Braugerstenanbaues in Hessen führte, aufgrund seines Einsatzes und seiner langjährigen Verdienste zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Der neue Vorsitzende Werner Wald bewirtschaftet gemeinsam mit seinem Sohn Mario in Riedstadt-Leeheim einen 250-Hektar-Ackerbaubetrieb mit dem Schwerpunkt Saatgutvermehrung. Der Braugerstenanbau hat im Betrieb lange Tradition und einen hohen Stellenwert.

Neuer Stellvertretender Vorsitzender des HBgV wurde Clemens Lischka, Lich. Die Position eines weiteren Stellvertretenden Vorsitzenden hat Egid Orth, Hünfelden-Kirberg, inne. Willy Hahn, ehemaliger Prokurist bei der Malzfabrik Rheinpfalz GmbH, schied wegen seines Eintritts in den Ruhestand aus dem Vorstand aus. Ihm folgt Christian Leisler, Geschäftsführer der Malzfabrik Rheinpfalz GmbH in Pfungstadt als künftiger Vertreter der Mälzereien. Carl Offergeld, Geschäftsführer der Vertriebsgruppe Hessen der Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main eG, Vertreter des Handels, und Dr. Ulrich Peters, Geschäftsführer der Licher Privatbrauerei Ihring-Melchior GmbH, Vertreter der Brauereien, wurden in ihren Vorstandsposten bestätigt. Geschäftsführer ist seit 2012 Bernd Weber vom Hessischen Bauernverband.

2014 war ein Kornkäfer-Jahr

Die anwesenden Sieger beim hessischen Braugerstenwettbewerb wurden durch Dr. Jörg Hüther vom Hessischen Landwirtschafts-Ministerium (Mitte) geehrt. Im Bild von links: Bernd Weber, Werner Wald, Ralf Becker, Dr. Hüther, Gerhard Deller und Armin Müller.

Foto: Karsten Becker

Den erste Fachvortrag des Tages hielt Heinz Gengenbach vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, Griesheim, zum Thema „Getreide sauber, sicher und wirtschaftlich lagern“. Er macht deutlich, dass nach wie vor Sauberkeit im Lager einen entscheidenden Faktor gegen Vorratsschädlinge wie etwa den Kornkäfer darstellt.

Wenn das Getreide dann im Lager liegt, müsse je nach Feuchte, Lager- und Außentemperatur die Belüftung geregelt werden. „Auch wenn nach der Tabelle zu Belüftungsrichtwerten eine Außenluftzufuhr sinnvoll erscheint, sollte man bei Nebel oder Regen lieber davon Abstand nehmen“, empfahl der Berater.

Gengenbach wies auf die Möglichkeiten hin, den Neubau eines Lagers fördern zu lassen und stellte den LLH-Lagercheck vor, der unter www.llh.hessen.de/oekologischer-landbau/1335-getreide-lagercheck aufgerufen werden kann.

In der Diskussion wurde aus verschiedenen Praktiker-Beiträgen deutlich, dass 2014 ein Kornkäfer-Jahr gewesen ist. Das habe an den deutlich zu milden Nächten im Spätsommer und Herbst gelegen, wodurch ein Herunterkühlen der Läger mit Außenluft kaum möglich gewesen war.

Armin Müller ergänzte, dass die früher übliche Ernte- und Ab­lieferungs-Mentalität heute nicht mehr zeitgemäß sei und man über eigene Lagerkapazitäten nachdenken sollte.

Die Wasserversorgung entschied über den Ertrag

Über die Landessortenversuche zur Sommer-Braugerste informierte Rainer Cloos vom LLH-Beratungsteam Pflanzenproduktion in Friedberg. Auch in der Gerste habe sich gezeigt, dass die Trockenheit zwar zu geringeren Erträgen geführt habe, aber auch der Krankheitsdruck deutlich reduziert gewesen sei. „Die Versuchsergebnisse zeigen große Ertragsunterschiede zwischen den Standorten Griesheim und Bad Hersfeld, was auf die unterschiedliche Wasserversorgung zurückzuführen ist“, erläuterte Cloos. Griesheim hatte 38, Bad Hersfeld 61 dt/ha im Durchschnitt der unbehandelten Variante aufzuweisen; Fungizidbehandlungen brachten nichts ein.

Die Standardsorten für Hessen, Propino, Grace und Marthe, würden nach und nach durch Avalon und auch Catamaran ersetzt; die vielversprechenden neuen Sorten RGT Planet und Ventina seien erst einjährig geprüft und müssten ihre Leistungen erst noch bestätigen. Bei Winterbraugerste erachtet Cloos KWS Liga und die relativ frühreife SY Tepee als anbauwürdig – immer in Absprache mit dem Vermarktungspartner.

Der Sortenwechsel erfolgt immer schneller

Rainer Cloos stellte die Braugersten-Versuchsergebnisse vor.

Foto: Karsten Becker

„Von der Wertprüfung bis zum Anbau – Auswahlkriterien und Selektionsschritte bei der Einführung neuer Braugerstensorten“ lautete das Thema von Dr. Georg Stettner, Leiter Qualitätswesen der Bitburger Braugruppe und Vorsitzender der Braugersten-Gemeinschaft e.V.. Zweck des Vereins sei es den Qualitätsgerstenbau in Deutschland organisatorisch, technisch und wissenschaftlich zu fördern, erläuterte Stettner. Insbesondere wolle man die Belange der Züchter, Erzeuger, Verteiler und Verarbeiter von Gerste aufeinander abstimmen.

„Die Laufzeit der im Markt befindlichen Braugerstensorten ist in den letzten Jahren immer kürzer geworden. Waren Alexis, Scarlett und Barke noch zehn Jahre und mehr mit erheblichen Flächenanteilen vertreten, findet der Zuchtfortschritt neuer Typen heute schneller Akzeptanz in der Verarbeitungsindustrie“, stellte der Referent fest. Das Berliner Programm leiste hier mit Praxisgroßversuchen, einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung des Informationsflusses über Verarbeitungseigenschaften neuer Braugerstensorten und unterstütze so eine rasche Auswahlentscheidung.

Auch eine Winterbraugerste unter den Siegern

In der Diskussion wurde einerseits deutlich, dass der Anbau und die Vermarktung von Winterbraugersten vor allem in Früh­sommer-trockenen Gebieten von der Praxis gerne ausgedehnt würde; andererseits wurde hinsichtlich der schwindenden Bekämpfungsmöglichkeiten in winterungslastigen Fruchtfolgen auf die Bedeutung der Sommergerste als Gesundungsfrucht hingewiesen.

Beim hessischen Braugerstenwettbewerb gewannen Jochen Anselm, Nieder-Mörlen, und Maximilian Becker, Lich Muschenheimn, den ersten Preis – mit jeweils 31 Punkten und der Sorte Propino. Drei dritte Plätze wurden mit jeweils 30 Punkten an Gerhard Deller, Seligenstadt (Sorte Propino), Karl-Otto Schlag, Pohlheim-Hausen (Marthe), und an die Werner und Mario Wald GbR, Riedstadt-Leeheim (Winterbraugerste Tepee) vergeben.

KB – LW 50/2015