Hessische „Grenzgänger“ im Nachteil

NRW zahlt AGZ für Flächen außer Landes, Hessen nicht

Die Kreisbauernverbände Waldeck und Frankenberg hatten schon mehrfach auf die Problemstellung bei der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete bei grenzüberschreitenden Acker- und Grünlandflächen hingewiesen und bei den zuständigen Behörden Alarm geschlagen. Jedoch bis zum Vor-Ort-Termin vergangenen Freitag auf dem Milchviehbetrieb von Franz-Josef Hellwig in Korbach-Hillershausen keine zufriedenstellende Antwort erhalten.

Direkt durch die Hofweide des Betriebs Franz-Josef Hellwig in Hillershausen läuft die Landesgrenze zwischen Hessen und Nordrhein-Westfalen. Am Grenzstein versammelt: v.l Mattthias Eckel (Geschäftsführer KBV Frankenberg), Stephanie Wetekam (Geschäftsführerin KBV Waldeck), Heinrich Heidel ( Vorsitzender KBV Frankenberg und Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes), daneben Landwirt Franz-Josef Hellwig am Grenzstein, in der vorderen Reihe rechts Kreislandwirt Fritz Schäfer und MdL Armin Schwarz.

Foto: Ernst-August Hildebrandt

Worum geht es? Franz-Josef Hellwig und weitere 104 Landwirte im Landkreis Waldeck-Frankenberg, die nach Angaben von Bernd Keidl vom Fachdienst Landwirtschaft beim Landrat des Landkreises rund 880 ha Eigentums- und Pachtflächen im benachbarten Nordrhein-Westfalen bewirtschaften, erhalten für diese Flächen seit 2015 im Rahmen der AGZ-Zahlungen keine Beihilfen mehr. Noch bis 2014 wurden die Bewirtschaftungserschwernisse und geringeren Ertragsverhältnisse auch für benachteiligte Flächen im benachbarten Westfalen mit unterschiedlichen ha-Sätzen ausgeglichen. Abhängig von der Landwirtschaftlichen Vergleichszahl (LVZ) und den verfügbaren Fördermitteln wurden aus AGZ-Leistungen damals 25 Euro pro ha Ackerland und zum Teil mehr als 100 Euro pro ha Grünland gezahlt. Zuletzt waren es nach Berechnungen von Barbara Hellwig, der Ehefrau des Betriebsleiters, bei einer LVZ von 15 pro Hektar 77,56 Euro.

Seit 2015 hessische AGZ nur noch für Flächen in Hessen

Seit 2015 bestimmen die hessischen Richtlinien, dass die Ausgleichszulage nur noch für Flächen gezahlt werden, die in­nerhalb der Landesgrenze liegen. So sollten nach einer Abmachung der Agrarminister auch die anderen Bundesländer verfahren, die Flächen in den entsprechenden Gebietskulissen haben.

Flächen befinden sich überwiegend im Eigentum

Abweichend von dieser Vereinbarung zahlt NRW für Betriebe an der hessischen Landesgrenze auch noch heute AGZ-Förderung, wenn diese Eigentums- oder Pachtflächen im benachbarten Hessen bewirtschaften. Für die betroffenen Landwirte im Landkreis Waldeck-Frankenberg eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, zumal ihre Flächen jenseits der Grenze – trotzdem in unmittelbarer Betriebsnähe – sich überwiegend im Eigentum befinden oder von Eigentümern gepachtet sind, deren Wohnsitz sich in Hessen befindet. Das Argument, man könne durch den Wegfall der AGZ mittelbar zu einer Beruhigung des Pachtmarkts beitragen, ziehe damit auch nicht. Mit dem Wegfall der AGZ für Flächen, die von hessischen Betrieben hinter der Landesgrenze bewirtschaftet werden, sehen die Betroffenen eine reine Willkür-Maßnahme, die gegen die gerechte Verteilung von EU-Mitteln zielt. Dem gastgebenden Betrieb entgehen so rund 4 500 Euro an Flächenförderung. Benachbarten Betrieben ergeht es zum Teil noch schlimmer. In einigen Beispielen entfällt auch die Ausgleichszahlung für Flächen in Hessen, da ihre Größe unter die Grenze der Basisförderung fällt. Für die Milchviehbetriebe ist dies eine zu­sätzliche Belastung, die existenzbedrohende Ausmaße annimmt. Dies bestätigten auch die anwesenden Landwirte aus weiteren Gemeinden an der hessisch-westfälischen Landesgrenze.

Geringe Auswirkung bei Umverteilung errechnet

Nach ihren Berechnungen würde bei Erhalt des Status-quo von 2014 beziehungsweise bei der weiteren Berücksichtigung der AGZ für die hessisch bewirtschafteten Flächen in NRW bei einer Umverteilung der AGZ-Beihilfe nur etwa 17 Cent je ha ausmachen, die bei den anderen Beziehern eingespart werden müssten. Da die AGZ-Zahlungen für 2016 noch nicht festgelegt seien, bestehe hier eine Chance, noch rechtzeitig entsprechende Weichen zu stellen. Die anwesenden Landtagsabgeordneten aus Waldeck-Frankenberg, Claudia Ravensburg und Armin Schwarz (beide CDU), wiesen darauf hin, dass die hessische Entscheidung zur AGZ-Zahlung im Einvernehmen der Bundesländerkonferenz so getroffen seien. Dass Nordrhein-Westfalen sich darüber hinweggesetzt habe, sei nicht in Ordnung. Beide Parlamentarier zeigten sich über die Auswirkungen aufdie betroffenen Betrieben überrascht und versprachen, dass man die Problematik mit anderen Parlamentariern und der zuständigen Verwaltung noch einmal behandeln werde. Man werde sich dafür einsetzen, rechtzeitig zu einer akzepta­blen Lösung zu finden und für die betroffenen Betriebe Ungerechtigkeiten bei der AGZ-Zahlung vermeiden.

Dr. Ernst-August Hildebrandt – LW 29/2016